Düsseldorf. Bus verspätet? Zug ausgefallen? Eine ganz besondere Stelle weiß, was Sie dann für Rechte haben. Und ob Sie überhaupt welche haben.
Die Zugverbindung ist ausgefallen und der Urlaubsflieger hat ohne Sie abgehoben? Der Fahrscheinautomat am Bahnhof ist defekt, aber der Schaffner will von Ihnen trotzdem ein „erhöhtes Beförderungsentgelt? Gehen Sie nicht gleich zum Anwalt. Schalten Sie lieber erst einmal die Schlichtungsstelle Nahverkehr (SNV) in NRW ein. Sie ist die Brücke zwischen Fahrgästen, die sich alleingelassen fühlen, und einem System, das nicht immer rund läuft. Was Sie darüber wissen sollten.
Für wen oder was ist die Schlichtungsstelle überhaupt zuständig?
„Wir bearbeiten Fälle aus dem gesamten öffentlichen Nahverkehr in NRW“, sagt Melanie Schliebener, Leiterin der SNV. „Das schließt Busse, Bahnen, Straßenbahnen und U-Bahnen ein.
Gibt es oft Missverständnisse über die Rechte der Fahrgäste?
„Ja, definitiv. Viele Fahrgäste kennen ihre Rechte nicht“, sagt Schliebener. „Sie glauben zum Beispiel, dass sie bei Verspätungen oder Ausfällen Anspruch auf vollständige Kostenerstattung haben.“ Haben Sie in der Regel nicht. Zwar gibt es in NRW die sogenannte „Mobilitätsgarantie“, die es Fahrgästen erlaubt, ab einer Verspätung von 20 Minuten etwa ein Taxi bis zu einem Betrag von 30 Euro pro Person zu nutzen, sofern kein Ersatzverkehr bereitgestellt wird. „Aber sonst haben Fahrgäste tatsächlich nur eingeschränkte Rechte, was Kostenersatz bei Verspätungen oder Ausfällen angeht. Geld, etwa für verpasste Flüge, gibt es nicht wieder. Ausnahme sind nur die Rail & Fly Tickets. In allen anderen Fällen liegt es in der Verantwortung der Flugreisenden, rechtzeitig am Flughafen anzukommen.
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Wie läuft ein Schlichtungsverfahren ab?
„Zunächst sollten sich Fahrgäste direkt an das Verkehrsunternehmen wenden“, rät die SNV-Leiterin. „Erst wenn dort keine zufriedenstellende Antwort kommt, schalten wir uns ein.“ Dabei versteht sich die Schlichtungsstelle als Vermittler. Sie macht Vorschläge, findet Kompromisse und versucht, beide Seiten zufriedenzustellen. Was auf Fahrgastseite nicht immer gelingt, nicht gelingen kann. Weil die Unternehmen im Recht sind. „Manchmal geht es einfach darum, die Leute aufzuklären, realistische Erwartungen zu setzen und, wo möglich, Kulanzlösungen anzubieten.“
Worüber wird sich besonders häufig beschwert?
Die Liste ist laut Schliebener vielfältig: „Verspätungen, Probleme mit dem Deutschlandticket, unfreundliches Personal oder strukturelle Änderungen wie Haltestellenverlegungen“, zählt sie auf. Und natürlich das „erhöhte Beförderungsentgelt“, wie die Geldbuße für Fahren ohne Ticket offiziell heißt.
Was ist mit Beschwerden über unfreundliches Personal?
Die gibt es, sagt Schliebener. „Meist im Zusammenhang mit anderen Problemen, wie Verspätungen oder Tickets.“ Und nicht selten dem alten Sprichwort folgend: Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus. „Da vergreifen sich dann beide Seiten im Ton.“
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Gibt es auch einen grundsätzlichen Austausch mit den Verkehrsunternehmen?
Die Schlichtungsstelle arbeitet eng mit Verkehrsunternehmen und dem Verkehrsministerium zusammen. Regelmäßig werden wiederkehrende Probleme analysiert und mögliche Lösungen diskutiert. „Es geht nicht nur darum, Einzelfälle zu klären“, betont Schliebener. „Wir wollen auch langfristig etwas ändern.“
Wie können Fahrgäste die Schlichtungsstelle kontaktieren?
In der Zeit von montags bis donnerstags unter der Nummer 0211 - 9 13 80 13 80 oder rund um die Uhr unter www.schlichtungsstelle-nahverkehr.de im Internet. Eigentliche Räumlichkeiten hat die SNV nicht.
Wie viele Menschen haben sich im vergangenen Jahr beschwert?
Mehr als 3500 – und damit so viele wie noch nie. „Die Zahl ist im Laufe der Jahre stetig gestiegen“, weiß die Leiterin. Verglichen mit der Gesamtzahl der Passagiere im NRW-Nahverkehr sei das allerdings nicht viel. „Aber für die Betroffenen ist es oft ein großer Schritt, überhaupt eine Beschwerde einzureichen.“
Was kostet mich eigentlich so ein Schlichtungsverfahren?
Nichts. Für die Fahrgäste sind die Verfahren kostenlos. Die SNV ist eine unabhängige Einrichtung des Vereins Schlichtungsstelle Nahverkehr e. V. Dem Verein gehören die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VdV) sowie Verkehrsunternehmen aus Nordrhein-Westfalen an. Die Schlichtungsstelle Nahverkehr wird finanziert durch das Land Nordrhein-Westfalen und die beteiligten Verkehrsunternehmen. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat die Förderung für die Schlichtungsstelle Nahverkehr Anfang 2025 um sechs Jahre verlängert. Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) übergab der zuständigen Verbraucherzentrale NRW einen Förderbescheid in Höhe von 2,5 Millionen Euro, wie sein Ministerium mitteilte.