Lyon. Michel Platini kandidiert wie erwartet für das Amt des Fifa-Präsidenten. Der jetzige Uefa-Chef könnte im Februar Nachfolger von Sepp Blatter werden.
Mit einem Brief voller Pathos hat Michel Platini seine Kandidatur als Fifa-Präsident verkündet und greift nach dem Thron des skandalgeplagten Fußball-Weltverbands. Nicht nur dank des klaren Vertrauensvotums aus Deutschland und Europa geht der Uefa-Chef als großer Favorit in das Rennen um die Nachfolge von Joseph Blatter. "Es gibt Zeiten im Leben, in denen du dein Schicksal in die eigenen Hände nehmen musst", schrieb der 60-jährige Franzose laut Uefa-Mitteilung von Mittwoch an die 209 Fifa-Mitgliedsverbände. "Dies ist eine sehr persönliche, sorgfältig getroffene Entscheidung, in der ich die Zukunft des Fußballs gegen meine eigene Zukunft abgewogen habe."
Aus dem Urlaub versprach Wolfgang Niersbach direkt die "volle Unterstützung" des DFB und verwies bei der Frage nach einer eigenen möglichen Kandidatur als Uefa-Nachfolger auf die Vollversammlung der europäischen Verbände Mitte September. "Bis dahin bringt es nichts, sich an irgendwelchen personellen Spekulationen zu beteiligen", schrieb der DFB-Präsident. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll Platini nun die Zusagen der Konföderationen aus Europa, Asien, Südamerika und Nord- und Zentralamerika haben.
Zwei Fifa-Präsidenten in 52 Jahren
Die Zukunft der Fifa wird sich am 26. Februar 2016 entscheiden - Blatter wird seinen Posten beim Wahl-Kongress in Zürich aufgeben. Platini wies darauf hin, dass es "ein Paradoxum" sei, dass die Fifa seit einem halben Jahrhundert nur von zwei Männern - João Havelange und Blatter - geführt wurde: "Aber die jüngsten Ereignisse zwingen das Leitungsgremium des Weltfußballs, ein neues Kapitel aufzuschlagen und seine Führung zu überdenken." Die Fifa steckt nach der Verhaftung von sieben Fußball-Funktionären, darunter zwei ehemalige Weltverbands-Vizepräsidenten, vor zwei Monaten in Zürich in der größten Krise ihrer Geschichte.
Bei der vergangenen Kür von Blatter Ende Mai hatte sich Platini noch geziert und auf eine Kampfkandidatur gegen den 79 Jahre alten Schweizer verzichtet. Stattdessen kassierte Prinz Ali bin al-Hussein als Bewerber von Fifa-Gnaden die erwartete Niederlage. Doch kurz danach verkündete Blatter im Zuge des "Tsunami" durch die Ermittlungen von US-Behörden gegen die Fifa seinen Rückzug.
Platini ist kein Erneuerer
Mit Platini würde allerdings auch bei weitem kein externer Erneuerer den notwendigen Reformprozess anschieben, er ist bereits seit 13 Jahren Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees. "Es ist klar, dass die Fifa eine neue, unabhängige Führung braucht, die unbefleckt von den vergangenen Praktiken ist", wird al-Hussein von der BBC zitiert. Der jordanische Verbandschef wandelte sich rasant zum Kritiker seines ehemaligen Unterstützer: "Platini ist nicht gut für die Fifa. Fußball-Fans und -Spieler verdienen etwas besseres."
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Dennoch scheint Asien sich hinter dem Franzosen zu formieren. Die jüngst demonstrierte Nähe zu Scheich Ahmad al Fahad al Sabah, Herr über Asiens olympische Sportverbände und Fifa-Exkomitglied, gilt als Indiz, dass der Kuwaiti für diese notwendige Unterstützung gesorgt hat. Damit wäre Platini die Stimmenmehrheit nicht mehr zu nehmen.
Allerdings greift er auch mit einem Makel nach dem Fifa-Thron. Sein Engagement für die WM 2022 in Katar, wo sein Sohn einen lukrativen Posten bekam, sorgt für einen Kratzer in der Glaubwürdigkeit.
Einziger ernstzunehmender Platini-Konkurrent kommt aus Südkorea
Als einziger ernstzunehmender Konkurrent von Platini hat bislang der frühere Fifa-Vizepräsident Chung Mong Joon aus Südkorea eine Bewerbung angekündigt. Die brasilianische Fußball-Legende Zico strebt ebenfalls eine Kandidatur an, aus Afrika will Musa Bility antreten. Platini werde für "Chaos" sorgen und repräsentiere "keinen Wandel", sagte der liberische Verbandspräsident der BBC. Bewerber müssen bis zum 26. Oktober die Unterstützerstimmen von fünf Verbänden eingereicht haben, um zur Wahl zugelassen zu werden.
Bis dahin wird auch die Rolle Blatters spannend bleiben. In der neuen Task Force "Reformen", für die immer noch ein unabhängiger Leiter gesucht wird, hat der 79-Jährige zwar keine offizielle Funktion. Dennoch dürfte er hinter den Kulissen weiter aktiv sein.