Essen. Der Clubbetreiber Robinson startet eine neue Kampagne. Losgelöst vom Strandbild in dem Palmen, Sandstrände und türkisblaues Meer die Hauptrollen spielen, sollen aufmerksamkeitsstarke Motive in den Vordergrund rücken. Ob andere Veranstalter nachziehen? Robinson wird wohl eine Ausnahme bleiben.

Wer an stark frequentierten Orten wie Flughäfen, Bahnhöfen oder Innenstädten weilt, dem könnte dieser Tage eine recht eigenwillige Reise-Werbung auffallen: Premium-Clubbetreiber Robinson startete gerade eine neue Kampagne, kreierte hierzu eine neue Bilderwelt, losgelöst vom klassischen Strandbild. Ein Wagnis.

Denn: Robinson steht ziemlich alleine da. Seit jeher gleichen sich die Bilder, mit denen Reiseveranstalter und Destinationen auf sich aufmerksam machen wollen. Sommer, Sonne, Strand und Meer, noch ein paar Palmen hingestellt – fertig ist die Kampagne. Vielleicht gibt es noch wenige glückliche Menschen zu sehen – bloß nicht zu viele: Ein Schein von Exklusivität soll einen jeden Alltagsgeplagten umschmeicheln.

Emotionale und kreative Kommunikation

Als „Trauerspiel“ hatte das Thomas Wilde, Chef der größten deutschen PR-Agentur für Tourismus, unlängst in einem Gespräch mit dem Medien-Magazin Horizont bezeichnet. Dabei sei die Reise prädestiniert für eine emotionale und kreative Kommunikation.

Doch während sich die Konsumgüterindustrie mit ihrer Werbung immer wieder neu erfindet, ja sogar Banken, Versicherungen oder Hersteller von Heckenscheren es verstehen, ihre wenig aufregenden Produkte innovativ vorzustellen, verlässt man sich in der Fernweh-Branche in aller Regel lieber auf Altbewährtes. Natürlich gab es immer mal wieder Ausreißer in der Geschichte der Reise-Werbung: Anfang des neuen Jahrtausends überraschte Deutschlands größter Reiseveranstalter Tui in einer Kampagne mit dem Wunsch nach gefleckten Nutztieren – inmitten einer paradiesischen Südsee-Szenerie. „Ich will Kühe!“, quengelte ein Kind, das sich unter „Paradies“ wohl etwas komplett anderes vorgestellt hatte. Und aktuell lässt sich die Lufthansa ihre Familienfreundlichkeit von Testimonial Miss Piggy bescheinigen – Dank einer neuen Kooperation mit Disney.

Türkisblaues Meer und weiße Sandstrände

Es sind Ausnahmen. Türkisblaues Meer und weiße Sandstrände bestimmen nach wie vor die Bilder. Auch, weil die Menschen wohl genau davon träumen. Doch ein Profil schärft man so nicht. Problematisch wird das vor allem bei den Tourismusverbänden: Denn auch beim Destinationsmarketing dreht sich alles um Sonne und Palmen – schön anzusehen, aber austauschbar. So emotional das Reisen ist, so wenig kreativ sind die Kampagnen.

Der Clubbetreiber Robinson wagt nun eben den Ausbruch aus Festgefahrenem. „Die Touristik ist eine der meistumworbenen Branchen, aber auch leider eine der einfallslosesten“, formuliert es Jan-Malte Kistler, Bereichsleiter Marketing und Vertrieb bei Robinson. Man wolle weg von den „ewig gleichen Sonnenbildern“ – hin zu „ungesehenen, aufmerksamkeitsstarken Motiven“. Robinson will das Image pflegen, die eigene Marke stärken. Endlich traut sich das mal jemand, mag man sich im Stillen dazu denken.

Zeit mit den Liebsten verbringen

Es macht zumindest neugierig: Im Rahmen einer neuen Marktforschungsanalyse hatte man beim exklusiven Tui-Clubbetreiber festgestellt, dass es den Menschen im Urlaub am wichtigsten sei, Zeit mit den Liebsten zu verbringen. „Es war für uns nur folgerichtig, diese Wir-Zeit in unserer Kampagne in den Mittelpunkt zu stellen“, so Kistler.

„So sehr wir sind wir nur hier“ heißt es nun bei Robinson, das Motto wurde von Fotograf Jan von Holleben ungewöhnlich umgesetzt. Ein Beispiel: Eine Alpenlandschaft aus Handtüchern, eine Sonne, die eigentlich ein gelber Ball ist, dazwischen eine Familie, die einen Gipfel erstürmt – abgelichtet von oben. Es ist das Bergmotiv der neuen Robinson-Werbung, kreiert mit Alltagsgegenständen und Menschen. Ein eher künstlerischer Ansatz, weg vom klassischen Fernweh. Eine neue Bilderwelt ist so entstanden.

Verkauf, Verkauf, Verkauf

Ob es nur eine weitere der seltenen Ausnahmen ist? Man muss wohl davon ausgehen, schenkt man den Worten von Werbefachmann Ralph Poser von der Agentur Kolle Rebbe Glauben. Der hatte jüngst in einem Interview festgehalten: „Die klassische Marketingdenke ist in der Touristik noch nicht angekommen.“ Im Gegensatz zu anderen Branchen, die stark auf Markenaufbau und Image setzten, „geht es in der Reisebranche leider in erster Linie um Verkauf, Verkauf, Verkauf“.

Und das kann man mit Sommer, Sonne, Strand und Meer – und vielleicht noch ein paar Palmen – offensichtlich noch immer am besten.