Essen/Dortmund/Bochum/Duisburg. Restaurants dicht, Geschäfte fast komplett geschlossen, alle Weihnachtsmärkte abgesagt. Für Taxi-Unternehmer wird die Lage immer schlimmer.
Taxiunternehmer sind die übersehenen Notleidenden der Coronakrise. Im Ruhrgebiet ist das nicht anders. „Ich sag’ immer, wir sind Gottes vergessene Kinder“, betont Frank Wittig, Geschäftsführer der Taxi-Funktaxi-Zentrale Duisburg. Denn obwohl das ohnehin nicht besonders gut laufende Geschäft der letzten Monate im zweiten Lockdown nahezu komplett zusammengebrochen ist, fallen die Taxiunternehmer zwischen alle Hilfsprogramme. Die ersten geben ihre Lizenzen bereits zurück oder lassen sie zumindest ruhen.
450 der insgesamt 580 Dortmunder Taxen fahren in der Vereinigung „Dortmund Taxi“. „Zurzeit“, sagt Geschäftsführer Dieter Zillman, „haben wir vielleicht 20-30 Prozent des normalen Fahrtenaufkommens für diese Jahreszeit.“ In den meisten anderen Städten des Reviers sieht es ähnlich aus.
In einer Nacht nur 145 Fahrten für 180 Wagen
„Katastrophal“, nennt Christian Weidmann, Geschäftsführer von Taxi Bochum die Lage deshalb auch. „Manchmal wartet man drei Stunden auf eine Fahrt.“ Wittig kann das noch toppen. 180 Wagen sind nachts in Duisburg auf der Straße. Neulich gab es 145 Fahrten zwischen Abenddämmerung und Morgengrauen. „Wenn Sie Pech haben, kriegen sie in so einer Nacht gar nichts.“
Dabei sind die Reserven bei vielen längst aufgebracht, denn selbst im Sommer war das Geschäft verhalten. Messen und Kongresse abgesagt, Flug- und Bahnverkehr zurückgefahren, da bleibt nicht mehr viel. „Zwischen dem 1. April und dem 1. November“, hat Wittig für die Taxi-Funktaxi-Zentrale neulich mal Bilanz gezogen, „hatten wir im Vergleich zum Vorjahr rund 200.000 Fahrten weniger.“ Da überrascht es nicht, dass in den letzten Wochen die ersten fünf Unternehmer ihre Lizenz zurückgegeben haben. Wittig ist sich sicher: „Es werden noch einige folgen.“
„Krankenfahrten halten uns am Leben“
„Die ist dann weg, die kriegen sie nicht so einfach zurück“, weiß Zillmann. In der Dortmunder Vereinigung hat es seines Wissens deshalb noch keine Rückgaben gegeben. Viele, mutmaßen Branchenkenner, hätten auf die Weihnachtszeit gehofft. Es war vergebens.
Restaurants und Clubs dicht, Geschäfte fast komplett geschlossen, alle Weihnachtsmärkte abgesagt. „In die Fußgängerzone brauchen sie sich gar nicht mehr hinzustellen“, sagt Wittig. „Da steigt niemand mehr ein.“ Und nach Einbruch der Dunkelheit bricht das Geschäft auch an anderen Standorten ein. „Ab 18 Uhr können sie als Fahrer auch wandern gehen“, hat Michael Rosmanek , Geschäftsführer von Taxi Essen festgestellt.
„Vielleicht geht zu den Feiertagen ja doch ein bisschen was“, hofft Dieter Zillmann. Das würde auch Michael Rosmanek freuen, er glaubt aber nicht dran. „Bei den strengen Regeln keine Chance.“
Die Wagen müssen zur Verfügung gestellt werden
Deshalb rechnet er zwar nicht mit Lizenzrückgaben aber mit vielen „Konzessionsstilllegungen“, bei dem die Lizenz für einige Zeit ruht. Etwa 50 hat es laut Rosmanek davon während des ersten Lockdowns im Frühjahr gegeben. „Das könnte sich jetzt wiederholen.“
Die Alternative, ihre Taxen einfach zu parken und auf bessere Zeiten zu hoffen, gibt es für die Unternehmer nämlich nicht. Laut Personenbeförderungsgesetz sind sie verpflichtet, die Wagen dem öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung zu stellen – ganz egal, was kommt. Weil der Betrieb weiterläuft – wenn auch zwangsweise – kommen sie bisher auch nicht in den Genuss der „Novemberhilfe“. Und die im Frühjahr gewährte Soforthilfe hat nach Einschätzung der meisten Unternehmer „auch nicht viel genutzt“. Krankenversicherung, Leasing- oder Kreditraten, „das durften wir davon ja alles nicht bezahlen.“
Letzter Strohhalm in allen Städten sind die Krankenfahrten. „Ein sicheres Geschäft“, nennt sie der Essener, was sein Bochumer Kollege Christian Weidmann nur bestätigt. „Die halten uns am Leben.“ Zumindest kurzfristig.
Wunsch nach ähnlichen Hilfen wie für die Gastronomie
Das allein werde allerdings nicht reichen, sind sich die Unternehmer einig und wünschen sich ähnliche staatliche Hilfen, wie die Gastronomie sie bekommt – also 75 Prozent des Umsatzes von den Wintermonaten des Vorjahres. Ohne Unterstützung, warnt der Bundesverband Taxi und Mietwagen, könnten bis Ende des nächsten Jahres 12.000 Taxiunternehmen insolvent sein – knapp ein Viertel aller deutschen Unternehmen. Damit würden rund 80.000 Arbeitsplätze wegfallen.
Frank Wittig macht noch auf ein anderes Problem aufmerksam. Lange Wartezeiten, kaum Trinkgeld, dafür trotz Maskenpflicht und Trennscheiben eine große Angst vor Corona – „die ersten Fahrer haben schon gekündigt“. Und neue kommen nicht nach. „Manchen Betrieben gehen die Leute aus.“ Zumal sich der Trend nach Wittigs Einschätzung so schnell nicht ändern wird. „Wer will in dieser Zeit schon Taxifahrer werden, wenn er nicht muss.“