Dortmund. Im Interview spricht der ehemalige Angreifer des BVB über seine Schweizer Eidgenossen. Und darüber, wie er die eigene Trainerkarriere plant.

Borussia Dortmund und die Schweiz. Das ist eine innige Beziehung, die in den 1990er-Jahren mit Publikumsliebling Stéphane Chapuisat ihren Anfang nahm. Stürmer Alexander Frei kam 2006 hinzu – und wurde zum Derby-Helden. Aktuell stehen mit Roman Bürki, Marwin Hitz und Manuel Akanji drei Schweizer unter Vertrag. Der Trainer: Lucien Favre aus dem Kanton Waadt. Am Montag hat der Fußball-Bundesligist traditionell sein Trainingslager in Bad Ragaz bezogen – mitten in den Schweizer Alpen. Im Interview spricht der 41-jährige Frei über seine Zeit beim BVB, den Umgang mit einem Eidgenossen und seine Trainerkarriere.

Herr Frei, Sie haben Anfang 2019 für zehn Tage bei Borussia Dortmund und Lucien Favre hospitiert, um Ihre eigene Trainerkarriere voranzutreiben. Was haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen?

Alex Frei: Sehr vieles. Es gibt verschiedene Dinge, die man sich als Trainer im Laufe der Zeit aneignet. Dann kommst du ins Training eines so erfahrenen Mannes und siehst: Andere machen es genauso! Das ist natürlich eine schöne Bestätigung. Beeindruckt hat mich seine Detailarbeit. Hinter jeder Übungsform steckt eine Idee, die Absprache mit den Kollegen ist sehr eng. Da weiß jeder genau, was er wann zu tun hat.

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Lucien Favre wurde in seiner dritten Saison mit dem FC Zürich Schweizer Meister, geht mit der Borussia nun in seine dritte Spielzeit. Ist das ein gutes Omen?

Dortmund kann es immer schaffen, aber sie dürfen nicht wieder unnötige Punkte liegen lassen. Das Problem dabei sind nicht nur die Bayern, die das Maß aller Dinge sind. In Leipzig wird eine sehr gute Arbeit geleistet, Leverkusen ist auch immer oben dabei, meist kommt noch ein Überraschungsteam dazu.

Alexander Frei nimmt BVB-Trainer Favre in Schutz

Mit dem BVB zwei Mal Vizemeister, gemäß Punkteschnitt erfolgreichster Trainer der Vereinsgeschichte – und trotzdem stand Favre in der Dauerkritik. Ist das gerechtfertigt?

Da gibt es zwei Seiten: Zum Fußballgeschäft gehört diese Kritik dazu, aber man darf nicht vergessen, dass hinter dem Trainer auch immer ein Mensch steckt. Und was das angeht, ist der Umgang mit ihm eine absolute Katastrophe gewesen.

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Den wenig empathischen Umgang mit Menschen im Profifußball haben zuletzt auch André Schürrle und Benedikt Höwedes kritisiert. Teilen Sie diese Vorwürfe?

Ich habe dafür vollstes Verständnis. Das große Problem des Profifußballs ist seine Schnelllebigkeit. Es geht nicht mehr darum, Wahres von Unwahrem zu unterscheiden. Es wird nicht differenziert. Allerdings haben sie sich bewusst für diesen Fußball entschieden. Es ist leicht, von diesem System zu profitieren und es anschließend anzuprangern.

Alexander Frei über seine BVB-Zeit

Sie haben zwischen 2006 und 2009 für den BVB gespielt. Der Verein war damals wirtschaftlich am Boden, musste vornehmlich auf die eigene Jugend setzen. Die Ziele waren andere als heute. Obwohl Sie nie einen Titel mit der Borussia gewinnen konnten, genießen Sie bei den Fans noch immer ein sehr hohes Ansehen. Was bedeutet Ihnen das?

Ich habe immer versucht, mich mit jeder Faser meines Körpers mit den Vereinen, für die ich gespielt habe, zu identifizieren. Auch zu den Teamkameraden und zum Vorstand hatte ich stets ein gutes Verhältnis. Mir waren Tugenden wie Wille und Leidenschaft sehr wichtig, damit wollte ich – neben meinem Talent – überzeugen. Ich war nie der stromlinienförmige Typ, sondern habe in aller Offenheit gesagt, was ich denke. Das kam gut an. Und das eine oder andere Tor gegen Schalke oder Bayern hat da sicher auch geholfen.

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Zwei Derbys kommen einem da sofort in den Sinn…

Die höchste Bedeutung hat für die Leute bestimmt das 2:0 im Jahr 2007. Da haben wir verhindert, dass Schalke im Stadion des BVB die Meisterschaft feiern konnte. Dieser Derbysieg liegt noch höher in der Gunst als das 3:3, bei dem wir einen 0:3-Rückstand aufgeholt haben.

So möchte Frei als Trainer durchstarten

Sie haben Ihre Karriere 2013 beim FC Basel beendet, waren dann erst Sportdirektor in Luzern und stiegen anschließend ins Trainergeschäft ein, aktuell bei der Baseler U 21. Ende 2019 sollten Sie Nachfolger von Mirko Slomka bei Hannover 96 werden. Warum hat das letztendlich nicht geklappt?

Da möchte ich gar nicht ins Detail gehen. Nur so viel: In meiner Analyse bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass es nicht der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt ist. Unabhängig davon ist das aber ein toller Verein und eine tolle Stadt.

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Der Karrieresprung nach Deutschland – nur aufgeschoben?

Man hat immer Ziele, die man im Leben erreichen möchte – aber nicht auf Biegen und Brechen. Klar ist aber: Ich habe viele Jahre in Frankreich gespielt, anschließend beim BVB. Dort habe ich mich immer unglaublich wohl gefühlt, weil da Fußball gelebt und gespielt wird, wie ich es mir vorstelle.

Angenommen, der BVB sucht mal einen Trainer, und Sie wären verfügbar. Das würde passen, oder?

(lacht) Danke für die Blumen. Aber da muss man ein bisschen aufpassen. Der Schritt zum BVB – das wäre einer von 0 auf 100. So etwas will gut geplant sein. In meiner Karriere, egal ob als Spieler oder Trainer, bin ich immer gut damit gefahren, einen Schritt nach dem anderen zu setzen. Das möchte ich nicht ändern.