Rennes. Über komplizierte Wegstrecken, den Mühsal des Alltags und besondere Begegnungen eines Reporters während der Frauenfußball-WM. Eine Kolumne.
Ständig bin ich durch Kreisverkehre gefahren. Manchmal ist mir schwindelig geworden, weil ich dreimal im Kreis gefahren bin, denn mitunter sind die Ausfahrten so eng beieinander, dass man selbst auf dem Navigationsgerät kaum erkennen kann, welche nun die richtige ist. Gefühlt alle 100 Meter fährt man im Kreis. Rennes, die Hauptstadt der Bretagne, scheint auch die Welthauptstadt der Kreisverkehre zu sein.
Quer durch Frankreich - und zurück
Als Begleiter des deutschen Teams bei der Weltmeisterschaft der Fußballerinnen war ich am Schluss wieder dort, wo drei Wochen vorher alles begonnen hatte. Zwischendurch ging es einmal durch Frankreich. Von Rennes nach Valenciennes in den Norden, einmal komplett runter in den Süden nach Montpellier ans Mittelmeer, von dort weiter in die Alpen nach Grenoble und zurück. 4000 Kilometer habe ich abgerissen, ich bin gefühlt durch ebenso viele Kreisverkehre geirrt – und ebenso viele unglückliche Insekten haben die einst weiße Front meines Autos dunkel gefärbt. Ich bin über mehrspurige Autobahnen gefahren und durch Dörfer, in denen die Straßen so schmal waren, dass ein einzelnes Auto kaum durchpasste. Und ohnehin gilt auf dem Land: Trecker haben Vorfahrt! Ich wusste es zwar, konnte es mir vor dieser WM aber gar nicht richtig vorstellen: großes Land, diese Grande Nation.
Kickertisch und selbstgebackenes Brot
Ich habe in guten Hotels geschlafen, in schlechten Hotels, einige Nächte in einer Holzhütte auf einem Campingplatz. Zuletzt hat es mich in einen Landgasthof nahe Rennes verschlagen. Betrieben von Yannick und Veronique, einem älteren Ehepaar. Herzlich ging es zu, im Garten stand ein Kickertisch, zum Frühstück gab es selbstgebackenes Brot und Kuchen.
Yannick ist ein netter Kerl. Wenn er erzählte, wähnte man sich in einem der in dieser Region angesiedelten Asterix-Comics. Sie wissen schon: Ganz Gallien ist von den Römern besetzt… Ganz Gallien? Nein!
Der moderne Druide braut im Kessel Kaffee
Yannick ist stolz, in der Bretagne zu leben. „Wir sind zuerst Bretonen, dann Franzosen“, war einer seiner typischen Sätze. Die Flagge der Region hängt in jedem Raum des Hauses, Yannick trägt sie auch als Kette. In der Bretagne haben sie sich erfolgreich gegen die landesweite Maut gewehrt und gegen die Kamera-Überwachung auf den Autobahnen. „Was die in Paris beschließen, muss nicht für uns gelten“, sagt Yannick und lacht. Er wirkt dann wie Miraculix, der Druide aus den Asterix-Comics, nur dass in seinem Kessel in der Küche frischer Kaffee gebrüht und in Müslischalen serviert wird („kleiner Kaffee“).
Bitte eines Frankreich-Reisenden
Als die deutsche Mannschaft ausschied, haben Yannick und ich uns herzlich voneinander verabschiedet. Eine Bitte aber hatte ich noch an Yannick: Er möge mit Macht und Sturheit gegen die vielen Kreisverkehre vorgehen. Wer sonst sollte das schaffen können, wenn nicht Yannick und seine Bretonen. Deren Vorfahren hatten im Kampf gegen die Römer schließlich auch nur Angst davor, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fallen könnte.