Essen. Viele junge Menschen haben bei der EU-Wahl für die AfD gestimmt. Auch Jakob (19) und Alexander (22) aus dem Ruhrgebiet. Hier erklären sie, warum.

  • Viele junge Menschen durften in diesem Jahr zum ersten Mal mitbestimmen, wer in der EU in Zukunft das Sagen hat – und viele von ihnen haben die AfD gewählt.
  • 16 Prozent der 16- bis 24-Jährigen in Deutschland haben der Partei bei der Europawahl 2024 ihre Stimme gegeben.
  • Hier erzählen Jakob (19) und Alexander (22) aus dem Ruhrgebiet, was sie an der AfD überzeugt hat. Da sie anonym bleiben wollten, haben wir ihre Namen geändert.

Jakob (19): „Ich fühle mich in Deutschland nicht mehr sicher“

„Ich bin selbst halber US-Amerikaner. Ich weiß, wie gefährlich die AfD ist und was hinter ihren Politikern steckt. Ich finde es überhaupt nicht gut, dass sie zum Beispiel die Frauenrechte einschränken wollen. Trotzdem habe ich die AfD gewählt – und zwar aus einem einfachen Grund: Ich fühle mich in Deutschland nicht mehr sicher.

Ich habe Angst, rauszugehen, weil ich denke, dass ich nicht mehr nach Hause kommen könnte. Ich habe Angst vor Messerangriffen. Die Flüchtlingsproblematik nimmt aus meiner Sicht weiter Fahrt auf. Unserer Wirtschaft geht es nicht gut. Und die Ampel unterstützt die Ukraine, was mir auch verdammt große Sorgen macht, weil Putin Westeuropa angreifen könnte.

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Die anderen Parteien sehen die Probleme teilweise. Aber es passiert trotzdem nichts. Die Ampel hat aus meiner Sicht versagt. Niemand sollte sich wundern, dass die AfD jetzt so stark ist und sich in ganz Europa rechte Parteien ausbreiten. Die Bürgerinnen und Bürger haben die Faxen dicke.

Allerdings habe ich für mich auch entschieden, dass ich bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr nicht die AfD wählen werde. Denn viele ihrer Pläne machen mir wiederum auch Angst.“

Alexander (22): „Ich habe die AfD aus Protest gewählt“

„Ich habe die AfD aus Protest gewählt. Ich bin echt unzufrieden mit der aktuellen Politik. Ich habe das Gefühl, dass die Parteien, die gerade regieren, ein Problem damit haben, Entscheidungen zu treffen.

Das sieht man zum Beispiel bei der Cannabis-Legalisierung. Jetzt ist Cannabis zwar zum Teil legalisiert, aber mit so vielen Auflagen, dass sich für Polizei und Gerichte, die ja entlastet werden sollte, eigentlich gar nichts ändert. Die Parteien in der Ampel wollen es immer allen recht machen und am Ende kommt nie etwas Konsequentes dabei rum.

Ich selbst merke zum Beispiel auch die gestiegenen Kosten sehr. Ich mache noch eine Ausbildung und muss mich finanziell echt einschränken. Das ist wirklich schwer.

Ich bin aber auch kein Superfan der AfD. Ich sehe auf Instagram zwar ab und an Videos, die ich richtig gut und interessant finde. Aber die EU zu verlassen, wäre zum Beispiel definitiv verkehrt. Es wäre auch der falsche Weg, wenn wir uns jetzt Russland wieder annähern würden. Und ich finde es zwar richtig, wenn konsequenter abgeschoben würde, aber nicht in jedem Fall. In meiner Firma arbeitet zum Beispiel einer, der super integriert und motiviert ist. Und trotzdem droht ihm immer wieder die Abschiebung. Das ist echt schade.

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Insgesamt ist mir die AfD einfach zu radikal. Wäre sie alleine an der Macht, könnte ich mir vorstellen, dass es nach hinten losgehen könnte. Warum ich dann nicht einfach die CDU gewählt habe? Auch wenn ich die AfD wähle, bin ich für Gleichberechtigung. Und die sehe ich bei der CDU nicht. Das ist immer noch die Partei der alten, weißen Männer und alten Werte, da ist wenig Modernes.

Bei der Europawahl konnte ich mir ja sicher sein, dass die AfD nicht allein entscheiden und es immer einen Gegenpol geben wird. Ich wollte die Chance nutzen, um den anderen Parteien in Deutschland einen Denkzettel zu verpassen.“

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