Köln. . Dem Profi-Boxen sind in Deutschland die frischen Gesichter ausgegangen. Nach dem ZDF wendet sich auch die ARD ab, was vor allem den Sauerland-Stall trifft. Doch Junior-Chef Kalle Sauerland blickt trotz gesunkenem Interesse an dem Sport zuversichtlich in die Zukunft.
Schmetterlinge im Bauch, danach strebt Kalle Sauerland. Und er habe schon jetzt Schmetterlinge im Bauch, erzählt der Junior-Chef des Sauerland-Stalls, wenn er daran denke, dass im nächsten Jahr das Duell des Berliners Arthur Abraham gegen den Kölner Felix Sturm „endlich“ möglich werden könne. Bevor sich der 36 Jahre alte Promoter seinen neuen Zielen zuwenden kann, geht am Samstag aber zunächst nach 13 Jahren die Zusammenarbeit des von Sauerlands Vater Wilfried aufgebauten Profiboxstalls mit der ARD zu Ende. Halbschwergewichts-Weltmeister Jürgen Brähmer verteidigt seinen Titel gegen den Polen Pawel Glazewski.
Weltuntergangsstimmung
Es hatte Weltuntergangsstimmung geherrscht im Hause Sauerland, als der Ausstieg der ARD feststand. Schließlich hatte man miterlebt, wie der über Jahre größte Konkurrent, der Hamburger Universum-Stall, nach dem Ausstieg des ZDF als Fernsehpartner zugrunde gegangen war. Dem deutschen Profiboxen fehlt es abseits der sich selbst vermarktenden Klitschko-Brüder seit Jahren an Helden. Die Duelle elektrisieren die Massen nicht mehr, die Fernsehquoten dümpeln vor sich hin.
Kein Wunder, dass im öffentlich-rechtlichen Fernsehen längst die Frage aufgekommen ist, ob für diesen Sport weiter Gebührengelder aufgewendet werden sollen – und dass sie schließlich mit Nein beantwortet wurde.
Bei Sauerland ist die Weltuntergangsstimmung inzwischen aber einer neuen Zuversicht gewichen. Wohl auch dank der Leidenschaft des Juniorchefs, der in London Betriebswirtschaftslehre und Marketing studiert und Erfahrungen als Sportrechte-Händler auch außerhalb des Boxens gesammelt hat, konnte der Boxstall einen nahtlos an die ARD-Zusammenarbeit anschließenden Vertrag mit dem Privatsender Sat 1 ergattern.
Acht Abende im TV
So werden auch im kommenden Jahr mindestens acht Sauerland-Boxabende im deutschen Fernsehen zu sehen sein. Und: Da auch Felix Sturm und der Magdeburger SES-Stall von Ulf Steinforth mit Frontmann Robert Stieglitz bei Sat 1 boxen, können plötzlich Duelle stattfinden, die bislang immer an unterschiedlichen Interessen unterschiedlicher Fernsehpartner gescheitert sind. Wie eben Abraham gegen Sturm.
Das Problem des Mangels an Helden ist damit allerdings noch nicht gelöst. Sturm und Stieglitz kamen zuletzt bei ihrem mitreißenden Unentschieden in Stuttgart bei Sat 1 nur auf knapp drei Millionen Zuschauer. „Wenn das die Anzahl an Hardcore-Boxfans ist, bin ich zufrieden“, sagt zwar Sauerland, „damit sind wir noch immer Fernseh-Sportart Nummer zwei hinter Fußball“. Aber natürlich wünscht auch er sich neue Helden. Die Zeiten mit Henry Maske, Axel Schulz und Sven Ottke sind nicht vergessen.
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Der Sauerland-Stall hat in den vergangenen Jahren immer wieder auf gut ausgebildete Boxer aus Osteuropa gesetzt, wohl in der Hoffnung, auch mal auf ungeschliffene Diamanten wie die Klitschkos zu stoßen, deren Karrieren beim Konkurrenten Universum begonnen hatten. Doch Männer wie Nikolai Walujew, Alexander Powetkin oder Kubrat Pulew konnten das deutsche Publikum nie überzeugen, es wandte sich zunehmend vom Profiboxen ab.
„Nun sind wir kurz davor, neue Helden hervorzubringen“, glaubt Kalle Sauerland. Zuletzt hat man vermehrt auf deutsche Talente gesetzt. Um Kosten zu sparen, monierten Kritiker. Weil man eine „neue Richtung“ eingeschlagen habe, sagt Sauerland. Vincent Feigenbutz, Enrico Kölling, Stefan Härtel, Tyron Zeuge oder Jack Culcay heißen die jungen Männer, auf deren Schultern die Hoffnungen des jungen Chefs lasten. Man wird sehen.