Düsseldorf. Waffenscheine und Besitzkarten: In NRW gelten strenge Vorschriften. Warum besitzen viele mutmaßliche Extremisten eine Waffen-Erlaubnis?

In Nordrhein-Westfalen haben 216 mutmaßliche Extremisten eine Waffenerlaubnis. Nach Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) in NRW besitzen sogar 123 von ihnen einen kleinen Waffenschein – damit können sie Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen tragen. Der Großteil von ihnen (186) kommt aus dem rechtsextremen Spektrum, elf aus dem islamistischen. Die restlichen verteilen sich auf mutmaßliche Linksextremisten, ausländerbezogene Extremisten, z.B. die Grauen Wölfe, und andere. Wie sieht es mit den Regeln zum Waffenbesitz in Deutschland aus – und wie viele Waffen gibt es insgesamt in NRW?

351 Personen verloren in den letzten Jahren ihre Waffenerlaubnis

Immer wieder wird Waffenbesitzern ihre Erlaubnis entzogen: In den letzten Jahren waren es allein in NRW 351 Personen. Davon kommen 315 aus dem rechtsextremistischen Spektrum. Zuletzt hatte der Fall zweier AfD-Mitglieder aus NRW für Aufsehen gesorgt: Das Sportschützen-Paar aus Rommerkirchen im Rhein-Kreis Neuss muss über 200 Waffen aus ihrem Privatbesitz vernichten oder abgeben. Im Juni hatte das Verwaltungsgericht in Düsseldorf die beiden als „waffenrechtlich unzuverlässig“ eingestuft.

Mit der Begründung: Allein die Mitgliedschaft in einer Partei, bei der der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen besteht, lasse nach den geltenden strengen Maßstäben des Waffenrechts regelmäßig eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit vermuten. Der Verfassungsschutz führt die Partei als rechtsextremistischen Verdachtsfall. Der Ehemann (67), ein ehemaliger GSG-9-Polizist, hat Berufung angekündigt.

Wie viele Waffen sind in Deutschland und Nordrhein-Westfalen im Umlauf?

Einmal im Quartal veröffentlicht das Bundesverwaltungsamt die offiziellen Zahlen zum Waffenbesitz in Deutschland und den einzelnen Bundesländern. Differenziert wird zwischen den Waffen im Privatbesitz, den ausgestellten Genehmigungen und einzelnen, unverbauten Waffenteilen. Die aktuellen Zahlen sind vom 1. Quartal 2024. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Waffenbesitzer leicht gesunken, obwohl mehr kleine Waffenscheine ausgestellt wurden.

Für Sportschützen ist der Waffenbesitz an zahlreiche Bedingungen geknüpft

Auch für Sportschützen gelten besondere Regeln, die sie beim Besitz von Waffen beachten müssen. Alleine die Anmeldung in einem Verein genügt nicht. Vielmehr schreibt das Waffengesetz vor, dass Sportschützen eine Bescheinigung des Verbandes über ihre Tätigkeit im Verein vorlegen müssen. Daraus muss hervorgehen, „dass das Mitglied seit mindestens zwölf Monaten den Schießsport in einem Verein mit erlaubnispflichtigen Schusswaffen betreibt“.

Eine Rolle spielt auch, wie regelmäßig der Sportschütze im Verein aktiv ist. Um das nachzuweisen, gibt es zwei Möglichkeiten: Der Schütze muss in jedem Monat der zwölf-monatigen Mitgliedschaft im Verein mindestens einmal den Schießsport ausgeübt haben oder dies im selben Zeitraum insgesamt 18 Mal, aber nicht monatlich, getan haben. Die Waffe muss für die entsprechende Sportdisziplin zugelassen sowie erforderlich sein und den Anforderungen des Schießsportverbandes entsprechen.

AfD-Ehepaar besitzt über 200 Waffen – mit welcher Genehmigung?

Zum Zeitpunkt der Anklage im Juni 2023 besaß der Ehemann insgesamt 197 Waffen. Sie waren in 16 verschiedenen Waffenbesitzkarten eingetragen. Darunter befanden sich unter anderem Repetiergewehre, halbautomatische Pistolen, zwei halbautomatische Sport- oder Jagdgewehre und ein Revolver. Der Mann habe eine Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Munition, einen kleinen Waffenschein, einen Munitionserwerbsschein und eine Anzeigenbescheinigung für Magazine, heißt es im Urteil des VG.

Welche Waffen die Ehefrau besitzt, geht nicht aus dem Urteil des VG hervor. Dennoch verfügt sie über eine Waffenbesitzkarte als Sammlerin, einen Standard-Waffenbesitzkarte sowie eine Sportschützen-Waffenbesitzkarte mit Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Munition sowie einen Munitionserwerbsschein. Damit ist der Besitz der Waffen, sowohl des Mannes als auch der Frau, grundsätzlich legal.

Was sind die Bedingungen für den Waffenbesitz in Deutschland?

Nach Angaben des Bundeskriminalamtes ist der Waffenbesitz grundsätzlich an vier Bedingungen geknüpft:

  • Um einen Antrag stellen zu können, muss die Person mindestens 18 Jahre alt sein.
  • Die Person muss die waffenrechtliche Zuverlässigkeit besitzen. Wer besipielsweise wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt ist, besitzt diese Zuverlässigkeit nicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Waffengesetz). Hinzu kommt, dass Antragstellende eine persönlich geeignet sein müssen, also nicht psychisch krank sind oder unter dem Einfluss von Alkohol oder Rauschmitteln stehen.
  • Gleichzeitig muss der sachgemäße Umgang mit Waffen, ferner die Sachkunde in Form einer Prüfung, nachgewiesen werden.
  • Zuletzt braucht es einen sachlichen Grund für den Erwerb und Besitz einer Waffe – beispielsweise als Sportschütze, Jäger oder als Waffensammler.
Der Waffenbesitz ist immer an konkrete Bedingungen geknüpft, unter anderem bei der Lagerung. (Symbolbild)
Der Waffenbesitz ist immer an konkrete Bedingungen geknüpft, unter anderem bei der Lagerung. (Symbolbild) © DPA Images | Friso Gentsch

Welche Genehmigungen für den Waffenbesitz gibt es und wie unterscheiden sie sich?

Insgesamt gibt es vier übergeordnete Genehmigungen, die den Besitz, die Herstellung oder den Handel von Waffen in Deutschland legitimieren. Sie sind im Waffengesetz (WaffG) geregelt, das seit April 2003 gilt:

  • Waffenbesitzkarte: „Die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Waffen wird durch eine Waffenbesitzkarte oder durch Eintragung in eine bereits vorhandene Waffenbesitzkarte erteilt“ (§ 10). Es wird unterschieden zwischen einer grünen, gelben und roten Waffenbesitzkarte (WBK). Wer eine WBK hat, darf die Waffen nicht in der Öffentlichkeit bei sich zu tragen.
    1. Die grüne WBK wird am häufigsten ausgestellt, denn sie berechtigt mehrere Gruppen zum Besitz einer Schusswaffe: Jäger, Schützen, aber auch Waffenerben. Die Anzahl der Waffen, die mit der grünen WBK besessen werden darf, ist auf wenige begrenzt.
    2. Die gelbe WBK ist ausschließlich für Sportschützen. Sie müssen nachweisen können, dass ihre Waffe für den Sport vom Verband zugelassen ist. Bis zu zehn Waffen dürfen Sportschützen mit der gelben WBK gleichzeitig in ihrem Besitz haben.
    3. Die rote WBK ist für Sammler und Fachleuchte, die sich mit Waffen professionell beschäftigen. Kann nachgewiesen werden, dass die Waffen Teil der, auf der WBK eingetragenen, Sammlung sind?
  • Kleiner und (großer) Waffenschein: Wer eine Schusswaffe bei sich tragen möchte, benötigt einen kleinen oder (großen) Waffenschein.
    1. Der kleine Waffenschein befähigt laut Gesetz dazu, Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen zu tragen.
    2. Dabei ist der „große“ Waffenschein nicht explizit im WaffG erwähnt. Er ist stattdessen unter dem Namen „Waffenschein“ geregelt. Wer diesen besitzt, darf bestimmte Schusswaffen mitführen.

      Allerdings wird der Waffenschein auf drei Jahre ausgestellt, höchstens zweimal um dieselbe Zeit verlängert und nur in Ausnahmefällen vergeben. Unter anderem könnten folgende Personen einen großen Waffenschein ausgestellt bekommen: Sicherheitspersonal, Mitarbeitende von Geldtransportunternehmen oder Personenschützer; Jäger; Sportschützen; Behördenmitarbeiter oder Personen, die erheblich gefährdet sind.

Wann ist der Waffenbesitz illegal?

Grundsätzlich ist der Waffenbesitz illegal, wenn nicht die entsprechende Genehmigung vorliegt. Wer einen kleinen Waffenschein hat, aber eine Schusswaffe mit sich führt, trägt diese illegal. Darüber hinaus gibt es Waffen, deren Besitz auch mit einem Waffenschein nicht legal sind.

Welche Strafen gibt es für illegalen Waffenbesitz?

Wie schwerwiegend illegaler Waffenbesitz ist, variiert je nach den Umständen des Einzelfalles. Folgende Strafen sind bei illegalem Besitz von Waffen möglich:

  • Geldstrafe: Wird eine Geldstrafe verhängt, können bis zu 10.000 Euro anfallen.
  • Freiheitsstrafe: In schwerwiegenden Fällen beträgt die Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre. Bei einer besonders schweren Tat kann eine Freiheitsstrafe allerdings auch bis zu zehn Jahren reichen.
  • Beschlagnahmung: Illegale Waffen können von den Behörden beschlagnahmt werden – ebenso wie Gegenstände, die mit dem illegalen Waffenbesitz in Verbindung stehen.
  • Widerruf der Waffenerlaubnis: Diese Strafe greift, wenn der Täter über eine illegal ausgestellte Waffenerlaubnis verfügt.

Lagerung von Waffen: Was müssen Besitzer beachten?

Für die Lagerung von Waffen gelten ebenfalls strenge Vorschriften. So müssen Waffenbesitzer nachweisen, dass sie ihre Waffen sicher aufbewahren, wofür ausdrücklich bestimmte Tresore notwendig sind. Zudem müssen sie den Behörden Zutritt zum Lagerraum gewähren – damit diese die Sicherheitsvorkehrungen prüfen können. Auch wird das „Grundrecht zur Unverletzlichkeit der Wohnung“ in Einzelfällen eingeschränkt, da die Wohnräume des Inhabers bei „dringender Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ sogar ohne Genehmigung betreten werden dürfen.

Lediglich Personen mit der entsprechenden waffenrechtlichen Erlaubnis dürfen Zugriff auf den Waffenschrank haben. (Symbolbild)
Lediglich Personen mit der entsprechenden waffenrechtlichen Erlaubnis dürfen Zugriff auf den Waffenschrank haben. (Symbolbild) © picture-alliance/ ZB | Patrick Pleul

Hinzu kommt: Die Waffen dürfen nur ungeladen gelagert sein. Ebenso muss sich der Waffenschrank an einem bewohnten Ort befinden, muss jedoch nicht mehr fest verankert sein – für Ausnahmen gelten besondere Sicherheitsvorkehrungen. Nicht jeder, der im Haushalt lebt, darf automatisch auch Zugang zum Waffenschrank haben. Minderjährigen ist der Zugang untersagt. Der Zugang ist Lebenspartnern nur erlaubt, wenn sie die entsprechenden Genehmigungen für die Waffen besitzen. Ansonsten ist der Waffenbesitzer die einzige Person, die den Waffenschrank öffnen und Zugriff auf den Schlüssel haben darf.

Wie wird der Waffenbesitz kontrolliert?

Kontrollen von Waffen kann die jeweilige Waffenbehörde unangekündigt durchführen. Waffenbesitzer sind dazu verpflichtet, die Behörden bei der „verdachtsunabhängigen Aufbewahrungskontrolle“ zu unterstützen. Ziel der Kontrolle ist es, die sichere Lagerung sowie die waffenrechtliche Zuverlässigkeit des Besitzers zu prüfen.