Essen. Irgendwann will das Kind nicht mehr mit seinen Eltern gemeinsam in den Urlaub fahren und auch die Eltern sehnen sich oft nach einer Reise zu Zweit. Damit der Sprössling nicht alleine los fahren muss, bieten sich Jugendreise als guter Kompromiss an. Doch die Anbieterwahl will durchdacht sein.

Wer jung ist, dem steht die Welt offen: Mit anderen Jugendlichen aus aller Herren Länder in einem muslimischen Sufi-Kloster leben und Gärten anlegen, ein Street-Art-Festival in Italien unterstützen oder an einem Kunst- und Antidiskriminierungsprojekt in Mazedonien teilnehmen – solche Workcamps und andere Ferienangebote für Jugendliche gibt es wie Sand am Meer und immer mehr kommerzielle Anbieter ergänzen die Angebote gemeinnütziger Träger wie Kirchen oder Jugendämter.

Denn irgendwann will das Kind nicht mehr mit den Eltern in den Urlaub fahren. Oder umgekehrt: Mama und Papa wollen mal wie früher alleine unterwegs sein. Viele Erziehungsberechtigte scheuen sich aber, die flügge gewordenen Sprösslinge auf eigene Faust losziehen zu lassen. Eine Jugendreise könnte ein guter Kompromiss sein.

Training gegendas Heimweh

Gleich zu Beginn lauert aber schon der erste Fehler: Die Planung einer Jugendreise sollten Eltern und Jugendliche stets zusammen in Angriff nehmen. Stephan Schiller vom Bundesforum Kinder- und Jugendreisen, in dem sich die gemeinnützigen Träger zusammengeschlossen haben, sagt: „Beide Seiten sollten gemeinsam überlegen. Dazu gehört auch der Gedanke, ob das Kind selber bereit, willens und fähig ist, alleine zu verreisen. Denn sonst wird es vor Ort für die Reiseleiter schwer, das Kind für gemeinsame Aktionen zu motivieren.“

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Ein gewisser Grad an Selbstständigkeit sei notwendig, sagt Schiller, das sei wichtiger als ein Mindestalter. Er empfiehlt ein Training gegen potenzielles Heimweh: „Vorher die Kinder bereits bei Oma, Opa, Onkel oder Tante, Freunden oder Bekannten über ein Wochenende schlafen lassen. Wollen sie das nicht, kann es auch für die erste Reise ohne Eltern noch zu früh sein.“ Gute Kinder- und Jugendreiseleiter seien auf dieses Problem aber vorbereitet.

Anbieterwahl gut überdenken

Schicken Eltern ihre Kinder mit einer Jugendreise auf große Tour, will die Entscheidung für oder gegen einen Anbieter gut überlegt sein. Etwas Transparenz schaffen Prüfsiegel. Das Reisenetz e.V. hat als Fachverband eine Broschüre herausgegeben, die hilft, die Prüfsiegel zu verstehen. Grundsätzlich empfiehlt Reisenetz-Vorstand Thomas Hahne: „Genau nachfragen! Ein seriöser Anbieter wird eventuelle Bedenken oder Ängste ernst nehmen und vernünftig beraten.“

Eltern und Jugendliche können sich beim Internationalen Jugendaustausch- und Besucherdienst (IJAB) schlau machen. Unter www.ijab.de kann beispielsweise die Broschüre „Wege ins Ausland – raus von zuhaus“ kostenfrei heruntergeladen und bestellt werden. Der IJAB informiert speziell auf der Seite www.rausvonzuhaus.de: Das Angebot ist Teil des europäischen Eurodesk-Informationsnetzwerks zu Mobilität von Jugendlichen in Europa und gibt einen guten Überblick über die verschiedenen Organisationen, vermittelt aber selbst keine Programme. Eine gute Einführung bietet hier der in weniger als einer Minute befragte Online-Auslandsberater.

Für detaillierte Fragen gibt es deutschlandweit 40 Eurodesk-Büros, in denen persönlich und kostenlos beraten wird, in NRW etwa in Düsseldorf, Essen und Gelsenkirchen. Mehr als 65.000 Beratungskontakte mit reiseinteressierten Jugendlichen verzeichnet Eurodesk im Jahr in Deutschland.

Reisen und arbeiten

Für kurze Aufenthalte von zwei bis vier Wochen in den Sommerferien bieten sich Workcamps an. Sie vertreiben nicht nur Langeweile, sondern ermöglichen neue Erfahrungen. Die Jugendlichen leben zusammen mit Gleichaltrigen aus anderen Ländern und arbeiten für ein gemeinnütziges Projekt. Zwar gibt es kein Geld für die geleistete Arbeit, dafür lernt man Land und Leute aus einem anderen Blickwinkel kennen und kann eine schöne Zeit haben. Campsprache ist meist Englisch, die Anreisekosten müssen in der Regel selbst getragen werden, genauso eine Vermittlungsgebühr.

Für Unterkunft und Verpflegung fallen im Normalfall keine Kosten an. Workcamps werden etwa von Kirchen, Bildungsstätten, Pfadfindergemeinschaften und Friedensdiensten angeboten. Eine Übersicht gibt die „Trägerkonferenz der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste“: www.workcamps.de.

Auch eine Sprachreise ist eine gute Möglichkeit, die Sommerferien zu verbringen. Etwa in einer Gastfamilie, wo man das Gelernte sogleich umsetzt und meist gleichaltrige Jugendliche im Haus hat. Der Verein Aktion Bildungsinformation hat unter www.abi-ev.de Broschüren für Länder herausgegeben, die empfehlenswerte Anbieter auflisten. Wer dort drin steht, hat sich verpflichtet, die Kriterien des unabhängigen Verbrauchervereins einzuhalten.