Köln. . Vor dem Länderspiel gegen die USA schwelgten Bundestrainer Joachim Löw und sein Vorgänger Jürgen Klinsmann vor allem in schönen Erinnerungen.

Beim Boxen hätte der Ansager ordentlich was zu tun gehabt. In der einen Ecke der 55-jährige amtierende Weltmeister mit einem Rekord von 80 Siegen und 22 Remis in 119 Spielen, WM-Dritter 2006 und 2010, Vize-Europameister 2008. Der 50-jährige Herausforderer, der immer noch sein Kampfgewicht von 76 Kilo hält, holte 2013 als Trainer den CONCACAF Gold Cup und erreichte bei der WM 2014 das Achtelfinale. Nicht zu vergessen die Welt- und Europameisterehren als Spieler. Joachim Löw versus Jürgen Klinsmann, dieser gemeinsame Auftritt vor dem Freundschaftsspiel zwischen Deutschland und den USA am Mittwoch (20.45 Uhr, LIVE bei uns im Ticker) hätte eine Einlaufmusik verdient gehabt.

Hätte. Vor dem Einmarsch der Gladiatoren in der Mercedes-Zentrale dudelte nur seichte Jazzmusik, bevor erst Klinsmann und später der Bundestrainer das Podium betraten. Als umkämpft durfte das Duell nur hinsichtlich der Frage bezeichnet werden, wem es gelingt, den anderen noch überschwänglicher zu loben und zu bewundern.

Löw lobt Entwicklung des US-Teams

„Seit 2001 haben sich die USA deutlich in allen Bereichen gesteigert“, hob Löw an, „das hohe taktische Niveau, die mutige Einstellung auf dem Platz, das Tempo, die Intensität und überhaupt das ganze professionelle Arbeiten zeugen von einer unglaublichen Entwicklung der USA. Und all das sind ja Charaktereigenschaften, die auch auf Jürgen zutreffen.“ Treffer.

Prompt ging Klinsmann zur Gegenattacke über. „Unvergessen, wie uns der Jogi beim Trainerlehrgang in 30 Sekunden das Verschieben der Viererkette erklärt hat“, sagte der gebürtige Schwabe. Wissendes Lächeln beim Nebenmann. „Dieses Fachwissen und seine Ausgeglichenheit, diese Ruhe haben wir uns damals zu Nutzen gemacht. Die Badenser sind halt so.“ Treffer.

"Jürgen hat großen Anteil am WM-Titel"

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Nach Belieben hoben die noch immer befreundeten Kollegen einige Schätze aus der gemeinsamen Vergangenheit. 2004 habe eine andere Zeitrechnung begonnen, sagte Löw und umriss einige Änderungen: neuer Teammanager, neue amerikanische Fitnesstrainer, neue, zentrumsnahe Quartiere und und und. Mit dem Neuaufbau sei es 2005 beim Confed-Cup und 2006 bei der WM gelungen, ein anderes Bewusstsein für die Nationalmannschaft zu schaffen. „2014 haben wir es dann rundgemacht, was wir 2004 begonnen haben. Ganz klar, Jürgen hat einen großen Anteil am WM-Titel.“ Punktsieg mit Extrabonus. Schließlich trugt Löw ein rotes DFB-Shirt. Rot, diese damals revolutionäre Trikotfarbe verpasste Klinsmann dem DFB vor 2006.

Es konnte fast kein Zufall sein, dass alter und neuer Bundestrainer gestern exakt neun Jahre nach dem ersten WM-Spiel gegen Costa Rica zusammen kamen. „Dieses Eröffnungsspiel war unsere Deadline, dieses Datum hat unsere Handeln geprägt“, sagte der Wahlkalifornier. War die Zeit beim DFB für ihn wohl von Anfang an ein zeitlich begrenztes Projekt, so sieht er sich in den USA eher als Entwicklungshelfer – mit beachtlichen Erfolgen.

Klinsmann singt beide Hymnen

Mit einer Titelverteidigung beim Gold-Cup kann sich das US-Team die Teilnahme am Confed-Cup 2017 sichern. Für einen weiteren Schub in seiner Wahlheimat würde das Erreichen eines WM-Viertelfinals sorgen. „Unser Ziel ist es, eines Tages das Halbfinale zu erreichen, aber hier liegt noch ein gewaltiger Weg vor uns. Sportarten wie Football, Basketball und Baseball stehen vor uns. Aber wir sind im Kommen.“

Und heute? Klinsmann gab zu, dass er aufpassen muss, nicht wieder bei deutschen Treffern zu jubeln. „Ein Schuss Fan steckt noch immer in mir drin.“ Die Hymnen wird er beide mitsingen, aber: „Die USA-Hymne ist die schönste auf der Welt.“