Berlin. Ariane Friedrich hat beim Hochsprung-Krimi von Berlin die Goldmedaille verpasst. Die kroatische WM-Titelverteidigerin Blanka Vlasic setzte sich mit 2,04 Metern durch. Ariane Friedrich war trotzdem glücklich.

Diese Frau hat 60 000 Menschen im Griff. Als Ariane Friedrich zu ihrem dritten Versuch über die Höhe von 2,06 m antrat, stand die 25-jährige Hochspringerin arg unter Druck. Sie legte den Zeigefinger mit dem schwarz-rot-goldenen Nagel auf ihre Lippen, um die Zuschauer im endlich fast vollbesetzten Stadion zur Ruhe zu bitten.

Als es mucksmäuschenstill im Oval war, lief sie an und setzte zu einem tollen Flug an. Die Zuschauer hatten den Jubelschrei schon auf den Lippen, aber dann fiel die Latte doch noch. Das große Duell mit der kroatischen WM-Titelverteidigerin Blanka Vlasic verlor sie zwar, doch Friedrich holte hinter Vlasic (2,04 m) und der Russin Anna Tschitscherowa (2,02) mit 2,02 m die Bronzemedaille. Friedrich erwies sich als faire Verliererin und umarmte sofort die alte und neue Weltmeisterin.

Nur hauchdünn gescheitert

Friedrich wolle Gold. Daraus hatte sie kein Geheimnis gemacht. Und das zeigte sich auch, als sie nach zwei Fehlversuchen über 2,04 m ihre letzte Chance für 2,06 m aufhob. Wenn sie die 2,04 m überquert hätte, wäre sie Zweite geworden. Ob Bronze oder Silber, das war ihr egal. Friedrich ging aufs Ganze und scheiterte nur hauchdünn.

Im ersten Moment schien Ariane Friedrich über die Bronze-Medaille traurig zu sein, doch dann spürte sie, dass das ganze Olympiastadion hinter ihr stand und erklärte: „Ich bin über diese Medaille einfach nur glücklich. Blanka war heute einfach überragend. Auch Anna war stark. Ich habe die letzten Nächte so schlecht geschlafen. Ich habe mir immer wieder diese tolle Atmosphäre hier vorgestellt.” .

Das Psycho-Duell zwischen den beiden Protagonistinnen begann schon vor dem Wettkampf. Die Rivalin mit der eigenen, möglichst überdeutlich zur Schau getragenen Selbstsicherheit beeindrucken, nach diesem Motto ließen die beiden Springerinnen lockere Sprüche los. „Ich bin wirklich in hervorragender Form. Ich werde im Finale die Weltrakete zünden”, hatte Friedrich das verbale Vorgeplänkel eröffnet. Vlasic konterte sofort: „Ich bin bereit und habe großartige Sprünge in meinen Beinen.”

Psychospielchen beherrscht das Duo

Das nächste Psychospielchen entschied Friedrich für sich, aber nicht das erste, sondern das letzte Spielchen gibt den Ausschlag über den Sieg. Die Kroatin aus Split, die von ihren Eltern nach der marokkanischen Hauptstadt benannt wurde, stieg schon bei 1,87 m ein. Da saß Friedrich, die erst bei der Höhe von 1,92 m ihren ersten Sprung machte und meisterte, noch cool auf der Tartanbahn.

In einen schwarzen Anzug gehüllt, die Kapuze tief über das Gesicht gezogen. Mit dem Rücken zur Anlage, so dass sie gar nicht sah, wie die Konkurrentin über der Latte ein Haus baute, wie es im Hochsprung-Jargon heißt, wenn eine Springerin die Latte sehr, sehr deutlich überquert. Sie schaut nie hin, wenn ihre Rivalinnen springen. Die Kommissar-Anwärterin der hessischen Polizei befindet sich während des Wettkampfs in einem Tunnel. Allein mit sich und ihren Sprüngen. Ab und zu stand sie auf und nahm Kontakt zu Günter Eisinger auf. Sie lebt mit dem polnischen Weltklasseschwimmer Lukasz Wojt zusammen, aber im Sport vertraut sie nur Eisinger. „Ohne ihn wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin”, sagte Friedrich.

Trainer Eisinger und Friedrich sind unzertrennlich

Vor drei Jahren wäre es fast zum Bruch zwischen Trainer und Athletin gekommen. Damals hielt sich Friedrich nach Meinung des Trainers zu oft in der Disco auf. Sie hätten einige Kamingespräche geführt, sagte Eisinger. Das Ultimatum des Trainers, Sport oder Disco, wirkte: Friedrich änderte ihre Einstellung und begann ihren Aufstieg, der mit dem siebten Platz bei Olympia in Peking eine kleine Verzögerung erfuhr, aber sich dann mit dem Hallen-Europameistertitel 2009 rasant fortsetzte.

Bronze ist für Friedrich vielleicht eine kleine Enttäuschung. Aber sie spielt im Konzert der Großen des Hochsprungs erst seit zwei Jahren mit. Im nächsten Jahr wird sie einen erneuten Anlauf bei der EM nehmen. Mit neuen Psychospielchen.