Essen. Wenn Stillen, Schaukeln und Spazieren nicht mehr hilft: „High Need Babys“ schreien oft den ganzen Tag. Was Eltern tun können, wo es Hilfe gibt.
Wenn das Baby nur schreit: Sogenannte High-Need-Babys weinen teils über Stunden, sind schnell überfordert von zu vielen Reizen und finden oft nicht in den Schlaf. Michelle Rump vom Landesverband der Hebammen NRW erklärt im Gespräch mit Laura Lindemann, wie Eltern sich am besten verhalten können und wo sie Hilfe finden.
Woran erkennen Eltern, dass ihr Kind ein High-Need-Baby ist?
Michelle Rump: Wie der Name schon sagt, sind High-Need-Babys hochbedürftige Kinder. Oft schreien die Babys über Stunden, werden schnell unruhig und finden schlecht in den Schlaf. Die gängigen Beruhigungsstrategien wie Tragen, Schaukeln oder Stillen helfen hier meist nicht. Früher hat man häufig Schreikinder zu ihnen gesagt. Heute differenzieren wir mehr, weil wir wissen: Babys schreien nicht einfach nur, für sie ist es die einzige Möglichkeit, zu kommunizieren und sich auszudrücken.
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Wie sollten Eltern am besten damit umgehen?
Ich rate dazu, die Beruhigungsstrategien über einen längeren Zeitraum auszuprobieren. Oft neigen Eltern dazu, sie schnell zu wechseln, wenn ihr Kind nach ein paar Minuten immer noch schreit. Es ist sinnvoll, die Situation behutsam auszuhalten und das Baby etwa eng am eigenen Körper in einem Tuch zu tragen, sodass es den Herzschlag der Mutter spürt. Auch ein Haut-an-Haut-Kontakt ist ratsam.
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Zudem sollten zu viele Reize, etwa durch Besuche, vermieden werden. Schon der Geruch von verschiedenen Parfums kann überfordernd sein. Stattdessen sollten sich die Eltern gut mit der Betreuung des Kindes abwechseln. Es kann auch helfen, mal für fünf Minuten den Raum zu verlassen oder sich Geräusch unterdrückende Kopfhörer aufzusetzen. In diesen kurzen Momenten kann die Mutter oder der Vater Luft holen und sich anschließend mit neuer Kraft wieder dem Baby zuwenden.
Was sind gute Anlaufstellen?
Der erste Schritt ist das Gespräch mit der Hebamme. Gemeinsam lässt sich herausfinden, ob es sich um ein hochbedürftiges Baby handelt. Anschließend sollte der Kinderarzt hinzugezogen werden. Er kennt auch die Hilfsangebote vor Ort und kann Familien schnell dorthin verweisen. Schreiambulanzen sind in NRW feste Anlaufstellen für Eltern. Ebenso Schlafambulanzen, wenn das Kind etwa keine Ruhe findet. Ein gutes Beispiel ist die frühkindliche Elternberatung „Elternhafen“ in Köln. Dort gibt es ein kostenloses Beratungsangebot für Familien rund um die Entwicklung und Regulation von Säuglingen und Kleinkindern. Grundsätzlich rate ich zu Angeboten in der Nähe, weil lange Autofahrten häufig nochmal zusätzlichen Stress bedeuten.
Hört das Schreien mit dem Alter auf?
Das lässt sich nicht pauschal sagen. Es gibt Kinder, die irgendwann da rauswachsen, und ebenso gibt es Familien, die mit der Zeit reinwachsen und sich durch den Umgang etwas ändert. Zudem kann sich die hohe Bedürftigkeit bei einem Kleinkind anders äußern, etwa wenn es empfindlich auf Geräusche reagiert.
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