Port Ghalib.

Jeden Donnerstag erwachte Port Ghalib. Dann gingen Taucher an Bord der Schiffe, flanierten unter den Palmen der Uferpromenade, und in den Restaurants und Cafés war zumindest ein Teil der Stühle besetzt. Die Souvenirhändler stürzten sich auf jeden Touristen und versuchten ihn mit ein paar Worten Deutsch oder Italienisch in ihre Läden zu locken. In der restlichen Woche war das Retortenstädtchen am Roten Meer sehr ruhig.

Jetzt ist es eine Geisterstadt. Die Unruhen nach dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi haben die Badeorte Ägyptens hart getroffen. Deutsche Reiseveranstalter fliegen zwar wieder Urlauber ans Rote Meer, nachdem das Auswärtige Amt seine Reisehinweise entschärft und auch die ägyptische Regierung die Ausgangssperre nicht verlängert hat. Doch bisher trauen sich kaum Urlauber.

Über 31 Millionen Quadratmeter

Die Corniche ist das Herz des gigantischen Projekts in Port Ghalib. Am Kai ist die Luxusjacht von Hossam Al-Kharafi vertäut. Ein paar Schritte entfernt lässt sich der Traum seines Vaters, der kuwaitische Milliardär Nasser Al-Kharafi, bestaunen. Kleine Lichter scheinen auf die Plätze und Boulevards der Miniaturstadt, Bötchen sind aufs blaue Meer geklebt. Vier Wohntürme erheben sich an einer künstlichen Lagune, durch die sich künstliche Halbinseln mit Strandhäusern schlängeln. Es gibt einen Golfplatz, ein Fußballstadion, Gärten und Pools – mitten in der Wüste.

Über 31 Millionen Quadratmeter soll sich Port Ghalib am Ende erstrecken, 200 000 Menschen sollen hier leben und Urlaub machen. Bisher existiert der größte Teil nur als Modell. Port Ghalib ist das teure Riesenbaby von Nasser Al-Kharafi. Er steckte Milliarden in das Projekt. Damit die Urlauber bequem anreisen können, ließ er wenige Kilometer entfernt den internationalen Flughafen Marsa Alam bauen. Für die Eröffnung Port Ghalibs vor vier Jahren wurde die Popsängerin Beyoncé eingeflogen. Im April 2011 starb er. Sein Sohn erbte das Projekt – und ließ die Bauarbeiten stoppen.

Nur wenige Zimmer sind belegt

Ein junger Mann führt durch das pseudo-pharaonische Portal mit Zugbrücke ins „Intercontinental“, eines der drei Luxushotels. Wie viele der 308 Zimmer belegt seien? „Nur wenige“, wispert ein Hotelangestellter nervös. Doch vom Jachthafen starten weiter jede Woche die Schiffe ihre Rundtouren zu den Weltklasse-Tauchspots der Brother Islands und des Daedalus Reef. Aber es sind weniger als vor dem politischen Umsturz. Die nicht endenden Unruhen bringen das strauchelnde Projekt Port Ghalib weiter in Bedrängnis.

Dabei schien sich die Lage in den Badeorten der Region Marsa Alam nach dem Sturz Mursis zunächst zu bessern. „Plötzlich war die Benzin- und Dieselknappheit erledigt, und die ständigen Stromausfälle auch“, erzählt Kai Dunkelmann. Er leitet die Tauchbasis der Coraya Divers. Sie gehört zu einem Komplex von fünf Hotels, die sich um eine Bucht scharen. Als der erste Demonstrant in Hurghada starb und das Auswärtige Amt Mitte August auch von Reisen ans Rote Meer abriet, wurde es sehr ruhig. „Viele Hotels und Tauchcenter haben ganz geschlossen“, erklärt Dunkelmann. Nun sei rund die Hälfte der vielen Betten wieder gefüllt.

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Krise hat auch Vorteile

Das Korallenriff erinnert an den Wall einer verwitterten Unterwasserburg. Blaupunktrochen wuseln durch den Sand, ein Adlerrochen schwebt vorbei, eine Schildkröte stößt sich abwärts. Coraya Divers ist eine gut geölte Tauchfabrik, bis zu 320 Taucher am Tag können hier abgefertigt werden. Jeden Tag jagen die Zodiacs hinaus zu den Top-Spots. Zum Dolphin House, nach Umm Elros und natürlich nach Elphinstone, dem legendären Riff weit draußen. Früher ankerten hier manchmal mehr als 20 Tauchboote, jetzt geht es unter Wasser deutlich entspannter zu. Zumindest für die Taucher hat die Krise auch Vorteile.

Bei den Bootsfahrten entlang der Küste sieht man die Skelette der halbfertigen Hotels. Nach der Revolution ging vielen Investoren das Geld aus. Wie Mahnmale gegen die Gier des Massentourismus stehen die Ruinen in der Wüste. Ob sie die Erben des Patriarchen zum Nachdenken bringen, ist fraglich. Im Januar 2014 sollen die Bauarbeiten weitergehen.