Essen. . Marco Koch hat Paul Biedermann als Nummer eins im deutschen Schwimmsport abgelöst. Über 200 Meter Brust will er jetzt Gold bei der WM in Doha holen. „Die Weltmeisterschaft in Katar nehme ich sehr ernst“, sagt der 24-Jährige.
Als Marco Koch vor zehn Tagen bei den Deutschen Kurzbahn-Meisterschaften nach seinem Erfolg über 200 Meter Brust nach der Siegerehrung in die Umkleidekabine wollte, umlagerten ihn etliche Kinder in der Wuppertaler Schwimmoper. Während Weltrekordler und Ex-Weltmeister Paul Biedermann nach seiner Niederlage über 400 Meter Freistil ungestört am Beckenrand stand, musste Koch seinen Namenszug auf T-Shirts schreiben und sich mit einem Schwimm-Fan nach dem anderen per Handy ablichten lassen.
Die Szene beschreibt, wie sich die Kräfte in der deutschen Schwimm-Szene verschoben haben. Koch hat Biedermann als Nummer eins abgelöst. Der 24- jährige Koch ist auch bei der Kurzbahn-WM von Mittwoch bis Sonntag in Doha der größte deutsche Hoffnungsträger.
„Die Weltmeisterschaft in Katar nehme ich sehr ernst“, sagt Koch. „Es gibt nur wenige Wettkämpfe, bei denen man sich mit den Topleuten messen kann. Das genieße ich. Mein Ziel ist Gold.“ Wenn Koch solche Worte ausspricht, geschieht dies ohne die geringste Nuance von Großspurigkeit. Koch weiß, was er kann. Nicht mehr und nicht weniger. Wie gut sich der Darmstädter beim Kräftemessen mit der Weltspitze schlägt, bewies er in den vergangenen zwei Jahren mehrfach. Bei der WM 2013 holte er als Zweiter die einzige Medaille für das deutsche Team – und in diesem Sommer hängte er die komplette Konkurrenz bei der Heim-EM in Berlin ab.
Keine großen Sponsoren
Obwohl er sich seit August Europameister nennen darf, hat sich sein Leben nicht grundlegend verändert. Große Sponsoren-Verträge wie einst Franziska van Almsick hat Koch nicht. „Der eine oder andere PR-Termin ist dazu gekommen“, sagt Koch, „immerhin habe ich neben der Deutschen Vermögensberatung einen zweiten Hauptsponsoren gefunden.“ Und in Darmstadt gibt es auch ein neues Projekt: „Marco Koch for Gold – Mit Darmstadt im Rücken nach Rio“. So sollen örtliche Sponsoren gewonnen werden.
Koch weiß nicht nur, was er will, sondern auch, was er nicht will. So hat er sich nicht einem Bundesstützpunkt angeschlossen. Dafür nimmt er in dem alten Darmstädter Bad einige Widrigkeiten wie gelegentlich kaltes Wasser hin. „Ich brauche mein Umfeld in Darmstadt”, sagt er. Er wohnt noch bei seiner Mutter, die auch für ihn kocht.
7000 Dollar für den WM-Titel
Die Kost von Mama Koch hat sich in den vergangenen zwei Jahren verändert. Als sich Koch Ende 2012 nicht so gut fühlte, machte er einen Bluttest mit großen Konsequenzen. „Es hat sich herausgestellt, dass ich gegen einiges allergisch reagiere. Seitdem ernähre ich mich glutenfrei“, erzählt er. Bei seiner größten Enttäuschung, dem Aus im olympischen Halbfinale 2012, war er noch Frust-Fresser. „Damals habe ich mittags etwa 54 Chicken-Nuggets gegessen, abends noch mal”, blickt er zurück, „dazu kamen Süßigkeiten und so ein Mist.” Seitdem er fünf Kilo leichter ist, fällt ihm das Training leichter, er kann besser regenerieren.
Dem Ziel Rio de Janeiro 2016 hat Koch alles untergeordnet. Bis dahin hat der Sport Vorfahrt vor dem Studium. Auch wenn er keine Reichtümer verdient, kommt er finanziell klar. Im Oktober und November heimste er bei den Weltcups 52 000 Dollar ein. 19 Jahre alte Schalker Fußball-Profis fahren zwar Autos, die dreimal so viel kosten, doch für Koch ist es viel, viel Geld. „Die Prämien waren eine schöne Sache“, sagt er. „Deswegen wird die Kohle nicht verprasst, sondern schön zur Seite gelegt. Das ist ein kleiner Puffer. Man weiß nie, wie es weiter geht.“ Und deshalb würde er auch die Prämie, die er in dieser Woche bei der Kurzbahn-WM gewinnen könnte, aufs Konto packen. 7000 Dollar gibt es für den Titel.
Dafür muss ein Schwimmer viele Kacheln zählen.