Düsseldorf. Der Ferienstart liefert seltenen Service beim Fliegen: Wartezeiten, Platz und Aufmerksamkeit sind top, die Lage am Flughafen ist überschaubar.

Stell dir vor, es ist Ferienstart – und keiner geht hin. Oder fast keiner, Faruk Baş (57) steht ja schon seit vier Uhr am Flughafen Düsseldorf, und hat durch diesen brachialen Einsatz von Arbeitszeit mit seinem Taxi die Pole-Position ergattert. An diesem Freitag warten endlich mal wieder rund 30 Kollegen auf Gäste, statt drei wie an „normalen“ Corona-Tagen. Alle, vom Taxifahrer bis zum Flugbegleiter hoffen, dass die Ferien eine Wende bringen. Aber es ist nun schon kurz nach 9 Uhr, in anderen Jahren wäre bereits Hochbetrieb, diesmal ist der Ferienstart: gespenstisch.

Dubai und Gran Canaria preisen die Plakate, doch direkt kommt man heute gar nicht hin. Von den 56 Abflügen geht etwa ein Drittel in die Türkei, zehn Flieger steuern deutsche Ziele an und nur vier Palma de Mallorca, der Rest sind europäische Städte von Wien und Mailand über Stockholm bis Manchester – Touris dürfte es jedoch kaum nach England ziehen: Welcome to zwei Wochen Quarantäne.


Familie Lawson muss nicht in die Quarantäne, wenn sie zum Heimaturlaub nach Ohio aufbricht – über Amsterdam. „Das war für uns wichtig“, sagt Mutter Kirsten (45). „Und wir haben uns natürlich genau darüber informiert, wie hoch das Risiko vor Ort eingeschätzt wird.“ Sie arbeitet in Krefeld, ihre Söhne besuchen die internationale Schule. „Die Reise bedeutet natürlich trotzdem einen gewissen Stress“, sagt Parker (16).

Die Aufkleber vor den Check-ins werden noch mal erneuert – zu einer Zeit, da normalerweise Hochbetrieb herrschen würde.
Die Aufkleber vor den Check-ins werden noch mal erneuert – zu einer Zeit, da normalerweise Hochbetrieb herrschen würde. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich


Und er meint nicht die übliche Flughafenhektik, denn obwohl Eurowings gerade nur zwei Schalter geöffnet hat, gibt es faktisch keine Schlangen. Ja, ein paar Flughafenangestellte erneuern ausgerechnet jetzt die Klebefolien mit den Warnhinweisen vor den Check-ins, wo normalerweise der touristische Bär steppen würde.

Wartezeiten gibt es kaum

Entspechend rasch geht es durch die Zugangskontrollen. Zu Gate A, B und C kommen Reisende in weniger als fünf Minuten, zeigt die digitale Tafel. Dabei ist Jannis Braun (44) mit seiner Familie „extra früher von Köln losgefahren“, ins Ferienhaus bei Thessaloniki führt die Reise. „Aber so schnell war ich noch nie in Düsseldorf.“

Tatsächlich ist der Vormittag weitgehend staufrei. Natürlich haben viele Kinder da noch Zeugnisausgabe, aber auch die haben viele Schulen coronabedingt entzerrt. Jannis Brauns 16-jährige Tochter zum Beispiel hat am Dienstag ihr Zeugnis bekommen. „Hätte ich das eher gewusst, hätten wir schon am Mittwoch fliegen können.“ Aber den Ferienstart meiden, das ist ein guter Rat, den man nun ausnahmsweise ignorieren darf. (Viele Reisende, die wir fragen, haben von den Ferien ohnehin nichts mitbekommen.) Auch Herr Braun ist darum nicht unglücklich mit dem Reisetag, blickt sich um und sagt: „Leer ist gut.“


Fahren nun alle mit dem Auto? Erst gegen 14 Uhr zeigt der ADAC-Routenplaner einige nennenswerte Verzögerungen. Essen – München: 40 Minuten. An die deutsche Nordseeküste: 35 Minuten und an die holländische 11 Minuten. Richtung Berlin zwar 30 Minuten, aber nach Paris kann man durchrauschen. Das ist milde verglichen mit den Vorjahren.

Nur ein Achtel der Flüge

Parker Lawson (16) fliegt mit der Familie über die Ferien heim nach Ohio.
Parker Lawson (16) fliegt mit der Familie über die Ferien heim nach Ohio. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich


Auch der Flughafen füllt sich etwas gegen Mittag, da steigert sich die Flugfrequenz – auf bescheidenem Niveau. Wo im vergangenen Jahr etwa 680 Ankünfte und Abflüge am letzten Schultag bewältigt wurden, sind es heuer nur 80. Die Passagierzahlen lagen im Vorjahr bei 85.000, aktuelle gibt es noch nicht – doch das Fluggastaufkommen dürfte deutlich stärker geschrumpft sein als das der Flüge. Der Flughafen will im Laufe der Ferien den Betrieb hochfahren auf 250 Flüge – so es das Virus zulässt.

Dieses Ziel hat auch Eurowings, die größte Airline vor Ort: von 2000 Flügen im Juni will sie auf 6000 im Juli kommen. Gerade die Mittelmeerziele, etwa Spanien und Sizilien, seien „sehr gut gebucht“, sagt Sprecher Florian Gränzdörffer, ohne Zahlen zu nennen. Denn die Situation sei weiterhin „hochdynamisch“: Stornos, Umbuchen, Nichterscheinen.

Wer jedoch an diesem Freitag abhebt, der kann sich über Wartezeiten, Platzangebot und Aufmerksamkeit kaum beschweren.