Bad Salzuflen. Seit 100 Jahren fahren viele Deutsche nach Bad Salzuflen, um sich der heilenden Wirkung der Thermal-Bäder hinzugeben. Die Stadt im Teutoburger Wald hat sich in den letzten Jahren immer weiter entwickelt, ohne dabei die Vergangenheit zu vergessen. Heute ist das Kurbad ein modernes Wohlfühl-Ensemble.

Das Herrenhaus aus Nordindien verbreitet buddhistische Gelassenheit – und Cocktail-Flair. In Bad Salzuflen. Besitzer Christian Steffen zeigt sein hölzernes Schmuckstück gern, denn es transportiert eine ungewöhnliche Note in den 100 Jahre alten Kurort am Teutoburger Wald. „Ich habe auch noch altes Fleisch“, lacht er und präsentiert seinen Trockenschrank für Beef nebenan im Lokal. Während die Gäste auf Anti-Aging setzen, ist dies der erste Aging Room in Ostwestfalen-Lippe.

Über diesen Gegensatz muss Steffen lachen. Wenn er jetzt noch die neuen Suiten und das Restaurant mit dem passenden Namen „View“ zeigt, liefert er den Beweis: Nur das Besondere, das Eigene, das Unverwechselbare kann heute bei den Gästen im Kopf haften bleiben.

Der Gastronom wirft ein ganz neues Licht auf das Staatsbad in der ehemaligen Salzsiederstadt mit dem Soleheilbad, dem Erlebnis-Gradierwerk oder dem Zentrum gegen Stress aller Art sowie den Reha-Kliniken. Das beschauliche Städtchen am Naturpark eignet sich zum Abschalten, Durchatmen und zum Abtauchen in der weitläufigen VitaSolTherme. Gesichter wie das des Gastronomen Steffen stehen für das neue Bad Salzuflen und repräsentieren den Wandel vom traditionellen Kurbad in ein modernes Wohlfühl-Ensemble.

Eine besondere Note

Wenn Peter Hagemann, Betriebsleiter in der Thermenlandschaft, die einzelnen Becken und sieben Saunen sowie zwei Dampfbäder zeigt, entsteht im Kopf ein Bild aus einem Spektrum an Licht und Sprudeln. „Den tropischen Regenguss aus der sich farblich verändernden Wolke ist unser Markenzeichen“, betont er stolz. Das warme Thermalwasser, das Gefühl von Schwerelosigkeit und die Soleinhalation in einem Miniatur-Gradierwerk verleihen auch dieser Therme eine besondere Note.

Wo Walter Riester kachelte

Das Einzigartige hat auch Jörg Gruber im Blick. Der Herr über den Kurpark, der so groß ist, dass er lieber auf ein Elektro-Kart steigt, stoppt am Kräutergarten. „Hier, das ist französischer Estragon, schmeckt nach Lakritz und passt gut zu Fisch“, sagt der Gartenbaumeister. Thailändisches Zitronengras, Kraut der Unsterblichkeit oder Mönchspfeffer zeigt er noch.

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50.000 Gläschen Solewasser gehen jährlich über die Theke im Ausschank, obwohl sie nur gesund sind, aber nicht so gut schmecken. „Da hinten hat Walter Riester, der mit der Rente, seine ersten Kacheln als Fliesenleger verlegt“, erwähnt Gruber noch und düst mit seinem Kart davon. Er muss sich noch um 15.000 Stiefmütterchen und 46.000 Sommerblumen kümmern.

Die Menschen im Kurpark, der bei Befragungen immer wieder als größte und liebste Attraktion genannt wird – und das, obwohl er Eintritt kostet – ruhen. Sie liegen auf gemütlichen Liegen, sitzen in Strandkörben oder auf einem der riesengroßen Hochstühle. Daneben befindet sich der Leopoldstrudel. 1904 gebohrt, 534 Meter tief, 21,7 Grad warmes Thermalwasser. Der Tempel darüber ist das Wahrzeichen der Stadt. Es gibt noch viele weitere Quellen im Kurort. Die tiefste reicht 1018 Meter in die Tiefe.

Tresen mit Blick ins Grüne

Da, wo die Boote auszuleihen sind, liegt die Seeterrasse. Den Betrieb leitet Annett Petsche. Sie zeigt sich gern mit den lebensgroßen Figuren vor und im Haus und weist auf die auffällige Dekoration hin. Auch eine gemütliche Tresensitzreihe mit Blick ins Grüne gehört dazu. Die Inhalte der Speise- und Getränkekarte hat sie überarbeitet. „Mit Tanztee und ,draußen nur Kännchen’ können Sie heute nichts mehr ausrichten, das ist zum Glück vorbei“, beschreibt sie den Umbruch zur Moderne.

Zwar gibt es noch die Tradition, wozu ein Kurorchester gehört, eine Bahn, die „Paulinchen“ heißt, und das Kur- und Stadttheater sowie die große Konzerthalle. Aber es blitzt überall das Frische auf. Und diese Mischung macht’s, denn die Kernstadt mit ihren etwa 17.000 Einwohnern wächst. Es gibt eine beachtliche Zahl an Zuzügen von Menschen ab Mitte 60. „Dazu bieten wir ein Kulturprogramm vom Feinsten“, sagt Stefan Krieger, seit Juni neuer Kurdirektor.

LIP – Leben im Paradies

Doch es schlendern auch junge Paare durch die Altstadt und schließen sich Führungen von Sabine Mirbach an. Die Historikerin und Stadtführerin sprüht vor lustigen Anekdoten. „Wir haben den einzigen barrierefreien Ratskeller in Deutschland“, wirbt sie für das 1545 entstandene Haus. Denn er liegt nicht im Keller, sondern auf Straßenebene. Ohnehin findet sie das Leben hier erstklassig – das Autokennzeichen LIP steht für sie als Abkürzung von „Leben im Paradies“. Zu erzählen gibt es immer etwas, auch vom Entertainer Jürgen von der Lippe. Der Vater war hier einmal Kellner – „und der Jürgen ist ganz sicher hier gezeugt worden“. Geboren ist er jedenfalls hier.