Lissabon. Bayern München steht im Endspiel der Champions League. Serge Gnabry entscheidet Spiel gegen Olmypique Lyon. Am Sonntag wartet Paris St.-Germain.
Hansi Flick blies die Backen auf, seine Hände strichen über seinen Kopf. Was aussah wie Gesten des Entsetzens, waren in Wahrheit Regungen der Erleichterung. Ausgelöst hatte das tiefe Durchatmen des Trainers Serge Gnabry, der gerade sein zweites Tor des Mittwochabends zum 2:0 des FC Bayern erzielt hatte. Und das gegen Olympique Lyon in einem Halbfinale der Champions League, das aus Sicht der Münchner einige Schreckmomente bereitgehalten hatte.
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Am Ende aber standen ein 3:0 (2:0) im Estadio José Alvalade XXI von Sporting Lissabon und der Einzug ins Finale am Sonntag gegen Paris Saint-Germain von Trainer Thomas Tuchel. Gnabry hatte den mehrfach wackelnden Bayern mit seinen Toren (18./33.) den Weg zum 20. Pflichtspielsieg in Serie und damit zur Chance aufs Triple geebnet, später traf noch Robert Lewandowski (88.).
Flick stellt Rekord auf
Nebenbei verhalfen sie ihrem Trainer mit nun sieben Siegen in seinen ersten sieben Spielen in der Champions League zu einem Rekord. Vor Flick hatte das keiner geschafft.
Kurz vor Spielbeginn hatte Flick bei Sky verraten, dass er mit dem Training nicht ganz zufrieden gewesen sei. „Ich habe der Mannschaft gesagt: Es ist wichtig, dass jeder im Kopf wieder die 100 Prozent rausbringt“, also wie zuletzt im Achtelfinale gegen den FC Chelsea (4:1) und im Viertelfinale gegen den FC Barcelona (8:2).
Rummenigge und Klub lechzen nach Triple
Spätestens seit der laut Karl-Heinz Rummenigge „Weltsensation“ gegen Barça war die Überzeugung immens beim FC Bayern, den angestrebten Titelgewinn und damit das zweite Triple der Vereinsgeschichte nach 2013 erreichen zu können. „Der ganze Verein lechzt nach dem Triple“, sagte der Vorstandschef kurz vorm Anpfiff des Halbfinals. „Das beste Team in Europa zu sein, ist ein Riesen-Ansporn – und da wollen wir hin“, hatte Gnabry zuvor voller Selbstbewusstsein erklärt.
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Doch wie sagte Trainer Rudi Garcia vom Favoritenschreck Olympique Lyon, der Juventus Turin und Manchester City ausgeschaltet hatte? „Manchmal reicht ein kleiner Kieselstein im Schuh, damit man stolpert. Und ich hoffe, dass den Bayern das passiert.“ Bisher hatte sich Garcia mit seinen Mannschaften in vier Versuchen nie als Kieselstein im Schuh für die Bayern entpuppt, sondern stets verloren, mehrfach sogar hoch wie beim 1:7 mit AS Rom.
Diesmal war er näher dran gegen die Bayern mit ihrer identischen Startelf wie gegen Chelsea und Barcelona. Lyons kompakte Elf mit ihrer Fünferkette bot weit weniger Räume an als Barça. Und als sich Thiago im Mittelfeld einen Fehlpass erlaubte, konterte Lyon blitzschnell. Maxence Caqueret schickte Memphis Depay, der Kapitän umkurvte Torwart Manuel Neuer, schob den Ball aber ans Außennetz (4.). Glücklicherweise aus Sicht der Bayern, die weiterhin zu spüren bekamen, dass dieser Tabellensiebte der Ligue 1 eine Herausforderung darstellt.
Kimmich und Davies stehen hoch
Zwar kamen die Bayern durch Leon Goretzka, der den Ball freistehend nicht richtig traf (11.), auch zu einer ersten Chance. Doch Lyon verstand es immer wieder geschickt, in den Rücken der hochstehenden Münchner Außenverteidiger Joshua Kimmich und Alphonso Davies und so zu Chancen zu kommen. Besonders gefährlich wurde es, als Karl Toko Ekambi hinter Davies gelangte und an den Pfosten schoss (17.).
Dass es 59 Sekunden später 1:0 für die Bayern stand, kam ziemlich überraschend. Vor allem auch, weil sie es im Stile Lyons erwirtschafteten. Kimmich spielte einen langen Ball in den Rücken des Außenverteidigers Maxwel Cornet auf Gnabry, der flink nach innen dribbelte und den Ball mit links wuchtig fast genau in den Winkel schoss.
Aus dem typischen Pressing der Bayern ging das 2:0 hervor, erneut mit Gnabry in der Hauptrolle. Der deutschen Nationalspieler stibitzte Cornet auf rechts außen den Ball, zog mit Tempo in die Mitte und schickte links Ivan Perisic. Dessen Hereingabe traf Robert Lewandowski kurz vor Torwart Anthony Lopes nicht richtig, doch da war ja schon wieder Gnabry, der den Abpraller einschob. Und als er von rechts mit links flankte und Lewandowski verpasste, strich der Ball nur hauchdünn am Pfosten und damit an Gnabrys Hattrick vorbei.
Lissabon und London als Lieblingsorte
Vor dem Turnier in Lissabon hatte der 25-Jährige alle seine sechs Tore in der Champions League in London erzielt, vier beim 7:2 bei Tottenham Hotspur und zwei beim 3:0 beim FC Chelsea. Lissabon entwickelt sich nun zu seinem zweiten Lieblingsort in Spielen der Bayern. Nach einem Tor gegen Barcelona traf er dort nun doppelt und steht bei insgesamt neun Toren in seinen insgesamt neun Spielen in der Champions League.
Zu Beginn der zweiten Halbzeit verpasste Perisic das 3:0, als er freistehend an Lopes scheiterte. Lyon blieb deshalb im Spiel und forderte die Bayern weiterhin, wie in Person von Ekambi, gegen den Neuer retten musste. Draußen sah es auch Flick, doch am Ende konnte er erleichtert ganz aufatmen. (fs)