Berlin. . Das Olympia-Rennen zwischen Berlin und Hamburg geht in die Entscheidung. Am Dienstag sollen die Zahlen der Bürger-Umfrage auf den Tisch kommen.

Die Mail mit der „Forsa“-Umfrage kam Donnerstagabend. Seither weiß Michael Vesper, wer mehr darauf brennt – Berlin oder Hamburg –, sich für Olympia 2024 zu bewerben. Ist das Votum eindeutig genug, werden sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und sein Generaldirektor kaum darüber hinwegsetzen wollen. Eine Frage der praktischen Klugheit und Erfahrung.

Der DOSB berät seit gestern und will das Ergebnis der Befragung von je 1500 Bürgern in Berlin und Hamburg wohl heute bekannt geben. Am 16. März wird das Präsidium eine Stadt empfehlen. Dem Votum dürfte die Mitgliederversammlung fünf Tage später folgen. Bewerbungsschluss: 15. September. Das letzte Wort fällt das Internationale Olympische Komitee (IOC) im Sommer 2017.

DOSB will mit Umfrage Ausgangsbedingungen erkunden

Die USA (Boston) und Italien (Rom) treten an, Frankreich, die Türkei, Südafrika und Aserbaidschan sind ebenfalls im Gespräch. „Es wäre naiv, zu glauben, dass Olympia uns auf dem Silbertablett serviert wird“, sagte Vesper dieser Zeitung.

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Aussichtslos ist eine Bewerbung nicht. Nach Rio (2016) und Tokio (2020) ist Europa dran. Das IOC wird vom Deutschen Thomas Bach geführt, die letzten Sommerspiele hierzulande, München 1972, liegen 2024 dann 52 Jahre zurück. Seither ist es der fünfte Anlauf. Berlin wie Hamburg würden es zur Not sogar 2028 erneut versuchen, getreu dem Diktum des irischen Schriftstellers Samuel Beckett: Wieder versuchen, wieder scheitern, besser scheitern.

Die Winterspiele 2022 waren für München fast sicher – sie scheiterten an einem Bürgerentscheid in Bayern. Ein Trauma. Jetzt gilt es, die Bürger mitzunehmen. Berlin wie Hamburg planen denn auch Referenden. Mit der Forsa-Umfrage will der DOSB die Ausgangsbedingungen erkunden: Wie fundiert, wie aussichtsreich sind der Optimismus und Tatendrang der Stadtväter; und wie nah am Bürger?

Berlin „will“, Hamburg ist „Feuer und Flamme“

In Berlin herrscht Reizklima. Proteste, Parteienstreit, offene Baustellen: Flughafen BER, ICC, Staatsoper. Mag sein, dass das IOC dem Gigantismus abschwören will. Aber selbst Low-Budget-Spiele sind eine Milliardeninvestition, die sich womöglich lohnt – Imagegewinn, Investitionsschub –, aber selten rechnet. Die mehrmals verschobene BER-Eröffnung ist nicht nur peinlich (wie die Elbphilharmonie), sondern ein Planungsrisiko. Berlin plant das olympische Dorf auf dem Gelände des heutigen Flughafens Tegel. Wackelt die BER-Eröffnung 2017, ist die Olympia-Planung erschüttert; und das im Jahr der IOC-Entscheidung.

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Berlin hat Olympia schon einmal ausgerichtet, 1936, Nazi-Spiele. Die könnte man vergessen machen. „Ich wünsche mir andere Bilder als die mit Adolf Hitler“, bekannte Gregor Gysi, Fraktionschef der Linken. Der Senat argumentiert mit der Internationalität der Stadt: „Wenn die Welt nach Deutschland schaut, schaut sie auf Berlin.“ Für sie sprechen auch die vielen Sportstätten (Olympiastadion, Velodrom, Sportforum, O2-World) und dass sie regelmäßig Finalspiele, Europa- und Weltmeisterschaften ausrichtet, bis hin zum berühmten Berlin-Marathon.

Berlin erbringt schon heute die Mindestkapazität an Hotelzimmern (42 000) anders als Hamburg mühelos. Nur: „Der alles entscheidende Punkt wird sein, ob der Funke auch auf die Berliner übergesprungen ist“, sagt DOSB-Präsident Alfons Hörmann. Da ist sie wieder, die Stimmungsfrage. Von unverhoffter Ehrlichkeit sind beide Werbeslogans: Berlin „will“ Olympia, Hamburg ist „Feuer und Flamme“.

Was passiert nach Olympia mit den neuen Anlagen?

Hamburg ist auch eine Metropole, nicht nur reich an Tradition, und weltbekannt. In welche Hafenstadt man auch kommt, die rot-weißen Container der Reederei Hamburg-Süd sind schon da. Bürgermeister Olaf Scholz ist durchsetzungsstark, eine feste Größe. Bei ihm weiß der DOSB, woran er ist, wohingegen sein Berliner Amtskollege und SPD-Parteifreund Michael Müller noch keine 100 Tage im Amt ist.

Hamburg verspricht kompakte Spiele, kurze Wege. Scholz plant auf der Elbinsel Kleiner Grasbrook einen neuen Stadtteil, Sportstätten und Olympiadorf in einem Radius von zehn Kilometern. Wie in London will man einige Anlagen hinterher wieder zurückbauen. Das Olympiastadion wird für 20 000 Zuschauer konzipiert und nur für die Spiele vergrößert. Und danach? Regionalligastadion. Lapidar gibt Scholz Auskunft: „Wir mögen keine weißen Elefanten.“