London. In diesem Jahr feiert England den 450. Geburtstag des weltbekannten William Shakespeare. Die perfekte Zeit also, sich auf die Spuren des Dichters zu begeben, denn gerade London legt sich mächtig ins Zeug. Besonders im Globe bekommt man einen authentischen Einblick in die damalige Zeit.
Sieht man über die Regenjacken hinweg und ignoriert die Plastikbecher mit Bier, dann ist es fast wie eine Zeitreise: Wer wissen will, wie es für die Zuschauer zu Shakespeares Zeiten war, eines seiner Stücke zu sehen, der kann diesem Traum wohl nirgendwo so nahe kommen wie im Globe in London. Der Nachbau eines Theaters aus dem 16. Jahrhundert ist bis hin zu den Stehplätzen ohne Überdachung und den harten Holzbänken originalgetreu.
Seit seiner Eröffnung 1997 ist das Globe für Shakespeare-Fans aus der ganzen Welt eine Art Pilgerstätte geworden. Und weil am 23. April 2014 der 450. Geburtstag des wohl berühmtesten Engländers ansteht, rechnen das Globe und weitere Shakespeare-Orte im ganzen Land mit noch mehr Besuchern als sonst. "Die Leute kommen nicht als Touristen", sagt Globe-Direktor Neil Constable. "Sie wollen Teil der Geschichten dieser Zeit werden."
Tageslicht-Lampen erleuchten den Saal
Jährlich besuchen rund eine Million Menschen den runden Fachwerk-Bau direkt an der Themse. Pünktlich zum Geburtstag wurde jetzt Platz für weitere 100.000 pro Jahr gemacht, denn zum Jahresbeginn öffnete ein komplett neuer Theater-Innenraum. Er ist den überdachten Theatern aus Shakespeares Zeiten nachempfunden, die damals für die besser zahlenden Besucher gebaut wurden.
Fast ganz aus Eichenholz und nur mit Kerzenlicht erhellt, ist er ein Fluchtpunkt aus dem hektischen Londoner Straßentreiben geworden. Nach historischen Aufzeichnungen wurden die Deckenmalereien geschaffen, die Engel im Himmel zeigen. Um neben dem Kerzenschein Extra-Licht hereinzulassen, gibt es Holzfenster, die sich zu einem Gang hin öffnen, in dem Tageslicht-Lampen hängen. "Auch damals wurde oft bei Tageslicht gespielt", sagt der Künstlerische Leiter des Globe, Dominic Dromgoole. Das Wort "Authentizität" will er im Zusammenhang mit dem Nachbau vermeiden - schließlich können wir niemals genau wissen, wie Theater für die Menschen zu Shakespeares Zeiten wirklich war, erklärt er. "Dies kommt ihm aber wohl so nahe, wie es geht."
Heimatort zweieinhalb Stunden entfernt
Anders als im Hauptbau, der wegen des offenen Dachs nur von April bis Oktober bespielt werden kann, soll im Sam Wanamaker Playhouse - benannt nach dem Schauspieler, Regisseur und Globe-Gründer Sam Wanamaker - das ganze Jahr über Programm sein. Los geht es im Jubiläumsjahr mit Stücken von Zeitgenossen Shakespeares, etwa mit einer Inszenierung von John Websters "Die Herzogin von Amalfi" mit Bond-Girl Gemma Arterton in der Hauptrolle.
Wer sich Shakespeare in der Globe-Atmosphäre noch nicht nahe genug fühlt, der kann sich auf die rund zweieinhalb Stunden lange Zugreise von London in Shakespeares Heimatort begeben, Stratford-upon-Avon. Seit dem 19. Jahrhundert haben örtliche Liebhaber reichlich Pilgerstätten für den großen Sohn ihres kleinen Örtchens in Mittelengland geschaffen. Rund drei Millionen Besucher strömen jährlich durch die Gassen und entlang des Flusses Avon.
Geburtstagsfeier zu Ehren Shakespeares
Die meisten zieht es in Shakespeares Geburtshaus und das Cottage, in dem seine Frau Anne Hathaway aufwuchs. Shakespeares Geburtshaus ist seit mehr als 100 Jahren Treffpunkt für seine Verehrer, schon Charles Dickens und Sir Walter Scott besuchten es einst. Die Zimmer wurden originalgetreu eingerichtet, damit sich Shakespeare-Fans möglichst gut vorstellen kann, in welcher Umgebung der spätere Bühnenstar groß wurde. Zum Geburtstag des berühmten Sohnes veranstaltet Stratford-upon-Avon seit rund 200 Jahren jedes Jahr ein Fest mit Parade und zahlreichen Sonderveranstaltungen. Diesmal findet es am Wochenende des 26. und 27. April statt, und die Organisatoren planen einige Besonderheiten. Das genaue Programm ist bisher allerdings noch nicht veröffentlicht.
Auch interessant
Wann genau Shakespeare zur Welt kam, steht allerdings gar nicht zweifelsfrei fest. Im Kirchenregister der Holy Trinity Church in Stratford-upon-Avon ist seine Taufe für den 26. April 1564 vermerkt. Als Geburtsdatum wird meist der 23. April 1564 angenommen. Shakespeares Vater war Handschuhmacher und Wollhändler, seine Mutter die Tochter eines bekannten Landbesitzers. Shakespeare selber stieg schon zu Lebzeiten in London zu Berühmtheit auf, mit seinen Werken wurde er auch an den Königshof eingeladen.
Interaktion zwischen Publikum und Bühne
Und weil man dem Barden wohl nirgends so nah sein kann wie als Zuschauer eines seiner Stücke, ist eine weitere Attraktion in Stratford das große Theater der Royal Shakespeare Company. Im Herbst 2010 wurde es nach aufwendiger Renovierung wieder eröffnet, und wie im Globe hat man auch hier Wert auf Geschichte gelegt. Ein einladender Platz sollte es werden, ohne elitäres Theater-Gehabe, erklärte Projektleiter Peter Wilson bei der Eröffnung. Ganz so wie zu Shakespeares Zeiten eben, als dreckige Lacher, eindeutige Kommentare und jede Menge Interaktion zwischen Zuschauern und Schauspielern einen Theaterabend ausmachten.
Weitgehend unverändert blieb das im historischen Stil nachgebaute Swan Theatre innerhalb des Hauses, das ähnlich wie das Globe in London eine in den Zuschauerraum ragende Bühne hat und aus Holz gezimmert ist. "Wir hoffen, wir haben der Vergangenheit unsere Ehre erwiesen und weisen gleichzeitig in die Zukunft", sagt Wilson. (dpa)