Blumberg. Nostalgie zieht immer - vor allem in Form einer Dampflok. Bei Eisenbahnromantikern ist der baden-württembergische Schwarzwald-Baar-Kreis beliebt. Hier fahren wohl die meisten deutschen Museumsbahnen in Deutschland. Eine Fahrt mit der Sauschwänzlebahn lohnt sich auf jeden Fall und bietet eine schöne Idylle.

Einen Schluck aus der Ölkanne gönnt er seiner alten Dame noch, und dann ab an die Schaufel. Mit Schwung schippt der 27 Jahre alte Heizer Konstantin Sieke faustgroße Kohlenbrocken in die lodernde Feuerbüchse der 94 Jahre alten Dampflok P 8. Noch steht die Sauschwänzlebahn im kleinen Bahnhof Blumberg-Zollhaus im baden-württembergischen Schwarzwald-Baar-Kreis. Aber der Druck im Kessel steigt. Alles ist bereit zur Abfahrt.

Der 39-jährige Lokomotivführer Juri Hucklenbroich dreht an den Ventilen und zieht mehrere Hebel. Aus dem sanften Schnaufen wird ein heftiges Keuchen, aus den kleinen weißen Rauchwolken werden über dem Schornstein dicke schwarze Schwaden. Dann setzt sich der rund 120 Tonnen schwere Stahlkoloss in Bewegung. Die historischen Waggons sind gut gefüllt, diesmal vor allem mit Rentnern und Touristen aus Holland, die mit einer Kolonne Reisebussen kamen. Die Sauschwänzlebahn bildet den Abschluss ihrer Tour durch den Schwarzwald.

Bundesweit 70 Museumsbahnbetriebe

Ihren Namen verdankt die Bahn dem Streckenverlauf: Mit seinen vielen Kurven erinnert er, von oben betrachtet, an das Schwänzchen eines Schweins.
Ihren Namen verdankt die Bahn dem Streckenverlauf: Mit seinen vielen Kurven erinnert er, von oben betrachtet, an das Schwänzchen eines Schweins. © Patrick Seeger

Ob das Öchsle in Biberach, der Rebenbummler am Kaiserstuhl nahe Freiburg oder eben die Sauschwänzlebahn - im Sommer schnaufen Dampfloks von rund 20 Museumsbahnbetrieben durch das Ländle. "Bundesweit sind es etwa 70", schätzt Günther Steinhauer, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Museums- und Touristikbahnen (VDMT). Dass Baden-Württemberg hervorsticht, führt er auf die schienenfreundliche Verkehrspolitik des Landes zurück. Sie habe in den 1950er bis 1980er Jahren dafür gesorgt, dass mehr private Eisenbahnen überlebten als in anderen Bundesländern.

Die Strecke der Sauschwänzlebahn schlängelt sich durch Laubwälder, entlang saftiger Weiden, durch malerische Ortschaften, über stählerne Viadukte und durch unbeleuchtete Tunnel. Eine Landschaft wie aus einem Katalog für Modelleisenbahnen.

Bahn muss kurven und kreisen

Ihren Namen verdankt die Bahn dem Streckenverlauf. Für die zehn Kilometer Luftlinie von Blumberg nach Weizen ist sie knapp 26 Kilometer unterwegs. Der Grund liegt in der Steigung zwischen den Orten, die bis zu 24 Promille beträgt und für eine Dampflok zur Zeit des Streckenbaus 1887 so einfach nicht zu bewältigen war.

Die Ingenieure bauten deshalb eine langsam ansteigende Strecke mit einer durchschnittlichen Steigung von etwa 9 Promille. Dafür muss die Bahn etliche Male kurven und kreisen. Von oben betrachtet erinnert der Gleisverlauf an das Schwänzchen eines Schweins.

Öchslerbahn fährt die meisten Passagiere

"Im Jahr fahren durchschnittlich 120.000 Menschen bei uns mit", sagt Mirjam Emminger, Assistenz der Betriebsleitung der Sauschwänzlebahn. In dieser Saison könnten es deutlich mehr werden, weil die Taktzahl um 50 Prozent erhöht wurde. Die meisten anderen Museumsbahnen im Südwesten befördern deutlich weniger Passagiere. Bei der Öchslebahn etwa sind es einem Sprecher zufolge 40.000 bis 50.000 pro Jahr, die Zollernbahn bei Rottweil berichtet von 10.000.

Nachschub für den Heizkessel: Lokomotivführer Juri Hucklenbroich feuert die Lokomotive der Sauschwänzlebahn an.
Nachschub für den Heizkessel: Lokomotivführer Juri Hucklenbroich feuert die Lokomotive der Sauschwänzlebahn an. © Patrick Seeger

Die Finanzierung

Ein Großteil der Museumsbahnen im Land wird von Vereinen betrieben. Nicht alle Bahnen können die Betriebskosten durch den Fahrscheinverkauf decken. Kohle und Schmierstoffe, Versicherungen sowie Fahrzeug- und Streckenunterhalt sind teuer. Deshalb sind die Vereine auf Spenden und finanzielle Unterstützung von Gemeinden oder dem Land angewiesen.

Das Ministerium für den ländlichen Raum in Baden-Württemberg schießt Geld zu, wenn es etwa um den Erhalt von Museumsstrecken geht. Zwischen 2013 und 2016 soll die Sauschwänzlebahn rund 1,76 Millionen Euro aus dem Tourismus- und Infrastrukturprogramm erhalten.

Nachwuchsmangel

Mit gleichmäßigem Schnauben fährt die P 8 in Weizen ein. Dort wird sie von einer Traube Eisenbahnfans in Empfang genommen. Während sie Fotos schießen, versorgen Lokführer Hucklenbroich und Heizer Sieke die alte Dame mit frischem Wasser. Der gut 21.000 Liter große Wasserspeicher muss mehrmals am Tag aufgefüllt werden. Dann wird die Lok für die Rückfahrt umgesetzt.

Touristenmagnet: Pro Jahr machen rund 120.000 Menschen einen Ausflug mit der Sauschwänzlebahn.
Touristenmagnet: Pro Jahr machen rund 120.000 Menschen einen Ausflug mit der Sauschwänzlebahn. © Patrick Seeger

"Museumsbahnen in Baden-Württemberg finden reichlichen Anklang", sagt Andreas Braun, Geschäftsführer der Tourismus Marketing GmbH. Aber etliche Bahnen täten sich auch zunehmend schwer, den Betrieb aufrechtzuerhalten, sagt Steinhauer vom VDMT. "Es mangelt am Nachwuchs in den Vereinen." Diese Sorge hat die Sauschwänzlebahn nicht. Als Eigenbetrieb der Stadt Blumberg halten sieben Vollbeschäftigte und rund 20 haupt- und nebenberuflich Angestellte den Betrieb am Laufen.

Der Lok geht es gut

Für die P 8 beginnt jetzt der Kraftakt. Zurück nach Blumberg muss sie den Berg hinauf. Sieke schenkt der Lokomotive die volle Aufmerksamkeit und schaufelt unermüdlich Kohle. Die P 8 dampft, pfeift und zischt. Der Kessel glüht, die Lager quietschen. Aber unbeirrt zieht die P 8 hinauf. Lokführer Hucklenbroich sitzt auf seinem Führerstand und grinst: "Ich fahre mit meinem Popo und meinen Ohren." Die Vibrationen und das Schnauben der Lok verraten ihm, wie es der alten Damen geht - und heute geht es ihr gut. (dpa)