Essen./Gelsenkirchen. Er habe die Trennung nicht akzeptiert und deshalb seine Frau vergewaltigt, sagt die Anklage. Jetzt steht er vor Gericht.
Nicht einmal von gerichtlichen Anordnungen ließ Okan U. sich stoppen, heißt es am Donnerstag vor der VII. Essener Strafkammer in der Anklage gegen einen Gelsenkirchener. Der 37-Jährige aus der Altstadt habe es nicht verwinden können, dass seine Frau sich von ihm getrennt hatte. Deshalb soll er sie misshandelt und vergewaltigt haben - auch vor den Augen der Kinder.
Fünf Anklagen sind es, die Staatsanwältin Laura Zdarta vorliest. Sie betreffen Delikte, die sich im Laufe eines Jahres angesammelt hatten, bevor die Justiz sie zu einem großen Verfahren verbunden hat. Okan U. hat sich zu den Vorwürfen bislang nicht geäußert. Auch am Donnerstag kommt es zu keiner Aussage, lediglich zu seinem Lebenslauf macht er Angaben. Er will sich aber noch an einem späteren Verhandlungstag äußern, kündigt sein Verteidiger Heinz-Walter Lindemann an.
Seit 4. Mai in Untersuchungshaft
Der gravierendste Vorfall geschah am 4. Mai und brachte den 37-Jährigen in die Untersuchungshaft. Obwohl ihm gerichtlich jeder Kontakt untersagt war, betrat er am frühen Morgen gegen vier Uhr die Wohnung seiner Ehefrau, die am Rande der Innenstadt liegt.
Er ging ins Schlafzimmer, wo seine Frau mit zwei der insgesamt vier Kinder schlief. Doch diese Konstellation soll ihn nicht abgeschreckt haben. Unvermittelt habe er ihr ein 30 Zentimeter langes Fleischermesser an den Hals gehalten. Er machte deutlich, was er vorhatte, glaubt die Anklage: "Es ist jetzt Schluss. Du wirst sterben."
Mit dem Messer am Hals verletzt
Danach soll er sie mit dem Messer am Hals verletzt und mit der freien Hand auf sie eingeschlagen haben. Sie wehrte sich, griff zur Abwehr sogar in die Klinge. Zwischenzeitlich soll einer der Schläge auch den fünfjährigen Sohn getroffen haben.
Nachbar zieht den Angeklagten weg
Es war nicht die erste Aktion in dieser Wohnung. So eilte ein Nachbar zu Hilfe. Er soll gesehen haben, wie Okan U. das Messer immer wieder bedrohlich in Richtung der Ehefrau schwang. Und dazu habe der Angeklagte gerufen: "Es ist dein Ende. Ich bringe dich um. Ich werde es machen." Und zum Nachbarn: "Lass es, misch dich nicht ein."
Doch dieser ließ sich nicht einschüchtern, soll den Angeklagten weggezogen haben. Plötzlich soll aber er der Angegriffene gewesen sein. Doch der Nachbar soll sich hinter eine Tür gerettet haben. Als er drohte, jetzt selbst ein Messer zu holen, ließ der Angeklagte seinen Plan fallen und flüchtete.
Oberflächliche Schnittverletzungen
Die beiden Kinder, fünf und zwei Jahre alt, hätten während der Attacken ängstlich an der Seite der Mutter im Bett gesessen. Die Frau erlitt zum Glück nur oberflächliche Schnittverletzungen.
In einem weiteren Anklagepunkt wirft die Anklage Okan U. die Vergewaltigung seiner Ehefrau vor. Anfang Juli 2020, damals schliefen sie getrennt in der ehemals gemeinsamen Wohnung, soll er sie nachts im Badezimmer überrumpelt und vergewaltigt haben. Aus Angst, dass eines der Kinder etwas mitbekommt, soll sie ihre Abwehr früh eingestellt haben.
Mit Hosengürtel gewürgt
Wenige Wochen später soll er vor der Wohnungstür derart laut randaliert haben, dass sie ihn einließ. Sie soll ihn angeschrien haben: "Was willst du denn?" Er habe doch schon alles mit ihr gemacht, außer sie zu töten. Darauf soll er seinen Gürtel aus der Hose gezogen und sie gewürgt haben. Auf ihr Schreien hin alarmierte eine Nachbarin die Polizei. Die Beamten kamen, doch die Frau soll aus Scham die Attacke verschwiegen haben.
Weitere Anklagepunkte betreffen Beleidigungen, auch gegenüber Polizeibeamten, Bedrohungen und Misshandlung von Schutzbefohlenen. Die Strafkammer hat vier weitere Prozesstage angesetzt, um die Vorwürfe zu klären.