Denver. “Rocky Mountain High“ - der Folksong von John Denver ist der offizielle Song des US-Bundesstaats Colorado. Derzeit bekommt er einen neuen Beiklang: Veranstalter bieten dort seit neuestem Kiffer-Touren an.
Butterfahrten sind out. Der neueste Hit sind Kiffer-Touren - jedenfalls in Colorado. Auf Rezept bekommt man Marihuana hier schon seit 2000. Mit Beginn des neuen Jahres sind Cannabisprodukte für Erwachsene ab 21 Jahren jetzt auch als Genussmittel erlaubt - zum ersten Mal in den USA. "Damit sind wir diese lästige Nebenwirkung endlich los", sagt Mike Hawley und grinst. "Dass Du nämlich in den Knast wanderst, wenn du zum Spaß Gras rauchst." Für den guten Überblick, was ab sofort ganz legal und ganz lokal auf dem Markt zu finden ist, hat der gemütliche Mittfünfziger aus Denver mit Schnurrbart und Spitzbauch erst mal eine Marihuana-Tour gebucht.
Für Hawley ist es die große Befreiung. Andere wittern Big Business im grünen Gewerbe - wie Matt Brown, den Mitbegründer von "My 420 Tours". Bis weitere Bundesstaaten wie Washington im Laufe des Jahres nachziehen, erwartet der gewiefte Jungunternehmer Pot-Pilger aus dem ganzen Land und vielleicht sogar aus Übersee. Mit den vielen Nationalparks und seinen bekannten Skigebieten ist der Tourismus schon heute eine Multi-Millionen-Dollar-Industrie für den Staat in den Rocky Mountains. Marihuana-Touren seien nur eine weitere Facette, glaubt der studierte Betriebswirt: "Leute kommen sowieso her und schauen sich um." Und dabei könnten sie ab sofort eben auch einen Joint rauchen.
Keine aktive Vermarktung
Das staatliche Fremdenverkehrsamt Colorado scheint wenig begeistert von dem Gedanken, in den beliebten Folksong "Rocky Mountain High" von John Denver - hier übrigens offizielles Staatslied - einen neuen Unterton hineinzulesen. Momentan gibt es keine Pläne, die Legalisierung der Droge aktiv zu vermarkten. "Denver ist eine junge, aufregende Stadt mit einer lebendigen Kunstszene", sagt Rich Grant, Pressechef vom örtlichen Verkehrsbüro. "Hier gibt es auch so genug zu sehen."
Gerade fahren zwei gemietete Limousinen-Busse vor, bullig, schwarz und mit verdunkelten Scheiben. Startpunkt sind heute die Büros einer Firma, die Cannabis-Vaporisatoren vertreibt. Diskret und klein wie Kugelschreiber sind solche Inhalationsgeräte, die berauschende Wirkstoffe verdampfen und krebserregende Verbrennungsprodukte reduzieren sollen. Marihuana in der Öffentlichkeit zu konsumieren, ist verboten. Bald wabern Rauchfahnen durch den Privatbus.
Die erste Schnuppertour mit dem Titel "In die neue Ära" ist heute gratis. Freunde der Organisatoren, Geschäftspartner und Medienleute sind an Bord und die Gewinner eines Preisausschreibens. Ohne Anreise und Unterkunft soll eine Mehrtagestour künftig um die 1000 Dollar (rund 730 Euro) kosten, je nach Paket und Dauer. Dafür werden anreisende Cannabis-Connaisseurs vom Flughafen abgeholt, raucherfreundliche Hotels gebucht, Marihuana-Kochkurse organisiert und Workshops für eine gelingende Hanfzucht daheim angeboten. Besucht werden kommerzielle Anbauer und selbstverständlich die "Dispensaries" genannten Verkaufsstellen.
Auswärtige erhalten nur sieben Gramm
Coloradans dürfen maximal eine Unze (28 Gramm) Cannabisblüten kaufen, die im Moment durchschnittlich 400 Dollar kostet. Davon sind 60 Dollar Steuern. Für Auswärtige liegt das Limit bei 7 Gramm.
Der nächste Stopp ist eine Lagerhalle im Industriegebiet. Betriebsleiter Jimmy Creason erzählt von Wachstumshormonen, Bestrahlungsintervallen und verschiedenen Cannabisstämmen, die sedierend oder belebend wirken können. Die Stimmung ist andächtig. Proben werden nicht verteilt, auch keine Wolldecken, zum Abschluss aber ein kostenloser Vaporisator. Mike Hawley steckt gern einen ein. (dpa)