Essen. Von Liebe, Mord und den Tücken der Erinnerung erzählen drei neue Paris-Romane. David Foenkinos schrieb „Zum Glück Pauline“,Julia Decks veröffentlichte „Viviane Elisabeth Vauville“ und Patrick Modiano steht derzeit mit „Der Horizont“ in den Bücherregalen.
Wenn der Sommer sich seinem Ende entgegen neigt, erlebt Paris seine schönsten Tage. Dann lässt es sich trefflich in einem Straßencafé sitzen, bei einem Glas Wein vielleicht, und später durch die Gassen am Montparnasse schlendern. Alternativ erscheinen gerade drei Romane, die von französischer Lebensart durchdrungen sind: im Abgang spritzig-leicht bis schwer(-mütig), mit leicht melancholischer Grundnote. Eine Einladung zur Verkostung.
Der Leichte. Der Rose d’Anjou kommt von der Loire und ist ein Lieblingswein der Deutschen. Ein typischer Anjou-Autor wäre Nicolas Barreau (nur steckt in Wahrheit eine deutsche Verlegerin hinter diesem Pseudonym). Den ebenfalls sehr erfolgreichen Autor David Foenkinos hingegen gibt es wirklich; sein Roman „Nathalie küsst“ wurde mit Audrey Tautou verfilmt. Nun schrieb er mit „Zum Glück Pauline“ (C.H. Beck, 411 S., 17,95 €) eine Liebesgeschichte, die mit bösen Schmerzen beginnt: Der Ich-Erzähler – ein Mittvierziger, verheiratet, zwei erwachsene Kinder – hat Rücken. Heftig. Es dauert, bis er endlich das Leben auf die leichte Schulter nehmen kann – weil er Pauline begegnet. Spritzig, leicht und kühl kommt dieser Roman daher. Vor dem Kitschverdacht bewahrt Foenkinos sein Hang zur sanften Ironie: „Meine Leidenschaft war so heftig, dass ich in große Aufregung verfiel. Das sind die Nebenwirkungen des Glücks. Es macht einen so anfällig.“
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Der Ernsthafte. Eine leicht säuerliche Schärfe steigt auf zwischen den Zeilen von Julia Decks Roman „Viviane Elisabeth Vauville“ (Wagenbach, 144 S., 16,90 €), darin einem schönen Glas Chablis nicht unähnlich. Tatsächlich ist die Protagonistin Weißweintrinkerin; nachdem sie ihren Psychotherapeuten erstochen hat und die Tatwaffe bei ihrem Exmann verstaut, gönnt sie sich erstmal einen Schluck im Café. Aber ist das wirklich so geschehen? Das Lesen wird hier zu einem Wochenendtrip ohne Stadtplan, es verheddern sich Sichtweisen und Perspektiven – um sich am Ende höchst kunstvoll zu entwirren.
Der Komplexe. Unter den französischen Autoren ist Patrick Modiano, Jahrgang 1945, der Mouton Rothschild – schwer, gehaltvoll, facettenreich. Paris ist bei ihm oft die Folie für die rätselhaften Windungen der Erinnerung. Im aktuellen Roman „Der Horizont“ (Hanser, 176 S., 17,90 €) streift Protagonist Jean Bosmans durch die Straßen, auf den Spuren seiner früheren Geliebten, Margaret Le Coz. Sie wurde bedroht von einem Mann, der sie verfolgte – das Warum aber bleibt rätselhaft. Ein großes Werk über die Sehnsüchte der Jugend: „Von einem Tag auf den anderen konnten sie Paris verlassen, auf der Suche nach neuen Horizonten. Sie waren frei.“