Essen/Gelsenkirchen. Zehntausende Menschen wollen über Ostern nach Mallorca. Was aber, wenn die Insel doch wieder zum Risikogebiet erklärt wird.

Eigentlich schien die Sache klar. Ostern gibt es Urlaub auf Mallorca. Kaum noch einen Platz im Flieger, gut besucht die Hotels, die auf der Insel bereits geöffnet haben – so sollte es sein. Mittlerweile aber herrscht Sorge bei Reiseunternehmen und Reisenden. Was, wenn die Insel in den kommenden Tagen wieder zum Risikogebiet erklärt wird?

Der Deutsche Reiseverband (DRV) und der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) haben vorsorglich schon einmal einen Brief an die Ministerpräsidentenkonferenz und das Bundeskanzleramt geschrieben. Weil sie ahnen, dass das Thema sie noch länger beschäftigen wird.

Reiseverband spricht von „Unverhältnismäßigkeit

Den Mallorca-Urlaub über Ostern wegen der Corona-Pandemie nachträglich wieder durch Testpflicht und Quarantäne zu erschweren, sei „unverhältnismäßig“, heißt es in dem Schreiben. Der angedachte Beschluss ziele offenkundig darauf ab, Osterreisen nach Mallorca zu verhindern, obwohl die Insel und die Reise dorthin sicher seien.

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Denn die Inzidenzen auf Mallorca seien niedrig, die Regeln aber streng. Maskenpflicht selbst am Strand, kein Alkohol in der Öffentlichkeit, Ausgangssperre ab 22 Uhr. Und wer hineinwolle ins Land, der müsse vor dem Gang in den Flieger erst einmal einen negativen PCR-Test vorlegen.

Quarantänepflicht hätte große Folgen für Touristen

Ob das alles reicht, um die Balearen in den kommenden Tagen vor der Rückstufung zum Risikogebiet zu bewahren, ist dennoch nicht sicher. Immer eindringlicher werden die Warnungen der Mediziner vor Mutationen des Virus, immer lauter die Beschwerden der deutschen Hoteliers.

Noch ist es leer an Mallorcas Stränden. Das könnte sich über Ostern ändern
Noch ist es leer an Mallorcas Stränden. Das könnte sich über Ostern ändern © dpa | John-Patrick Morarescu

Sollte es nach dem Urlaub tatsächlich wieder Testpflicht, vor allem aber Quarantäneanordnungen geben, hätte das nicht nur Auswirkungen auf Reiseveranstalter und Luftfahrtgesellschaften, sondern auch auf die Touristen selbst. „Das beginnt schon beim Reiserecht“, sagt der Gelsenkirchener Rechtsanwalt Arndt Kempgens.

Kostenfreie Stornierungen wird es kaum noch geben

Wer aus Sorge seine Reise über die Feiertage absagen möchte, wird – Risikogebiet oder nicht – zumindest einen Teil zahlen. „Auf kostenfreie Stornierungen wie im vergangenen Jahr werden sich die Reiseveranstalter wohl nicht mehr einlassen“, sagt der Jurist. Nach einem Jahr Pandemie, sagt er weiter, hätten Reisewillige wissen müssen, dass sich eine Situation schnell verschärfen kann. Genau wie ihnen klar sein müsste, dass sie am Urlaubsort mit zahlreichen Einschränkungen zu rechnen hätten. „Das kommt ja alles nicht überraschend.“

Arbeitsrechtlich ist so eine Reise auch nicht ganz unproblematisch. „Wer gebucht hat, als sein Ziel kein Risikogebiet war und nach der Rückreise dennoch in Quarantäne muss, weil die Regeln sich verändert haben, hat nichts zu befürchten. Der Arbeitgeber muss weiter zahlen“, erklärt der Anwalt.

Kein Bestandsschutz für Buchungen

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Urlauber, denen Reisewarnungen und Risikogebiet egal sind, können allerdings in Schwierigkeiten kommen. Wer ein Ziel buche, obwohl es schon Risikogebiet sei und anschließend nicht pünktlich die Arbeit aufnehmen könne, weil er in Quarantäne müsse, dem drohe eine Abmahnung, wenn nicht gar Kündigung, warnt Kempgens.

Völlig unklar ist, wie durchsetzbar eine neue Quarantäneanordnung für Mallorca-Rückkehrer ist, so lange die Inzidenzen auf der Insel unten bleiben. „Grundsätzlich“, sagt der Anwalt, „muss sich natürlich jeder an so eine Anordnung halten, egal, wann er gebucht hat“. Denn Bestandsschutz gibt es für Buchungen nicht „Man kann sich nicht darauf verlassen, dass sich während der Reise nichts ändert.“

OVG Münster setzte Quarantäneordnung außer Kraft

Andererseits hat das Oberverwaltungsgericht Münster die Quarantäneordnung für einen Rückkehrer von Ibiza im November 2020 außer Kraft gesetzt, weil die Infektionszahlen dort niedriger lagen, als in Bielefeld, der Heimat des Klägers. „Eine Einzelfall-Entscheidung“, sagt Kempgens. Die NRW-Regierung hatte damals dennoch die komplette Einreisverordnung außer Kraft gesetzt. Für den Experten nicht überraschend. „Die Richter hätten im nächsten Fall ja nicht anders entschieden.“

Nur mit der Inzidenz allein dürfte sich allerdings auch zu Ostern keine Quarantäne rechtfertigen lassen. „So eine Anordnung muss anders begründet sein.“ Und sie muss gut begründet sein. „Irgendjemand wird wieder klagen“, glaubt Kempgens. „Am Ende werden dann wohl wieder die Gerichte das letzte Wort haben.“