Dawson City. Einst Boomtown des kanadischen Goldrausches, später verkommen zu einer unbedeutenden Siedlung im nördlichen Yukon Territory: Dawson City. Auch wenn die goldenen Zeiten längst vorüber sind - die Deutsche Uta Reilly lebt seit 1978 gerne in der Stadt. Und Gold gibt es noch immer.
Es sind die Geschichten, die Dawson City am Leben halten. Geschichten aus den ersten Tagen des 20. Jahrhunderts, von Glücksrittern, die in der unbarmherzigen Wildnis Nordkanadas ihre goldene Zukunft suchten. Und die den Traum vom Reichtum noch immer träumten, als der Goldrausch im Yukon schon längst wieder vorüber war. Und dennoch: „Es gibt in dieser Gegend noch immer sehr viel Gold im Boden“, weiß Uta Reilly, die in Dawson City lebt.
Sie muss es wissen. 1944 im badischen Lahr geboren, verliebte sich die junge Kaufmannstochter früh in einen in der Region stationierten kanadischen Soldaten. Mit 22 zog das junge Paar nach Kanada – nicht nur zum Heiraten. Saskatoon, Edmonton, Ontario – die Städte und Regionen, in denen die kanadische Regierung Uta Reillys Ehemann nach dem Ende seiner Militärkarriere einsetzte, wurden auch zu Uta Reillys Heimat.
Seit 1978 heißt ihre Heimat nun Dawson City. Eine Boomtown in den ersten Tagen des vergangenen Jahrhunderts. Doch der Ruhm war vergänglich. Mitte der 1960er Jahre verkam Dawson City zu einer kleinen, unbedeutenden Siedlung im nördlichen Yukon Territory. In einer Provinz mit heute 34.000 Einwohnern, 19.000 Bären, fünf Stunden Tageslicht im Winter und zwölf Ampelanlagen auf einer Fläche fast so groß wie Spanien.
Wert des Goldes hat sich vervielfacht
„Ich war schon immer sehr unternehmungslustig. Daher hatte ich auch kein Problem damit, Deutschland zu verlassen“, erinnert sich Uta Reilly. Das Leben im Yukon mag hart sein, doch die Menschen im Norden Kanadas hat die gebürtigere Badenerin zu schätzen gelernt: „Wir sind leger hier oben. Der Gartenzaun interessiert uns nicht, denn jeder weiß, dass er irgendwann seinen Nachbarn auch mal wieder braucht.“
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Als am 3. Mai 1979 eine Flutwelle Dawson City heimsucht und große Teile der Stadt verwüstet, braucht jeder seinen Nachbarn. Uta Reilly hilft mit, als es um den Wiederaufbau geht. Sie findet Arbeit in einem kleinen Goldgeschäft gleich hinter dem neu errichteten Deich, im „Klondike Nugget and Ivory Shop“. Hier lernt sie, wie man das rohe Gold und das Elfenbein aus der Erde des Yukon zu Schmuck verarbeitet.
Uta Reilly ist die fünfte Eigentümerin des Shops seit 1904
Ende 1987 planen die Eigentümer des Shops, sich zur Ruhe zu setzen. Sie fragen Uta Reilly, ob sie das Geschäft fortführen möchte. Die gebürtige Deutsche sagt ja – und wird zur fünften Eigentümerin des Shops seit der Gründung 1904.
Heute ist sie eine Expertin in Sachen Gold, obwohl sie selbst nie geschürft hat: „Hier im Yukon darf Gold per Gesetz nur mit Wasser aus der Erde ausgewaschen werden, während andernorts auch Chemikalien eingesetzt werden“, erklärt Uta Reilly. Die Goldproduktion im Yukon-Gebiet liegt heute noch bei etwa einem Drittel der Produktion aus den 1980er Jahren. Und selbst die war bereits nur noch ein Bruchteil dessen, was im Boomjahr 1900 in Barren gegossen wurde. Der Wert des Goldes, das im Yukon gefördert und dann weiterverarbeitet wird, hat sich hingegen in den vergangenen Jahren vervielfacht. „Es ist hier heute immer noch möglich, eine Million und mehr in Gold aus der Erde zu holen“, weiß Uta Reilly. Doch hierzu ist viel Kapital nötig, und die meisten Claims rund um Dawson City sind heute nicht mehr in der Hand Einzelner, sondern in der von Familienbetrieben und Konzernen mit Dutzenden Mitarbeitern.
Die badische Heimatist nicht vergessen
Wo die besten Claims liegen, bleibt indes heute genauso geheim wie schon 1886 der Beginn des Goldrausches im Yukon-Gebiet. Zwei Jahre lang dauerte es seinerzeit, bis die Nachricht über die Goldfunde eine Invasion der Goldsucher gen Norden schwemmte. „Bis dahin waren aber natürlich die besten Claims vergeben“, schmunzelt Uta Reilly beim spannenden Blick in die Geschichtsbücher. Beim Blick auf die Inventursumme ihres Shops verfällt die Kaufmannstochter ins Schweigen. Das fällt klar unter das Geschäftsgeheimnis!
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In absehbarer Zeit möchte sich die 69-Jährige nun selbst auf die Suche nach einem Unternehmensnachfolger machen, und dann im Ruhestand beim Wandern mehr Zeit mit ihren beiden Hunden Maia und Kuna verbringen, die seit dem Tod ihres Mannes Uta Reillys Familie vor Ort in Dawson City bilden. Tochter Sandra lebt indes mit ihrem Ehemann und den beiden Enkelkindern in der Provinzhauptstadt Whitehorse, was für Uta Reilly nicht nur in der Weihnachtszeit ein ständiges Pendeln zur Folge hat.
In Lahr lebt keine Verwandtschaft mehr
In das Flugzeug nach Deutschland steigt die Wahl-Kanadierin mittlerweile aber nur noch, um den Pfälzer Zweig der Familie zu besuchen. „In Lahr habe ich mittlerweile leider niemanden mehr“, sagt sie mit leiser Stimme.
47 Jahre nachdem Uta Reilly ihre badische Heimat in Richtung Kanada verlassen hat, hat das Golden Girl vom Bonanza Creek ihre Kindheit und ihr Aufwachsen im badischen Lahr noch lange nicht vergessen.