Ruhrgebiet. Die Polizei in Essen und in Oberhausen sucht neue Präsidien. Menschen fürchten um die Sicherheit - und Oberhausen hat noch eine Sorge mehr.
Anfang September 2021 eröffnet in der Innenstadt von Oberhausen eine Anlaufstelle für Sicherheit. Der städtische Ordnungsdienst ist hier ebenso ansprechbar wie zwei Polizisten und Polizistinnen, jedenfalls an Werktagen und stundenweise. Zu diesem Durchbruch gibt es natürlich die angemessen großen Worte.
Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) spricht davon, die Anlaufstelle stärke das Sicherheitsgefühl. Und Polizeipräsident Alexander Dierselhuis sieht Sicherheit und Ordnung verbessert durch „mehr Präsenz im Quartier“. Vier Monate später wird, weil jemand zufällig eine Ausschreibung sieht, bekannt: Die Polizei verlässt das 487 Meter entfernte Präsidium am zentralen „Friedensplatz“ (wie hübsch). Mit anderen Worten: rund 400 Polizisten weniger präsent Quartier.
Nach Jahren der Sanierung entdeckt: Präsidium ist einfach zu klein
Seitdem schlägt die Nachricht in Oberhausen und darüber hinaus entschieden Wellen. Denn das 95 Jahre alte, sehr ansehnliche Backsteingebäude wird seit fast zehn Jahren für die Polizei saniert - und jetzt stellt sie fest, es ist zu klein, zu alt und verkommen. „Wirtschaftlich und polizeifachlich ungeeignet“, wie der Polizeipräsident entdeckt hat.
Leitstelle, Gewahrsam, Wache, alles weg. Viele Oberhausener befürchten, die Polizei verlasse die Innenstadt, auch auf Kosten der Sicherheit in der Innenstadt. Das muss aber nicht so sein: In Bochum verschwand die große, doch leider marode Wache am Bermuda-Dreieck schon vor Jahrzehnten ohne merkliche Folgen; und auch in der aufgeregten Millionenstadt Köln ist das Präsidium weit draußen vor der Stadt.
„Nichts zu tun mit Bürgernähe und dem Gefühl von Sicherheit“
Das hat aber an der Polizeidichte nichts geändert, sagt der Kölner Polizeisprecher Christoph Gilles. Denn in der Innenstadt sei eine neue Wache entstanden, als das Präsidium fort zog. Ein Umzug ändere nichts an dieser Dichte: „Die Streifenwagen fahren durch ihre Bezirke.“
15 Kilometer südlich von Oberhausen, in der Nachbarstadt Essen, läuft praktisch dieselbe Debatte zugleich. Dort hat die Polizei schon im Herbst angekündigt, ihr ebenfalls sehr ansehnliches und ebenfalls veraltetes Präsidium zu verlassen. Sie zieht es vom innenstadtnahen Ausgehviertel Rüttenscheid ausdrücklich in den Essener Süden, und auch hier ist jetzt die Rede davon, die Polizei entferne sich aus der Stadt. Der Beschluss habe „nichts zu tun mit Bürgernähe und dem subjektiven Gefühl von Sicherheit“, sagt etwa der FDP-Ratsherr Hans-Peter Schöneweiß.
Das Präsidium Mülheim wurde schon 2007 mit Essen wiedervereinigt
In beiden Fällen laufen nun europaweite Ausschreibungen, wonach Projektentwickler ein bestehendes Gebäude zu einem modernen großen Präsidium umbauen oder ein solches gleich neu bauen sollen. Zumindest für Oberhausen gibt es auch eine Kostenschätzung: über eine mittlere zweistellige Millionensumme. Und so schleicht der Verdacht durch die Stadt, man könne sein Präsidium bei der Gelegenheit gleich ganz verlieren.
Der Gedanke liegt ja auch nah: Wenn zwei parallele Behörden in zwei Nachbarstädten zugleich neue Zentralen bauen, kann schon mal jemand in Düsseldorf auf die Idee kommen, daraus eine einzige Zentrale zu machen. Das Präsidium in Mülheim ist schon 2007 mit Essen wiedervereinigt worden, und auch das Oberhausener Präsidium ist eine Abspaltung von Essen.
Skizzen zeigen ein elfstöckiges Hochhaus am Rande der Innenstadt
Es entstand im Krisenjahr 1922, und damals war weit mehr Gewalt, Kriminalität und Aufruhr bis zur Nähe eines Bürgerkrieges unterwegs als heute. Doch die mögliche Rückverlegung wird entschieden bestritten. 2025 soll die Polizei Oberhausen ein neues Präsidium beziehen, 2026 die Essener. Niemand hat die Absicht, kein Präsidium zu bauen.
Zur Sicherheit hat Oberbürgermeister Schranz von einem Parteifreund und Architekten schon rasch ein paar Skizzen zeichnen lassen. Es zeigt in der ungefähren Gestalt eines elfstöckigen Hochhauses ein neues Polizeipräsidium am Rande der Oberhausener Innenstadt. Zeichen zu setzen ist ja so wichtig.