Prag. Hinter dem Eisernen Vorhang verkam einige kulturelle Pracht zu grauer und abgestorbener Traurigkeit. Dazu zählten auch die Gärten der tschechischen Hauptstadt Prag. Seit der Revolution von 1989 allerdings erstrahlen Parks wie der Vrtba-Garten oder der Hirschgraben wieder in altem Glanz.

Wenn Sie Bekanntschaft mit gut trainierten amerikanischen Elitesoldaten machen wollen, dann nähern Sie sich dem Zaun!“, lacht Pavel. Der Stadtführer steht auf dem obersten Plateau des barocken Vrtba-Gartens. Links die Türme des Veitsdoms, vor uns die der Karlsbrücke. Und ein paar Meter hinter uns steht die weiße Gloriette mit wehender Stars and Stripes-Fahne, die zur US-amerikanischen Botschaft gehört.

Seit 1925 residiert die diplomatische Vertretung der USA im Schönborn-Palais – der Sternenbanner im weitläufigen Garten fiel auch zu kommunistischen Zeiten ins Auge. Der Vrtba-Garten am Petrin, weitere Gärten unter der Burg und der Hirschgraben waren dagegen verfallen oder aus Sicherheitsgründen gesperrt und nicht zugänglich. Das hat sich nach der Samtenen Revolution 1989 geändert: Nach und nach wurden die Gartenanlagen restauriert. Die Prager staunten über die fast vergessenen Gärten, Urlauber haben sie bis heute nicht entdeckt.

Weltkulturerbe-Liste

Dabei steht der Vrtba-Garten zu recht auf der Weltkulturerbe-Liste der Unesco. Wenige Schritte von der Karlsbrücke und dem Malostranské námesti auf der Kleinseite entfernt, führt ein unscheinbares Tor zu dem Barockjuwel. Wasser plätschert in einen Brunnen mit Drachen, Buchsbaum-Einfassungen sind akkurat gestutzt, in einer Voliere zwitschern Vögel, einige Treppen höher sind versteckte Lauben und römische Götterstatuen. Ein paar Schritte entlang kunstvoll angelegter Beete, und der Besucher nähert sich der obersten Etage: Muscheln und Wassernymphen schmücken den Aufgang zum Pavillon neben dem Schönborn-Garten.

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Auch ein Blick in den ebenerdigen Teil des gepflegten Fürstenberg-Gartens, der zur diplomatischen Vertretung Polens gehört, ist nur durch Gittertüren möglich. Er liegt etwas weiter nordöstlich und gehört zu den Gärten unterhalb der Burg. Der barocke Teil ist dagegen für Besucher geöffnet: Mit 130 Metern Breite ist er der weitläufigste der Burggärten. Weinstöcke, Kirsch- und Apfelbäumchen wachsen auf den zehn Terrassen, die über eine steile Treppe erschlossen werden. Gleich daneben warten weitere, miteinander verbundene Gärten: Der kleine Fürstenberg-Garten, der Kolowrat-Garten, der kleine und der große Palffy-Garten – jeder hat seinen eigenen Charme. Bänke laden zum Verweilen ein, versteckte Durchgänge führen zu Aussichtspunkten. Mal führen Treppen direkt, mal in Kaskaden zu Pavillons.

Jeder Garten hat seinen eigenen Charme

Da blüht Oleander und duftet Lavendel. Auf den geschützten Terrassen gedeihen Feigen, Zitronen- und Orangenbäume. Ganz ohne Stufen präsentiert sich der Waldstein-Garten. Die hohe Mauer, die den gesamten Garten umschließt, ist von der Burg aus gut zu sehen. Zwischen all den Dächern, Türmen und Kaminen macht sie die Weitläufigkeit des 1,7 Hektar großen Gartens deutlich. Spektakulär sind die einer Tropfsteinhöhle nachempfundene Grotte und die bemalte Sala Terrana. Buchenhecken unterteilen den Mittelteil, um den „kleinen See“ vor der Reitschule stolzieren schreiende Pfaue.

Lust auf ungezügeltere Natur? Auch die gibt es in der Umgebung der Burg. Auf der Nordseite geht es auf Spazierwegen und Stufen hinunter in den Hirschgraben. Wer am Sommerschloss Belvedere hinabsteigt, durchquert einen 2002 freigegebenen Tunnel, erreicht eine große Wiese und kommt am Häuschen des Bärenwärters vorbei. Im Lauf der Jahrhunderte wurde dort nicht nur Rotwild gehalten, sondern auch Löwen und Bären. Ständig wechselt der Blick auf die Silhouette des Veitsdoms – einen besonders schönen Blick hat man von der seit 2007 öffentlich zugänglichen Masaryk-Terrasse. Unnötig zu erwähnen, dass man dort meist alleine ist. Schattige Pfade an Efeu bewachsenen Hängen führen zur Pulverbrücke, auf der tschechische Gardesoldaten den Burg-Eingang bewachen. Und schon reiht man sich ein in die Reisegruppen aus aller Welt, die in den zweiten, gepflasterten Burghof strömen und sich dann vor dem gotischen Portal des Veitsdoms stauen.