Hamburg. Das Animations-Programm ist auf vielen Kreuzfahrtschiffen so reichhaltig wie in einem Freizeitpark. Viele Kreuzfahrer wollen sich aber lieber in klassischer Atmosphäre auf dem Schiff entspannen, die maritime Atmosphäre genießen und sich auf die Ziele freuen. Die Angebote werden ebenfalls vielfach angeboten.

Shuffleboard war gestern, Crocket auch und Bingo sowieso. Seit Jahren überbieten sich die Kreuzfahrtschiffe weltweit mit ihren Bord-Attraktionen. Auf dem Meer wird gebraut, in Parks gewandert. Aber was, wenn man einfach nur Schiff fahren möchte, wie früher? Gibt es die klassische Kreuzfahrt noch?" Ja, und es gibt ein wiedererwachendes Interesse daran", sagt Johannes Bohmann, Kreuzfahrtexperte und Redaktionsleiter des jährlich erscheinenden "Kreuzfahrt Guides" aus Hamburg.

"Die Megaliner haben die Kreuzfahrt stark verändert", sagt Bohmann. "Überall Animation, alles ist laut - da wächst in einigen der Wunsch, mal einfach in Ruhe an der Reling zu lehnen und auf das Meer zu blicken." Es muss ja nicht gleich wieder der Ober mit den weißen Handschuhen sein. Obwohl es schon nett war, als Stewards noch Eclairs oder hauchdünne Gurkensandwiches zu Tee reichten, wie einst auf den legendären Schiffen von Cunard, der "Queen Elizabeth 2" oder der "Vistafjord".

Party oder ein ruhiger Törn

"Es gibt schon eine Menge Leute, die mit ihren Freunden mal eine Woche lang richtig feiern wollen", sagt Sibylle Zeuch vom Deutschen Reiseverband (DRV) in Berlin. Aber "Seereisen ohne Schnickschnack" hätten immer schon ihren Markt gehabt. Und wer schon oft genug auf den Spaß-Schiffen war, der habe nun vielleicht wieder Lust auf einen ruhigeren Törn. In Deutschland ist es unter anderem Hapag-Lloyd Kreuzfahrten, die die Fahne der klassischen Kreuzfahrt hochhält. Die 1999 getaufte "Europa" ist das Flaggschiff der Hamburger Reederei. Sie bekam vom "Berlitz Cruise Guide 2013" gerade zum 13. Mal in Folge als einziges Kreuzfahrtschiff weltweit 5-Sterne-Plus.

Ein weiterer klassischer deutscher Kreuzfahrer ist die "Deutschland" der Reederei Peter Deilmann in Neustadt/Holstein, Fernsehzuschauern bekannt als "Traumschiff". Zur Unterhaltung der rund 500 Passagiere werden Musiker, Wissenschaftler und Forscher an Bord gebeten für Konzerte und Vorträge - das war es, fast. Denn die Chancen stehen gut, als Komparse eingespannt zu werden. Aber auch wenn das ZDF nicht an Bord ist, bittet das Orchester im "Kaisersaal" zum Tanz. Der Vorgänger des Traumschiffs, die MS "Berlin", ist seit dem vergangenen Jahr ebenfalls wieder auf dem deutschen Markt: unter dem Namen "FTI Berlin" für FTI Cruises.

Eine Ausfahrt auf nordamerikanischen Seen

Apropos Klassiker: Auch die "Columbus", ehemals Hapag-Lloyd Kreuzfahrten, ist nicht weg. Das Schiff für 400 Passagiere fährt seit Sommer 2012 als "Hamburg" für die Bremer Reederei Plantours & Partner. Es hat einen weißen Anstrich mit einem frischen gelben Band bekommen. An Bord des 1997 gebauten Kreuzfahrers geht es familiär zu, Statt zu Bühnenshows zieht man sich gerne zum Kartenspiel zurück und konzentriert sich auf die Reiseziele. Die kleinen Schiffe sind dafür bestens geeignet - die "Hamburg" ist zum Beispiel wegen ihrer Abmessungen eines der wenigen Kreuzfahrtschiffe, die die nordamerikanischen Großen Seen befahren kann.

Auch wieder da ist die "Delphin". Das 1975 gebaute Schiff für rund 450 Passagiere fährt seit April vergangenen Jahres für Passat Kreuzfahrten. Gleich drei Schiffe, die auf ruhiges Reisen setzen, hat Phoenix Reisen im Programm: die "Amadea" (4-Sterne-Plus) für 600 Passagiere, die "Artania" (4-Sterne-Plus) und die "Albatros" (3-Sterne-Plus). Die weißen Schiffe mit ihrer türkisfarbenen "Bauchbinde" sind eine gute Wahl für alle, die auf Gemütlichkeit setzen und persönliche Ansprache.

Royale Eleganz

Für die britische Traditionsreederei Cunard fahren die Herzensbrecher, in klassischem Dunkelblau-Weiß: "Queen Mary 2" (3090 Passagiere), "Queen Elizabeth" (2068) und "Queen Victoria" (1990). Getauft von Mitgliedern des britischen Königshauses, werden sie in den Häfen von vielen Fans begrüßt, die auch nach dem zigsten Einlauf nicht ermatten. Sehr französisch geht es auf den Schiffen der Compagnie du Ponant zu: Die elegante "Le Boréal" und das Schwesterschiff "L'Austral" (jeweils 264 Passagiere) setzen rein auf Relaxen und gutes Essen. Sie sind das richtige Ziel für Passagiere, die es nicht nur ruhig, sondern auch eher klein mögen auf einem Kreuzfahrtschiff.

Eine US-amerikanische Reederei, die sich auf alte Kreuzfahrt-Werte besinnt, ist Crystal Cruises. Und das gegen den Trend auf amerikanischen Schiffen. "Crystal Cruises hat sich bewusst für ein unaufdringliches Bord-Entertainment entschieden", erklärt Sprecher Conny Rausch das Konzept.Ihre beiden strahlend weißen Luxusliner, seit einigen Jahren auch auf dem deutschen Markt unterwegs, heißen "Crystal Serenity" und "Crystal Symphony". Sie sind mit 1080 und 940 Passagieren mittelgroß - eigentlich Platz genug für Wasserrutschen. Aber an Bord dominieren edle Materialien und Angebote zum Relaxen und feinem Dining. Auch Lernen wird groß geschrieben - das geht von Golf über Malen hin zu Musikunterricht. Vom großen Außenpooldeck geht der Blick weit über das Meer. Und ist man nicht eigentlich deswegen auf Kreuzfahrt? (dpa)