Essen. Viele Menschen lieben Kreuzfahrtreisen - Vor allem wenn man mit drei Veteranenschiffe eine nostalgische Reise von der schwedischen Westküste bis nach Stockholm beginnt. Entlang am Göta-Kanal verblüfft die 400 km lange Schwedenkreuzfahrt über vier oder sechs Tagen mit tollen Einblicken.

Langsamer geht es kaum. Aber es ist sicher die schönste Art, langsam zu reisen. Das Modewort von der Entschleunigung könnte gut auf dem Göta-Kanal erfunden worden sein. Radfahrer flitzen am Kanalufer vorbei. Selbst als Fußgänger könnte man mithalten. „Es besteht auch die Möglichkeit, allein am Kanal entlang zu spazieren“, heißt es im Programm für die Passagiere der drei Veteranenschiffe, die zur nostalgischen Reise von Göteborg an der schwedischen West- nach Stockholm an der Ostküste einladen. Die unter Denkmalschutz stehenden Schiffe wurden zwar modernisiert, haben aber ihren Salon-Charakter mit Mahagoni und Messing bewahrt.

Das älteste registrierte Passagierschiff der Welt

Die 1874 erbaute MS Juno gilt als „das älteste registrierte Passagierschiff der Welt mit Übernachtungsmöglichkeit“. 1912 erbaut wurde die Wilhelm Tham, 1931 die Diana. Alle drei sind Maßanfertigungen speziell für die 58 Schleusen des Göta-Kanals. Maximal 32 Meter Länge und sieben Meter Breite sind zugelassen. Und unter dem Kiel hat oft nur die berühmte Handbreit Platz. „Ein Bumms auf Steine ist ganz normal“, sagt Cruise-Manager Peter Guggenheimer. Aber unsinkbar sind die Kähne nur im Kanal. Für die großen Seen bittet Guggenheimer zur Rettungsübung mit Schwimmwesten. Vor allem der 145 Meter tiefe Vättern gilt als schwierig. „Innerhalb von fünf Minuten kann es auf ihm arg unruhig werden.“

Normalerweise ist Ruhe für die maximal 48 Mitreisenden angesagt. Freilich kann man keine Kabinengrößen wie auf Kreuzfahrtschiffen erwarten. Im Begrüßungsschreiben heißt es vorsorglich: „Manchmal fühlt sich das Leben an Bord ein bisschen eng an. Dies gehört jedoch zum Charme dieser Reise, die man bereits im 19. Jahrhundert unternahm.“ Märchendichter Hans Christian Andersen reiste 1837 kaum anders auf dem Göta-Kanal. Es gibt keinen Fernseher an Bord. Und Handy-Geklingel soll doch bitteschön unterbleiben.

Vier Tage für400 Kilometer

Vier Tage dauert die Fahrt zwischen den 400 Kilometer voneinander entfernten größten Städten Schwedens. Es gibt aber auch sechstägige Reisen mit mehr Zeit für Landgänge und Besichtigungen. 190 Kilometer lang ist der Göta-Kanal, der über fünf Seen führt. 87 Kanal-Kilometer wurden von 58 000 schwedischen Soldaten in Handarbeit mit Spaten, ohne Bagger und Bulldozer, ausgehoben. Gedacht war der Kanal vom Planer Baltazar von Platen als Lebensader während Schwedens industrieller Revolution.

Mit dem Aufkommen der Bahn verlor er als Transportweg an Bedeutung und wird heute vor allem von Sportbooten befahren. Zweimal überquert der Kanal als Aquädukt eine Straße, 60 Roll- und Drehbrücken müssen eingefahren werden, wenn ein Schiff naht. Für die schönste Langsamkeit sorgen die Schleusentreppen. Bei Berg heben gleich sieben Schleusen hintereinander die Boote 18,8 Meter hoch. Zwei Schleusen am Kanal werden noch heute per Handkurbel bedient. Am Viken-See erreicht der Kanal übrigens mit 91,8 Metern seinen höchsten Punkt.

Gemächliche Nostalgie-Tour 

Wer in Göteborg auf die Reise geht, erlebt zunächst normale Verhältnisse auf dem Göta Älv und im Trollhätte-Kanal. Hier sind noch größere Schiffe unterwegs. Erst wenn der Vänern, Schwedens größter See, überquert ist, beginnt in Sjötorp die gemächliche Nostalgie-Tour durch Felder, Wiesen und Wälder der Provinzen. Am Vättersee überrascht in Karlsborg eine klobige Festung.

Karlsborg war als Ersatzhauptstadt vorgesehen, nachdem Schweden zweimal Krieg mit Russland geführt hatte, Finnland verloren ging und man um die Sicherheit der Hauptstadt Stockholm fürchtete. Die Festung wurde so teuer, dass der schwedische König meinte, man habe dort wohl nicht 250 000 Tonnen Kalkstein, sondern pures Gold verbaut.

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Gleiten durch Südschweden

Am Ostufer des Vättern liegt Motala, die „Hauptstadt des Göta-Kanals“, eine Wiege der Industrie. Das sieht man dem gemütlichen Städtchen allerdings heute nicht mehr an. Ein Pflichtbesuch für Autonarren ist das Motormuseum mit einer grandiosen Oldtimer-Sammlung. Nicht weit von Motala wartet als Ausflugsziel Vadstena mit einem Wasa-Schloss und der Klosterkirche der Heiligen Birgitta. Ansonsten freut man sich beim Gleiten durch Südschweden an kleinen Höhepunkten am Wegesrand, das 1908 erbaute Göta-Hotel zum Beispiel und direkt dahinter ein Lusthaus in einer Biegung, die als „Schrecken des Steuermanns“ in die Kanal-Geschichte einging.

Bei Mem, wo der Kanal am 26.September 1832 eingeweiht wurde, erreicht der Schiffsveteran die Ostsee. Es geht ein Stück durch die Inselwelt der Schären, schließlich über den Mälarsee mit dem Schloss Drottningholm. Die letzte Besichtigung gilt der Wikinger-Siedlung Birka, der ersten Stadt Schwedens überhaupt. Die Reise endet schließlich mitten in der Altstadt von Stockholm, am Skeppsbrokajen. Schöner kann man in Schwedens Hauptstadt wirklich nicht ankommen.