Bochum/London. Im Bochumer Starlight Express war sie lange der Gepäckwagen Carrie. Jetzt ist Sydnie Christmas in England auf dem Weg zum Superstar.
Bis vor etwas mehr als einem Jahr ist sie noch im Ruhrgebiet aufgetreten. In Bochum. Beim Starlight Express. Erst ist sie Swing, also jemand, der in viele verschiedene Rollen schlüpfen kann, wenn jemand ausfällt. Später dann schnürt sie die Rollschuhe, um sich in Carrie zu verwandeln, den Gepäckwagen. Im Frühjahr 2023 aber kehrt Sydnie zurück in ihre englische Heimat – zusammen mit ihrem Freund Max Rizzo, dem damaligen Hauptdarsteller „Rusty“.
„Gesang, der nicht von dieser Welt ist“
London, gut zwei Jahre später. In der Stadt, in der Sydnie einst an der D&B Academy of Performing Arts ausgebildet wurde, steigt das Finale der 17. Auflage von „Britain’s Got Talent“, der englischen Version des „Supertalent“. An einem Sommerabend steht Sydnie in einem langen weißen Abendkleid auf der Bühne des London‘s Hammersmith Apollo-Tehaters und hat Tränen in den Augen. Den alten Judy Garland-Song „Somewhere Over The Rainbow“ hat sie gerade gesungen. Das Publikum tobt, die Jury überschlägt sich mit ihrem Lob. „Der Moment, auf den wir alle gewartet haben“, sagt eine Jurorin. Ein anderer schwärmt von einem „Gesang, der nicht von dieser Welt ist“. Und selbst der nicht für übertriebene Freundlichkeit bekannte Chef-Juror Simon Cowell spricht von einem „gottgegebenen Talent“.
Wenig später wird Christmas zu Siegerin gewählt. Die 28-Jährige ist damit nicht nur die erste Sängerin, die diese Show gewinnen kann, sie ist auch um 250.000 Pfund reicher. Kaum einer ist über diesen Erfolg mehr überrascht als die Gewinnerin. „Man glaubt nicht, dass einem so etwas passieren kann, und ich hätte nicht in einer Million Jahren gedacht, dass mir so etwas passieren würde. Es ist einfach unglaublich. Ich bin einfach nur dankbar. Ich habe jede Sekunde bei Britain‘s Got Talent geliebt. Ich habe aus vollem Herzen gesungen und war einfach ich selbst, und das ist das, was ich am meisten wollte“, sagt sie.
Viel ist passiert seit dem Sieg, aber Ihre Starlight-Vergangenheit lässt Sydnie nicht los. Vor wenigen Tagen erst hat sie ein Video veröffentlicht, in dem sie eine grandiose Version des Titelstücks singt – auf Bitten des Erfolgskomponisten Andrew Lloyd Webber, der vor über 40 Jahren auch das Eisenbahn-Musical geschrieben hat und anscheinend völlig begeistert von Sydnies Auftritten bei der Talentshow war.
Starlight Express feiert Comeback in London
Es ist aber wahrscheinlich auch eine gute Gelegenheit für Webber, die Werbetrommel in eigener Sache zu rühren. Denn der Sternenlicht-Express steht in London nach 22 Jahren auf dem Abstellgleis in leicht veränderter Form wieder unter Dampf. Zunächst einmal bis kommenden Februar fahren die Züge nun im Troubadour Wembley Park Theatre um die Wette. Die Bochumer Produktion werden die Londoner allerdings wohl nie mehr einholen. Das aktuell erfolgreichste Musical der Welt an einem Standort haben bisher weit über 18 Millionen Besucher gesehen. Und ein Ende der Show im Ruhrgebiet ist nicht in Sicht. Am Dienstag (20.8) gibt es in Bochum wieder einen Tag der offenen Tür.
Sydnie wird dort allerdings nicht wieder auf die Gleise gehen. Schon, weil die Zeit fehlt. Im September wird mit „My Way“ ein erstes Album auf den Markt kommen, eine Tour soll folgen. In der Weihnachtszeit wird die 28-Jährige dann eine Fee in einer Theater-Produktion von Dornröschen geben. Da bleibt nicht viel Gelegenheit, mit dem Starlight-Express zu fahren, obwohl Christmas immer wieder mal an die Zeit im Ruhrgebiet denkt. Ihr Engagement in Bochum, ist sie überzeugt, bleibe für immer ein wichtiger Teil ihres Lebens.