Essen. Nur drei von vier schaffen es bis zur Prüfung bei der NRW-Polizei. Was läuft schief? Der Schwelmer Kriminologe Frank Kawelovski weiß es.
Die Polizei braucht viel Personal. Doch in der Ausbildung geben viele auf oder werden aussortiert. Was kann man verbessern? Der Schwelmer Kriminologe Frank Kawelovski, früher selbst lange in Polizeipräsidien im Ruhrgebiet und an Hochschulen im Einsatz, macht Vorschläge.
Die Gewerkschaft der Polizei berichtet, dass mittlerweile jeder vierte die Ausbildung abbricht...
Kawelovski: ...die meisten brechen nicht ab, sondern werden - in Anführungstrichen - abgebrochen, weil sie in Prüfungen baden gehen...
Das stimmt - wo scheitern sie?
Der allergrößte Teil geht in den Klausuren baden in den ersten 15 Monaten. Manche fallen in den Praktika durch, wo sie zum Beispiel bei der Kripo eine Vernehmung machen oder draußen eine Unfallaufnahme leiten.
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Ist das alles zu schwer oder ist das eine normale Durchfallquote, vor allem, wenn man viel mehr Menschen ausbildet?
Die Polizei hat die Einstellungsquote vor ein paar Jahren von 1000 auf mittlerweile 3000 erhöht. Da hat man natürlich ein demografisches Problem. Man kann ja nicht erwarten, dass bei so einer Erhöhung nur noch Einser-Kandidaten kommen. Es kommen viele schwächere Abiturienten und Fachabiturienten zu uns. Zum Teil liegen die Schwierigkeiten bei den jungen Leuten selbst. Manche fangen zu spät an zu lernen, ein kleiner Teil ist dem ganzen intellektuell nicht gewachsen. Die Klausuren sind anspruchsvoll. Aber die qualitativen Anforderungen werden jedem gerecht, der ein Abi geschafft hat. Viele fallen in juristischen Fächern durch, die einen großen Anteil bei uns haben.
Die GdP bemängelt unzureichende Ausbildungskapazitäten.
Durch die Zunahme haben wir ziemlich große Kurse, die individuelle Betreuung bleibt da ein bisschen auf der Strecke. Problematisch ist: Das Curriculum wird immer voller gestopft. Die jungen Leute müssen von Jahrgang zu Jahrgang mehr lernen. Plötzlich kommen die Drohnen in der Kriminalistik dazu oder die E-Scooter im Verkehrsrecht. Die Kompression des Stoffes wird höher. Da muss man ansetzen: Inhalte die nicht unbedingt gebraucht werden, müssen aussortiert werden. Sonst erwartet man ein Wunder.
Was geht bei den Praktika schief?
Da gibt es viele potenzielle Möglichkeiten. Im Kriminalkommissariat zum Beispiel soll man eigenverantwortlich eine Vernehmung durchführen. Wenn man dann die Belehrung des Zeugen vergisst, was elementar ist für die Verwertbarkeit der Aussage, ist man schnell raus.
Sie haben sich mal für einen jungen Mann stark gemacht, der nur wegen einer missglückten Tauchprüfung durchgefallen ist. Verlangt man doch insgesamt zu viel?
Die Anforderungen müssen für alle gleich sein. Ich habe nur die Sinnhaftigkeit der Prüfung an sich in Frage gestellt. Die Frage ist doch: Wo sich viele Jobs der Polizei nur noch im Büro abspielen, Cyberkriminalität, Kinderpornografie, Clankriminalität, da sollte man keine Leute wegschicken, die gute Noten haben, alle Prüfungen bestehen, aber nicht in der Lage sind, jemanden vom Grund der Ruhr zu bergen. Weil dieser Fall mit so geringer Häufigkeit eintritt, dass es eine Verschwendung ist, den jungen Mann ziehen zu lassen.
Aber brauchen wir nicht die Bestmöglichen gerade bei der Polizei?
Wenn jemand körperlich nicht olympiareif ist, aber sehr gut am PC, ist es bei einem leergefegten Auszubildungsmarkt ein Fehler, den in die Wüste zu schicken. Bisher haben wir noch den Einheitspolizisten, von dem alles erwartet wird. Das wird jetzt langsam aufgeweicht.
Haben Sie weitere Vorschläge, wie man die Durchfallquote womöglich verringert?
Ich bin noch im Diplomstudiengang ausgebildet worden für den gehobenen Dienst. Da war in einem Fach eine 5 zulässig bis in den Abschluss. Heute fliegen Leute raus, die überall gut sind, aber in einem Fach nicht. Ich würde mir wünschen, dass ein schwaches Fach erlaubt bleibt. Dadurch könnten wir mehr Leute retten, denn viele fallen in nur einem Fach durch.