Prag: Als den letzten Augustiner-Mönchen die Schulden über den Kopf wuchsen, rettete sie ein Investor—und eröffnete ein Klosterhotel.
Gebückt schleicht ein greiser Pater am Altar der SanktThomasKirche, unweit der Prager Karlsbrücke, vorbei. „Er ist unser letzter Tscheche hier im Kloster“, sagt der 40jährige Juan über seinen Mönchsbruder. Juan ist Spanier, ganz in einer bodenlangen, schwarzen Ordenskutte gehüllt, und wurde vom Vatikan aus dem heißen und gläubigen Brasilien ins winterkalte und ungläubige Tschechien entsandt, um die Fraktion der Augustiner-Mönche in Prag auf fünf aufzustocken. Religion spielt – wie in keinem anderen Land Europas – so gut wie keine Rolle. Die Kirchen sind leer oder gar abgesperrt, die Klöster nur von ausländischen Ordensbrüdern beseelt und zusammen kämpfen sie ums Überleben.
Als die Augustiner nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes vor 21 Jahren in die Goldene Stadt kamen, fanden sie ihre Klosteranlage wie eine Ruine vor. Mit einem Kredit aus Rom wurden nach und nach Teile der Gebäude wieder aufgebaut. Und vor kurzem bekamen die fünf wackeren Gottesdiener schicksalhafte Hilfe. Rocco Forte klopfte an, wollte in vier der sieben Klostergebäude ein neues Hotel eröffnen und dafür gute Pacht bezahlen. Und siehe da, die Klosterbrüder gewährten Einlass. Juan ist der Finanzchef des Klosters, beziffert die Schulden in Rom auf 75 Millionen Kronen, rund drei Millionen Euro, und sagt unverholen: „Uns stand das Wasser bis zum Hals...“
So kam es, dass mitten in Prag, unterhalb der Burg, 101 Hotelzimmer und 16 Suiten in einem noch bewirtschafteten Kloster untergebracht wurden. Hotels in ehemaligen Klöstern gibt es einige, das „Rocco Forte The Augustine“ jedoch ist ein Novum. Allerdings trennt die fünf Mönche eine dicke Tür von den Hotelgästen. Es sei denn, der Hoteldirektor sperrt auf und lädt zu einer Klosterführung mit Pater Juan. Höhepunkt dieser ausschließlich Hotelgästen vorbehaltenen Tour unter klerikaler Führung ist der Besuch der Bibliothek, eine der drei wichtigsten historischen Bibliotheken der tschechischen Hauptstadt. In verstaubten Holzregalen warten mehr als 20 000 Bücher, vorwiegend aus dem 17. Jahrhundert, bei konstant acht Grad auf Bewunderer. Kunstvolle Ledereinbände schützen handgeschriebene Texte, Messingbeschläge halten schwere Kladden zusammen.
Und sogar den Giftschrank der einst zensierten Bände gibt es zu sehen. Juan erzählt aber auch von Obdachlosenspeisungen, vom Staat aus dem Kloster geklauten Rubens-Gemälden, die im Nationalmuseum zu sehen sind und bis heute nicht zurückgegeben wurden, sowie vom ehemaligen Speisesaal der Mönche, in dem nun die „Tom’s Bar“ des Hotels eingezogen ist.
Prag
Anreise: Mit Lufthansa
01805/80 58 05
ab Düsseldorf direkt nach Prag.
Währung: Ein Euro = 25 tschechische Kronen.
Angebot: Die Raten des noblen „The Augustine“ beginnen bei 310 Euro
00800/76 66 66 67
pro DZ ohne Frühst. Mit TRDReisen
0231/ 57 58 20
vier Tage Prag ab 284 Euro.
Kontakt: Tschechisches Fremdenverkehrsamt,
030/ 2 04 47 70
Die Hotelbar zog in den Speisesaal der Mönche
Das Rocco Forte ist von außen aufgrund der Vorgeschichte und strenger Denkmalvorschriften kaum als Hotel auszumachen. Drinnen verbirgt sich gediegenes Fünf-Sterne-Niveau, mit dem „The Augustine“ vor knapp einem Jahr ins vorhandene Prager Luxushotel-Quartett, bestehend aus Mandarin Oriental, Four Seasons, Kempinski und Buddha-Bar-Hotel, eindrang, aber ebenso wenig wie die anderen die Rackrates einhalten kann. Der Hotelmarkt an der Moldau ist überflutet mit Preisdumpings, so sind Doppelzimmer im feinen Kempinski derzeit schon für etwas mehr als hundert Euro zu bekommen.
Pater Juan ist das weitgehend egal. Er bekommt seine Pacht so oder so. Die Tour ist zu Ende. Er entledigt sich seiner Kutte, trägt darunter Jeans mit Hemd und meint: „Die Ordenstracht ziehe ich nur an Feiertagen und zu Führungen an.Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter.“