Essen. Der SC Paderborn ist abgeschlagener Letzter. Doch sein Trainer hört nicht auf zu kämpfen. Und Steffen Baumgarts authentische Art ist mitreißend.

Ein Champions-League-Aspirant gegen einen Abstiegskandidaten, RB Leipzig gegen SC Paderborn: klare Sache, oder? Selbst Steffen Baumgart, der Trainer des abgeschlagenen Tabellenletzten, würde vermutlich kein Monatsgehalt auf einen Auswärtssieg setzen. Aber nach wie vor sieht der 48-Jährige keine Veranlassung für Verneigungen. „Es gibt nichts Schöneres, als sich mit diesen Gegnern zu messen“, sagt er. „Das war ja auch unser Anspruch, als wir in diese Liga gekommen sind. Das versuchen wir, auch wenn’s ein blaues Auge geben kann.“

Ähnlich klang der frühere Stürmer von Hansa Rostock und des VfL Wolfsburg auch eine Woche vorher, vor dem Spiel gegen den BVB: „Wir können alles geben und kriegen vielleicht trotzdem den Arsch voll.“ So kam es dann auch, Paderborn verlor 1:6. Und Baumgart ärgerte sich mächtig über die Packung, weil er die letzten drei Gegentore für vermeidbar einstufte. Sein Team, das bis zur Halbzeit ein beachtliches 0:0 gehalten hatte, bekam noch mal was zu hören.

Dieser Trainer sucht nicht nach blumigen Worten

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Steffen Baumgart sucht nicht nach blumigen Worten, wenn er etwas zu sagen hat. Sein bevorzugtes Vokabular enthält Formulierungen, die heute als drastisch gelten. Die aber früher als harmlos beurteilt worden wären.

Zu einer Zeit, als noch der Trainer-Typ „harter Hund“ gefragt war, regierten Werner Lorant, Rolf Schafstall, Egon Coordes oder Felix Magath mit dem Charme einer Planierraupe. Eine Verletzung unterhalb der Kategorie Beinbruch war kein Grund für eine Auswechslung, „Gras fressen“ galt als taktische Ansage, Medizinballschleppen als Machtinstrument.

Ein Klartextsprecher ohne Hintergedanken

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Es dauerte lange, bis die Entscheidungsträger in den Vereinen dahinter kamen, dass ein Trainer moderner Prägung mehr drauf haben sollte, als Spieler heiß zu machen und sie mit Druck zu führen. Wer heute auf die Liga schaut, entdeckt Trainer mit vielen Facetten. Den stillen Lucien Favre, den impulsiven Florian Kohfeldt, den ehrgeizigen Julian Nagelsmann, den menschlichen Christian Streich.

Und mittendrin auch Steffen Baumgart. Dieser Klartextsprecher tut der Branche einfach gut: authentisch wie ein Kreisligatrainer, ohne Phrasen, ohne Hintergedanken. Mit seiner außergewöhnlichen Energie hat er den Außenseiter Paderborn zurück in die Bundesliga geführt, während ein Riese wie der Hamburger SV in Liga zwei kleben blieb. Da auch Baumgart nicht zaubern kann, wird er mit Paderborn zwar wieder absteigen. Wie schön, dass er trotzdem nicht als Verlierer gelten wird.