Oberhausen. Die Rocky Horror-Show ist auf Tour. In Oberhausen ist Hugo Egon Balder dabei. Über zwei, die sich nicht gesucht, aber gefunden haben.

Es geschah in einer Novembernacht: Zwei junge Menschen bleiben mit ihrem Auto liegen und geraten in einer Art Schloss in die Fänge eines sexsüchtigen Aliens in Menschengestalt. Klingt bekloppt, ist aber die Grundidee zu einem der erfolgreichsten Musicals der Geschichte. Am 24. und 25. Januar kommt die Rocky Horror-Show nach Oberhausen. Erstmals im Ruhrgebiet als Erzähler mit dabei ist Hugo Egon Balder.

Zuschauer schimpfen Richtung Bühne: „Langweilig“

Natürlich kennt der 74-Jährige die Show. Fast so lange, wie sie läuft. „Man hat in den 70ern schon mitbekommen, was da in London läuft“, erinnert sich Balder. „Und schon damals habe ich mir gewünscht, irgendwann einmal dabei mitzumachen.“ Logisch, dass er nicht lange überlegt hat, als man ihn für die Rolle des Erzählers anfragte: „Das ist eine einmalige Gelegenheit.“

„Let‘s do the Timewarp“: Auch in Oberhausen gibt es den Zeitsprung.
„Let‘s do the Timewarp“: Auch in Oberhausen gibt es den Zeitsprung. © JochenQuast

Obwohl seine Rolle schon etwas, sagen wir mal, speziell ist. Denn ein Erzähler auf der Bühne der Rocky Horror-Show wird in Deutschland regelmäßig und zwingend vom Publikum beschimpft. Auch Balder erlebt das bei seiner Erzähler-Premiere in Berlin im vergangenen Jahr. „Boring!“, maulen die Zuschauer: „Langweilig!“ Und manchmal fordern sie auch „Geh nach Hause!“ Doch da sind sie bei Balder, einem der Urgesteine der deutschen Unterhaltungsbranche und seit über einem halben Jahrhundert um keine Antwort verlegen, genau an der richtigen Adresse. „Das ist ja alles nur Spaß.“ Noch dazu ist es vorhersehbar. „Ich wusste, was mich erwartet“, sagt er.

„Ich spiele mit dem Publikum, aber nicht jeder merkt es.“

Das wissen sie alle, die da auf der Bühne stehen. Vor allem in England, wo das oft verkleidete Publikum nicht nur textsicher, sondern auch gesprächig ist und Schauspieler wie Erzähler mit immer neuen Sprüchen anpöbelt oder sogar in kurze Gespräche verwickelt. Würde ihm das besser gefallen? Schwer zu sagen, findet Balder. Aber immer wieder auf die gleichen Begriffe zu reagieren sei auch nicht so einfach, wie es klingt. „Man muss sich das so aufteilen, dass man sich auch nicht wiederholt im Laufe der zwei Stunden. Man muss immer was anderes sagen, das funktioniert.“ Und manchmal muss man sogar noch mehr.

Zum Beispiel, wenn hinter dem Vorhang auf der Bühne größer umgebaut werden muss. „Mach mal bisschen länger“, sagen sie dann zu Balder. Kein Problem: „Ich spiele mit dem Publikum, aber nicht jeder merkt es. Das macht den meisten Spaß.“ Kaum weniger unterhaltend ist die Zusammenarbeit mit dem Ensemble. „Das ganze Team ist klasse“, hat der ehemalige Schlagzeuger der Band „Birth Control“ festgestellt und schwärmt von einer „unglaublichen Disziplin“: „Das ist eine echte Freude, mit denen zusammenzuarbeiten.“ Und die Kirsche auf der Torte ist für Balder der Kollege Oliver Savile in der Hauptrolle des Frank’n’ Furter: „Der Junge ist wirklich gut!“

Oliver Savile spielt den Frank’n’ Furter.
Oliver Savile spielt den Frank’n’ Furter. © Handout | Jochen Quast

Balder weiß, wovon er spricht. Er habe schon immer eine Affinität zu Musicals gehabt, erzählt er. „Das lag aber daran, dass ich in meiner Jugend, als ich auf der Schauspielschule war, bei Anatevka in Berlin Kulissen geschoben und den Hauptdarsteller Shmuel Rodensky nach der Vorstellung mit meinem alten VW Käfer immer ins Hotel gefahren habe.“ Außerdem sei er früher mit seinen Eltern ziemlich oft in solche Shows gegangen. „Und wenn ich in Hamburg bin und dort etwas Interessantes läuft, mache ich das auch heute noch gerne.“

„Wenn ich Fernsehen mache, dann muss es passen“

Zuletzt allerdings nicht. Keine Zeit, Theatertournee. Als eine Hälfte der „Komplexen Väter“ tourte Balder zusammen mit Jochen Busse durch Deutschland. „Zweieinhalb Jahre war ich kaum zu Hause. Das war echt heavy. Und dann habe ich jetzt irgendwann gesagt, jetzt ist Schluss. Jetzt mache ich mal eine Theaterpause und jetzt mache ich ein Soloprogramm.“

Los geht die neue Tour unter dem Titel „Erzählt es bloß nicht weiter!“ ab März. „Dann reise ich mal so ein bisschen rum, das kann ich mir selber einteilen.“ Mal zehn Städte hintereinander, dann wieder Pause. „Wenn du Theater spielst, geht das nicht.“

Immer wieder mal ein paar neue Folgen seiner TV-Sendung „Genial daneben“ aufzuzeichnen, das ging zum Glück. Aber was ist mit anderen Formaten, jetzt wo etwas mehr Zeit da ist? „Na ja“, sagt der gebürtige Berliner, „ich werde bald 75. Wenn ich im Fernsehen irgendwas mache, dann muss es auch passen. Ich hätte keine Lust mehr, jetzt irgendwie in einer Spielsendung mitzumachen, wo ich gegen einen anderen Partner eine Sprossenwand hochklettern muss. Da bin ich jetzt auch zu alt. Und ansonsten, es kommt immer darauf an, was angefragt wird, ob ich es mache oder ob ich es nicht mache. Aber es ist jetzt nicht so, dass ich sage: Ich habe auf Fernsehen keine Lust mehr.“

Rocky Horror Show
Immer locker und um keine Antwort verlegen: Hugo Egon Balder auf der Rocky-Bühne © Jochen Quast | Jochen Quast

Jetzt aber hat er erst einmal Lust auf Rocky Horror. Nicht nur, aber auch wegen der Musik. „Science Fiction/Double Feature“, „Don’t Dream It – Be It“ und natürlich der legendäre „Time Warp“: „Es ist doch erstaunlich, dass die Titel aus der Show auch nach 50 Jahren immer noch so gefragt sind“, findet Balder. „Und wenn ich sehe, was da unten im Publikum los ist, wenn oben auf der Bühne gesungen wird, das ist doch geil!“ Deshalb gibt es auch ein Lob für den Rocky Horror-Erfinder. „Also dieser Herr O‘Brien“, sagt Balder, „hat da schon was Feines geschaffen.“

Hugo Egon Balder steht nicht nur am 24. und 25. Januar in der Oberhausener Rudolf Weber-Arena als Erzähler auf der Bühne, sondern zuvor am 21. und 22. Januar auch in der Stadthalle Bielefeld. Tickets für beide Orte gibt es unter www.rocky-horror-show.de im Internet

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