Paderborn. Immer mehr Senioren finden Gefallen an Computerspielen und erobern sich damit eine Nische im Markt. Die sogenannten Silver Gamer sollen jetzt auch immer gezielter mit Spieltiteln angesprochen werden. Das ist auch eines der Themen der Gamescom 2013 in Köln.
Was die Nutzerzahlen angeht, können sie mit denen der Jüngeren noch nicht mithalten. Und doch gibt es sie: die "grauhaarige Spielergeneration", wie sie in einer Studie betitelt wird. "Ältere spielen durchaus, wenn auch nicht in Massen", beschreibt Prof. Jörg Müller-Lietzkow von der Uni Paderborn das Phänomen. In den kommenden Jahren könnte die Zahl der älteren Spieler sogar weiter zunehmen: Denn die Gruppe derjenigen, die mit Konsolen aufgewachsen sind und regelmäßig spielen, wird älter. So wächst auch die Menge derer, die sich auch als Rentner noch in virtuelle Spielewelten wagen.
Schon in den vergangenen Jahren zeigte sich, dass diejenigen, die der "Generation C64" oder "Generation Atari" zugeordnet werden können, mit dem Älterwerden weiterspielen. Kein Wunder: Viele Spielearten aus dieser Zeit sind heute wieder als sogenannte Browser-Games verfügbar. Laut den Daten des Branchenverbands Bitkom aus diesem Jahr spielt jeder Dritte (35 Prozent) in Deutschland ab 14 Jahren Video- oder Computerspiele. Bei den Befragten der Altersgruppe 50 bis 64 Jahre ist es knapp jeder Fünfte (18 Prozent).
Silver Gamer bevorzugen Lern- Und Logikspiele
In den meisten Fällen kommen die sogenannten Serious Games bei den Älteren gut an: Das sind zum Beispiel Lern- und Logikspiele sowie Gedächtnistraining. "Viele haben sich den Nintendo DS nur deshalb gekauft, weil darauf "Dr. Kawashimas Gehirnjogging" lief", sagt Linda Breitlauch, Professorin für Gamedesign an der privaten Games Academy Hochschule in Berlin. Klassische Gesellschaftsspiele wie Skat, Poker oder Schach sind ebenfalls beliebt. "Aber auch Blockbusterspiele wie "World of Warcraft" werden genutzt." Eine qualitative Studie aus dem Jahr 2009 ergab, dass die Hälfte der Befragten solche Online-Rollenspiele nutzte. Die andere Hälfte spielte eher offline. Befragt wurden 21 Spieler zwischen 35 und 73 Jahren.
Nur wenig Anklang finden Egoshooter. Vor allem in den Mehrspieler-Modi sind dort nur wenige Ältere vertreten: "Gegen die Jüngeren haben sie einfach keine Chance. Schon ab 25 Jahren lässt die Reaktionszeit nach", sagt Breitlauch. "Viele Titel sind von der Erzählstruktur und der Spielemechanik außerdem auf Jüngere ausgerichtet", ergänzt Prof. Thorsten Quandt. Die Industrie habe sich bislang noch nicht so weit vorgewagt, Spiele speziell für die Silver Gamer auf den Markt zu bringen, so der Kommunikationswissenschaftler der Uni Münster.
Ob "Tetris" oder "Angry Birds", mobile Spiele sind bei der älteren Generation sehr beliebt
Abgeholt wird die ältere Generation derzeit in erster Linie über Spiele, die auf dem Tablet-PC oder Smartphone laufen. "Dort findet eine Renaissance von alten Klassikern sowie Brett- und Kartenspielen statt", sagt Müller-Lietzkow. Populär sind etwa Titel wie "Tetris" oder "Angry Birds". Zum einen nehme die Zahl solcher Spiele zu. Zum anderen machten mobile Spiele es leicht, sie auszuprobieren: Sie sind günstig, dienen als Pausenfüller und können jederzeit abgebrochen werden. "Spiele wie "Tomb Raider" sind für solche Leute zu weit weg." Die Scheu, sich eine Konsole oder einen PC anzuschaffen, sei einfach größer: "Denn da muss ich mich wirklich fragen: "Will ich das?"", sagt Müller-Lietzkow, der Professor für Medienökonomie ist.
Tablets punkten in Sachen Bedienbarkeit: "Die Hemmschwelle vor zu viel Technik und langwieriger Installation ist dadurch gesunken", stellt Breitlauch fest. Außerdem sei ein Touchscreen leichter zugänglich als die Bedienung über Tastatur oder Controller. Ähnlich unkompliziert ist nur die Wii von Nintendo, sagt die Expertin: "Da wurde eine andere Metapher gewählt und die ältere Zielgruppe mit Hilfe der Fernbedienung perfekt abgeholt."
Comuterspiele als verbindendes Element zwischen den Genrationen
Den Einstieg in die Welt der Computerspiele finden viele Ältere über die Familie: "Meist ist es so, dass die Technologie von den Kindern mit nach Hause gebracht wird", sagt Quandt. Computerspiele funktionieren so als das verbindende Element zwischen den Generationen - und auch die Enkel finden es cool, wenn Opa zockt.
Senioren sollten sich deshalb nicht scheuen, deren Expertenwissen anzuzapfen: "Lassen Sie sich das von den Jüngeren zeigen. Spiele wie Fußballmanager sprechen zumindest fast alle Männer an", sagt Müller-Lietzkow. Ohne Druck oder den Drang, mithalten zu wollen, könnten sich Ältere auf diese Weise ganz entspannt überlegen: Macht mir das Spaß? "Bloß nicht denken: "Wer nicht spielt, ist out." Das ist doch Quatsch", findet Müller-Lietzkow.
In Zukunft soll es mehr Spieltitel geben die Ältere gezielt ansprechen
Gemeinsame Sache mit den Enkeln zu machen, ist für Großeltern nicht nur eine schöne Sache - ihnen bleibt auch nicht viel anderes übrig. Diesen Eindruck hinterlässt zumindest die qualitative Studie über die älteren Spieler: Die Befragten gaben an, sowohl bei Partnern als auch bei Gleichaltrigen auf wenig Verständnis für ihr Hobby zu stoßen. Viele Ältere organisieren sich bei Online-Rollenspielen daher in sogenannten Gilden und Spieleforen, hat Prof. Breitlauch beobachtet. Sie glaubt aber auch, dass es in Zukunft mehr Spieletitel geben wird, die gezielt Ältere ansprechen. "Und auch die Altersheime könnten noch ein Markt werden", sagt Müller-Lietzkow. Dort kämen vor allem Spiele zum Einsatz, die Motorik und Gleichgewicht trainieren. (dpa/tmn)