Essen. Sebastian Vollmer aus Düsseldorf gewann mit den New England Patriots zwei mal den Super Bowl. Der Ex-Profi verrät, was er seinem Team zutraut.

Wenn in der Nacht zu Freitag die 52. Saison in der National Football League (NFL) eröffnet wird, dann ist Sebastian Vollmer (33) nur Zuschauer. Der zweimalige Super-Bowl-Sieger aus Düsseldorf hat nach einer Schulteroperation seine Karriere beendet - nach fünf Saisons im College und acht NFL-Spielzeiten für die New England Patriots. Der 2,03 Meter große Spielmacher-Beschützer wird seinen Pats aus Boston beim Auftakt gegen die Kansas City Chiefs (2.30 Uhr/Pro7Maxx) vor Ort die Daumen drücken.

Herr Vollmer, Sie leben weiter in der Nähe von Boston, waren aber grad im Hochwassergebiet Houston.

Sebastian Vollmer: Ja, meine Frau Lindsey habe ich während meiner College-Zeit bei den Houston Cougars kennengelernt, ihre Familie lebt noch in Texas. Es war wegen des Tropensturms Harvey Zeit, nach dem Rechten zu sehen.

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Ist alles Ordnung?

Für die Familie zum Glück ja. In einigen Gebieten ist die Situation kritisch. Mit dem vielen Wasser schwemmen ja auch Schlangen oder Alligatoren in die Stadt rein. Das macht die Sache kompliziert.

Sie wohnen weiterhin im beschaulichen Foxborough, nahe des Stadions ihrer New England Patriots. Juckt es nicht jeden Morgen, zum Training zu fahren?

Der Amerikaner würde mein derzeitiges Lebensgefühl als bitter-sweat bezeichnen. Einerseits bin ich erleichtert. Footballprofi zu sein, das ist ein verdammt harter Job. Den habe ich oft zwölf bis 18 Stunden am Tag ausgeführt. Auf der anderen Seite fehlt schon die Herausforderung des Spiels, das Zusammensein mit den Jungs.

30 Kilogramm in der Reha abgenommen

Gibt es ein Zurück nach ihrer Schulteroperation?

Nein. Ich bin immer noch in der Reha, habe von meinen 145 Kilogramm Football-Gewicht bestimmt 30 abgenommen und Muskelmasse verloren. Ich fühle mich derzeit aber gesund und sehr wohl und will nicht mehr ans Bankdrücken denken. (lacht)

Was kommt nach Football für Sebastian Vollmer?

Am liebsten Football, aber in einer anderen Rolle. Sicher nicht als professioneller Trainer. Trotzdem will ich meine Football-Erfahrung weitergeben. Gern über das Fernsehen, über soziale Medien oder über eine andere Schiene. Ich will morgens mit Elan früh aufstehen, muss aber meine Passion noch finden. Angebote gibt es aber schon.

Ein wenig getestet haben Sie ja bereits. Für die deutsche Fangemeinde haben Sie mit Ihren ebenfalls zurückgetretenen NFL-Kollegen Markus Kuhn die Patriots-Testspiele im Internet auf der team-eigenen Webseite kommentiert.

Das war eine gute Erfahrung für mich. Ich denke, wir haben unsere deutschen Fans ganz gut unterhalten. Die Patriots selbst hatten die Senderechte für Deutschland und Österreich, nur deshalb war das Experiment möglich.

Laut US-Football-Sonderheft Street & Smith’s wird das Super-Bowl-Finale in Minnesota 2018 New England gegen Green Bay heißen. Gehen Sie da mit?

Das könnte gut sein. Meine Patriots zählen immer zu den Favoriten. Die Packers haben mit Carolina und den New York Giants starke Konkurrenz.

Patriots-Spielmacher Tom Brady ist nun 40. Geht ihm nicht langsam die Luft aus nach fünf Super-Bowl-Siegen und 17 Saisons in einer gewalttätigen Liga wie die NFL?

Das glaube ich nicht. Tom ist ein Topmodel, der sehr asketisch lebt, beispielsweise nur spezielles Obst isst. Entscheidend ist aber: Tom hat ein sehr, sehr großes Talent. Bei mir würde die Sache mit dem Obst allein nämlich nicht klappen.

Brady ist berühmt für sein Finish, für seine Fähigkeit, Spiele nervenstark umzubiegen, wenn es sein muss.

Tom macht selten ein schlechtes Spiel, er hat höchstens mal eine schlechte Stunde. Das sorgt intern bei den Mitspielern für immenses Selbstvertrauen. Auch wenn er 50 sein wird, werden die Patriots mit ihm noch zu den Finalfavoriten zählen. (lacht)

Haben Sie noch Kontakt zu ihm?

Ja, wir treffen uns gelegentlich zum Essen. Allerdings privat, nicht in einem Restaurant. Da würden die Fans wegen eines Autogramms Schlange stehen.

Ist ein neuer Sebastian Vollmer in der NFL in Sicht?

Ich würde es mir wünschen. Athletisch liegen die deutschen Spieler sicher nicht hinter den US-Amerikanern zurück. Es ist allerdings wichtig, sich vorher im College zu etablieren und sich so auf ein Football-Leben vorzubereiten. Moritz Böhringer würde ich gern mal in der neuen NFL-Saison sehen, ihm traue ich einiges zu. Leider haben sich die Minnesota Vikings am Wochenende von ihm erst einmal getrennt. Dass er ohne College-Erfahrung überhaupt mehr als eine Saison im Kader war, ist eine große Leistung. Er hat eine Chance in der NFL verdient. Andere Teams sollten ihm diese Chance geben.