Bremen. Insgesamt 41 Pokal-Duplikate des FC Bayern München darf Florian Blume, Chef der Silbermanufaktur Koch & Bergfeld aus Bremen, für den Rekordmeister anfertigen. Beobachten kann man ihn dabei durch die Fußballtor-großen Panoramafenster seiner Werkstatt - Einblicke, die es nicht mehr oft zu sehen gibt.

Hier kriegt jeder Fußballfan Stielaugen: 21 Meisterschalen, 14 DFB-Pokale, vier Champions League- und zwei Weltpokale stehen in einem schmuck- und fensterlosen Abstellraum. Einfach so, gestapelt auf einem leicht zerbeulten Rollwagen, den man eher in einer Kantine vermuten würde. Doch statt benutzten Tellern und Tassen parken hier die wichtigsten Trophäen von Bayern München – im Original. Und zwar, damit sie kopiert werden – ausgerechnet in Bremen, Heimat des SV Werder, dem langjährigen Erzrivalen des Rekordmeisters. „Entsprechend nervös war ich, als die FC Bayern-Delegation am Flughafen ankam“, erzählt Florian Blume, Chef der Silbermanufaktur Koch & Bergfeld. Denn klar war keineswegs, dass er den lukrativen Auftrag bekommt, die 41 Pokal-Duplikate für’s Bayern-München-Museum zu schmieden.

Doch die von Blume gereichten, liebevoll zubereiteten bremischen Fischhäppchen, vor allem aber der gute Ruf seiner Silbermanufaktur (einer von gerade einmal fünf in Deutschland noch existierenden) und schließlich wohl auch die außergewöhnliche Werkstatt in der Bremer Überseestadt gaben den Ausschlag.

Mittendrin statt nur dabei

Durch Fußballtor-große Panoramafenster können Spaziergänger die zwölf Silberschmiede beim Löten, Feilen, Schleifen und Polieren beobachten. Wer mittendrin statt nur dabei sein will, bucht eine Führung und schaut ihnen im ehemaligen Hafenschuppen Nr. 2 über die Schulter und bestaunt die Jahrzehnte alten Werkbänke aus der Nähe. Mit all ihren Löchern und Macken, seltsamen Spezialwerkzeugen und sorgsam sortierten Pokalteilen zeugen sie von ganz spezieller, traditionsreicher, aber fast ausgestorbener Arbeit – vor allem, wenn’s um Fußball-Trophäen geht.

Der silberne Champions League-Pokal mit den riesigen „Henkel-Ohren“ etwa wurde bei Koch & Bergfeld „erfunden“ – in den 60er Jahren schuf Silberschmied Horst Heeren ihn – damals noch als Europokal der Landesmeister. Von der deutschen Meisterschale und dem DFB-Pokal fertigen Florian Blumes Experten in jedem Frühjahr eine Kopie für den jeweiligen Titelträger. „Kurz vorm Transport ins Stadion nehme ich die immer mit nach Hause“, raunt Florian Blume. „Nur so fühle ich mich tatsächlich ganz sicher, dass sie nicht aus der Werkstatt geklaut wird.“

Deutsche Kammerphilharmonie und Werkstatt-Küche

Beiläufig erzählt der zurückhaltende 38-Jährige solche Geschichten. Nein, ein Marktschreier ist er nicht. Auch nicht, wenn es um die vielen von ihm initiierten Events in seiner hellen 900 Quadratmeter-Werkstatt geht: Jährlich im Mai und im November holt Blume die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen für Konzerte hierher, die 200 Karten sind begehrt und meist ruckzuck vergeben. Blume veranstaltet zudem Lesungen, Silber-Ausstellungen und im Sommer kulinarische Werkstatt-Abende zusammen mit Jan-Philip Iwersen, dem Koch des Feinschmecker-Restaurants „Küche 13“.

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Das alles immer inmitten einer Industriewüste – der Überseestadt. Klingt nach Hafen-City, so wie in Hamburg, ist sogar dreimal so groß wie in der Nachbar-Hansestadt und ein ehrgeiziges Wiederbelebungsprojekt für Bremens ausgestorbene Schuppen und Anlegebecken. Noch allerdings mit viel Brachland, auf dem Hotels und Wohnungen entstehen sollen. Trotzdem: Ein Besuch in diesem langsam wachsenden Stadtteil lohnt bereits, etwa weil der feuerrote, sanierte und 400 Meter lange Backsteinspeicher Nr. 11 ein sehenswertes Hafenmuseum beherbergt. Und weil im alten Europahafen schon mal russische Pracht-Jachten ankern und am Kai bereits Cafés und pfiffige kleine Läden eröffnet haben – gleich gegenüber der feinen Silbermanufaktur Koch & Bergfeld.

Keine kaufmännische Erfahrung

„Ich war der Erste, der mit seinem Unternehmen in die Überseestadt gezogen ist“, sagt Florian Blume und klingt nun doch ein wenig stolz: „Alle haben mich damals ausgelacht. Das war eine harte Zeit voller Zweifel, denn zuerst kam kein Kunde hierher und ich dachte wirklich schon, wir müssen schließen.“

Es war nicht die erste, harte Bewährungsprobe für den gelernten Gold- und Silberschmied: Im Jahre 2005, zwei Jahre vor dem Umzug in die Überseestadt, übernahm er die Firma ohne jegliche kaufmännische Erfahrung – einfach, damit sie nicht schließen muss.

Ärger mit dem Springer-Verlag

Genau in dieser Situation jedoch brach ihm einer seiner wichtigsten Aufträge weg – die seit 1966 von Koch & Bergfeld ausgeführte Fertigung der Goldenen Kameras für den gleichnamigen TV-Preis.

Der Springer-Verlag als Veranstalter hatte entschieden, die Preise preiswerter produzieren zu lassen – in Asien. Bei der anschließenden Verleihung 2005 fiel dann eine dieser Kameras auf den Boden und zerbrach. „Mit dem Totalschaden kamen die Springer-Leute dann zu mir und baten um Reparatur“, erzählt Florian Blume: „Ging aber nicht, da die Asiaten billiges Zinn verwendet hatten, mit Gold nur überzogen.“ Glück für Blume: Seitdem setzen die TV-Preis-Macher wieder auf Qualität und lassen die 25 Zentimeter hohen Kameras wie zuvor aus 925er Sterling-Silber mit Gold-Überzug bei ihm fertigen – aus 20 Einzelteilen und mit dem eingravierten Bremer Schlüssel im Sockel.