Essen. Bisher lief in dieser Saison vieles glatt für Borussia Dortmund. Der geschrumpfte Vorsprung ist aber kein Grund zur Panik. Ein Kommentar.

Als Sebastian Kehl nach dem Spiel gegen Hoffenheim zur Analyse ansetzte, begann er so: „Die Niederlage heute...“ Dann merkte er, dass er gerade über ein 3:3 sprach, und korrigierte sich: „Das Unentschieden haben wir uns selbst anzukreiden.“ Der Leiter der Lizenzspieler-Abteilung von Borussia Dortmund hatte mit seinem Versprecher einen kurzen Blick in sein Seelenleben zugelassen, und er war nicht der einzige Dortmunder mit diesem miesen Gefühl: Wer im eigenen Stadion 3:0 führt und dann in der letzten Viertelstunde drei Gegentreffer zulässt, der kann sich nur wie ein Verlierer vorkommen. Vor allem, wenn er auch noch Spitzenreiter der Bundesliga ist.

Der BVB hat unfreiwillig die Spannung erhöht, der FC Bayern rückte mit einem 3:1 gegen mutlose und fehleranfällige Schalker näher an die Borussia heran. Bis auf fünf Punkte.

Ein lehrreiches Erlebnis

Das ist für die Borussen zwar kein beruhigendes Polster mehr, aber auch noch kein Grund zur Panik. Wenn sie Meister werden wollen (und das wollen sie, auch wenn sie es nicht ausdrücklich betonen), dann kann gerade ein solches Erlebnis extrem lehrreich sein. Trotz des Kraftverlustes durch 120 Pokalminuten plus Elfmeterschießen unter der Woche muss eine Spitzenmannschaft eine 3:0-Führung ungefährdet über die Runden bringen können.

Spätestens jetzt wissen die Schwarz-Gelben, dass sie nie nachlassen dürfen. Dass sie die spielerische Leichtigkeit, die sie auszeichnet, zwingend durch Kampf und Konzentration absichern müssen. Gegen Hoffenheim erinnerten Arglosigkeit und Naivität an die Bosz-Ära. Dass Trainer Lucien Favre erkrankt fehlte, dass Marco Reus verletzt und Thomas Delaney gesperrt war, darf nicht als Entschuldigung gelten, nicht einmal als Erklärung. Eine Mannschaft, die ganz hoch hinaus will, sollte sich nicht auf wenige Stützen verlassen.

Der BVB spielt in dieser Saison den besseren und attraktiveren Fußball als Bayern München. Wenn er sich am Ende dafür belohnen will, muss er jetzt beweisen, dass er nicht nur fußballerische Klasse, sondern auch starke Nerven hat.