Düsseldorf. Schulministerin Gebauer stellt ihre Pläne für den Unterrichtsbeginn am 18. August vor - bei wieder deutlich steigenden Corona-Infektionen.
Wenn am 18. August die Schulen in NRW wieder den Betrieb aufnehmen, wünscht sich die oberste Dienstherrin trotz wieder rasch ansteigender Corona-Infektionszahlen „größtmögliche Normalität“. Wie sich Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) das im Einzelnen vorstellt, hat sie am Freitag dargelegt. Kritik ließ nicht lange auf sich warten.
Präsenzunterricht: NRW startet am 18. August in jedem Fall mit Präsenzunterricht für alle Klassen und Schulformen. Maskenpflicht in Innenräumen, zweimal Testen pro Woche und regelmäßiges Lüften sollen die Infektionsgefahr mindern. Es gibt die Zusage aus Bund und Ländern, dass es solch ein chaotisches Schuljahr wie 2020/2021 nicht noch einmal geben soll. Allerdings: In NRW steigt die Inzidenz deutlich stärker als im Bundesschnitt. Das Robert-Koch-Institut sieht einen früheren und steileren Anstieg der Infektionskurve als im vorigen Sommer.
Impfen: Direkte Impfangebote gibt es nur an Berufskollegs. Dort lernen überwiegend Erwachsene, für die es eine Impfempfehlung gibt. Ansonsten sollen Eltern selbst entscheiden, ob sie ihre Kinder immunisieren lassen. Ein Vorteil: Geimpfte müssen nicht mehr an den Corona-Tests im Klassenraum teilnehmen. Der Verband „Lehrer NRW“ nennt die Zurückhaltung der Landesregierung bei Schüler-Impfangeboten unverständlich. Angesichts der Gefahren der Delta-Virusvariante für jüngere Menschen müssten unbürokratische Lösungen her. >>> Steigende Inzidenzen: Wie gefährlich wird die Delta-Welle?
Leistungsermittlung: Bis zu den Herbstferien wünscht sich die Schulministerin zunächst eine Phase des Ankommens und der individuellen „Ermittlung von Lernstandslagen“. Sprich: Die Lehrer sollen sich ein genaues Bild machen, wieviel Wissensrückstand einzelne Kinder in den langen Monaten des Distanz- und Wechselunterrichts aufgebaut haben.
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Einschulung: Einschulungsfeiern mit der Verwandtschaft der neuen Schulkinder sollen möglich sein. Es gibt dafür eine Maskenpflicht und die Empfehlung, nur Getestete, Geimpfte oder Genesene zuzulassen.
Klassenfahrten: Klassenfahrten und Wandertage sind wieder möglich und erwünscht, um die Gemeinschaft nach den monatelangen Wechselmodellen wieder zu stärken. Allerdings sollten die Schulen gerade bei Auslandsreisen eine „sorgfältige Risikoabwägung“ vornehmen.
Luftfilter: Die Landesregierung hatte den Kommunen 50 Millionen Euro für die Anschaffung von mobilen Luftfiltergeräten zur Verfügung gestellt, von denen jedoch nur 20 Millionen Euro abgerufen wurden. Jetzt ist ein neues Programm gemeinsam mit Bundesmitteln in Arbeit. Ausgerüstet werden dürfen aber nur Klassenräume, die sich nicht richtig lüften lassen. „Lehrer NRW“ nennt die Bemühungen, die Schulen sicher zu machen, „zaghaft“. Die SPD-Opposition im Landtag monierte fehlende Anstrengungen, auch außerschulische Räume für den Unterricht zu nutzen.
Quarantäne: Die Schulministerin hält die bisherigen Vorgaben des Robert-Koch-Instituts für überholt, im Fall der Infektion eines Schülers gleich die ganze Klasse in Quarantäne zu schicken. Wie das künftig gehandhabt werden sollte, ließ sie jedoch offen. Unklar ist auch, ob geimpfte Schüler ebenfalls in Quarantäne müssen.
>>> Quarantäne in NRW: So unterschiedlich kontrollieren Kommunen
Inzidenzwerte: Bislang richtete sich der Schulbetrieb nach den Inzidenzwerten, also der Anzahl der Corona-Neuinfektionen pro Woche und 100.000 Einwohner. Es gab Schwellen für Präsenz-, Wechsel- und Distanzunterricht. Gebauer hält das Modell für reformbedürftig, weil man sich angesichts des Impffortschritts, der Tests und obligatorischen Maskenpflicht nicht mehr allein an den Inzidenzwerten orientieren sollte.
Grünen-Schulexpertin Sigrid Beer sieht den Lernbetrieb in NRW ingesamt völlig unvorbereitet: „Die Schulen in NRW fragen sich zu Recht, warum Ministerin Gebauer die Sommerferien wieder nicht genutzt hat, um ihre Hausaufgaben für die Schulen zu machen.“
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