Hamburg. Viele Kreuzfahrt-Reisende sind unsicher, wie viel Trinkgeld sie welchem Mitarbeiter geben sollten. Deutsche haben übrigens einen schlechten Ruf: Sie gelten als knauserig. “Schlimmer“ für das Personal sind nur noch Asiaten: Sie geben meist gar nichts. Wie man es richtig macht, erklärt ein Kreuzfahrt-Experte.
Ein Kreuzfahrtschiff ist kein Hotel - auch was das Trinkgeld betrifft. Während einer Seereise wird der Kontakt zum Personal Tag für Tag enger, gleichzeitig wächst beim Passagier oft die Verunsicherung. Wer bekommt eigentlich Trinkgeld von all den dienstbaren Geistern an Bord? Nur die Kabinenstewardess und der Tischkellner? Oder auch der Concierge, das Personal im Wellnesscenter, der Saalchef - oder gar der Klavierspieler in der Bar? Und welche Summen sind angemessen, will man doch weder protzig noch geizig erscheinen?
"Bei diesem Thema prallen Kulturen aufeinander", sagt der Kreuzfahrt-Journalist Franz Neumeier aus München. So würden Japaner nie auf die Idee kommen, überhaupt irgendjemandem Trinkgeld zu geben. Das gilt als Beleidigung. So sehen es auch Chinesen. Wogegen US-Amerikaner eher in den Boden versinken, als unter 15 Prozent Trinkgeld zu geben.
Deutsche gelten als zu sparsam
"Den Deutschen ist das Thema eher unangenehm", so die Erfahrung von Neumeier. "Sie wollen im Urlaub eigentlich ihre Ruhe haben und sich nicht ständig Gedanken machen über die korrekte Trinkgeldhöhe." Grundsätzlich aber gelten sie bei diesem Thema als zu sparsam.
Viele Reedereien mit internationalem Publikum sind daher dazu übergegangen, das Trinkgeld in den Reisepreis zu inkludieren. Das machen beispielsweise die Hurtigruten, Crystal Cruises, Regent Seven Seas Cruises, Silversea Cruises, Carnival Cruises oder Seabourn Cruise Line. Aber auch auf den deutschen Schiffen von Aida Cruises und Tuicruises kann man theoretisch das Thema Trinkgeld vergessen.
Theoretisch. Denn auch bei den All-inclusiv-Schiffen freuen sich die Angestellten über ein paar zusätzliche Euro hier und da. "Man kann nach dem Bezahlen des Reisepreises für null Euro Nebenkosten an Bord gehen - wenn man keine Landausflüge bucht", sagt Conny Rausch, Deutschland-Sprecher von Crystal Cruises in Hamburg. "Aber natürlich kann der Gast seinen Kellner noch tippen, wenn er sehr zufrieden ist."
Trinkgeld gleich vom Bordkonto abgebucht
Auch ziemlich einfach ist das Thema Trinkgeld, wenn die Reederei täglich ihre Empfehlung gleich vom Bordkonto abbucht. Das sind in der Regel pro Passagier im Schnitt 8 bis 12 Euro am Tag, je nach Kreuzfahrtgesellschaft. Bei der US-amerikanischen Norwegian Cruise Line wird zum Beispiel eine Servicepauschale von 10 US-Dollar (7,50 Euro) am Tag fällig, pro Kind über drei Jahre werden 5 Dollar abgebucht.
Die britische Reederei Cunard belastet das Bordkonto pro Tag und Kabine mit 11 bis 13 Dollar, je nach gebuchter Kategorie. Royal Caribbean International lässt dem Gast die Wahl: automatische Abbuchung einer empfohlenen Summe (knapp 12 Dollar) vom Bordkonto oder persönliches Trinkgeld, das am Ende in einen Umschlag gegeben wird, den die Reederei in den Kabinen auslegt.
Theoretisch kann der Gast bei Unzufriedenheit diese Servicepauschalen zurückfordern. Damit sollte man allerdings vorsichtig sein. Wie überhaupt mit strengen Bewertungen. "Vor allem auf amerikanischen Schiffen bekommen Kellner mit schlechten Bewertungen sofort die Konsequenzen zu spüren", so Kreuzfahrtspezialist Neumeier.
Für schlechte Bewertungen gibt es den Tisch mit den sparsamen deutschen Gästen
Sie verlieren die guten Tische und werden bei der nächsten Fahrt dann etwa an Tischen mit langen Wegen zur Küche eingesetzt oder an solchen mit deutschen Gästen, die für ihre Sparsamkeit beim Trinkgeld bekannt sind. Ähnliches gilt auch für anderes Servicepersonal. "Mängel sollten daher lieber sofort angesprochen werden." Dann sei auch schnelle Abhilfe so gut wie sicher, "und das ist doch eh besser, als eine Woche zu schweigen und am Ende der Reise zu meckern".
Beim Trinkgeld zu knausern, trifft die Crew mitunter hart. Auf Kreuzfahrtschiffen, vor allem den US-amerikanischen, sind die Tips oft ein fester Bestandteil des Gehaltes. Hier arbeiten Servicekräfte, die auch "Tipping-Personal" genannt werden - diese bekommen nur ein sehr niedriges Grundgehalt und sind auf gutes Trinkgeld angewiesen. Das ist auf den deutschen Schiffen zwar anders, aber glänzend bezahlt ist Servicepersonal auf Schiffen eher nicht.
Ganz in der klassischen Trinkgeldtradition wird bei Hapag-Lloyd Kreuzfahrten das Trinkgeld noch direkt vom Gast gegeben, Empfehlungen spricht die Reederei nicht aus. "Wer möchte, dass die gesamte Crew profitiert, kann das Trinkgeld mit einem entsprechenden Hinweis in einem Umschlag an der Rezeption abgeben", sagt Gabi Haupt, Leiterin Produktmanagement der "Europa". "Der Beitrag fließe dann in den Crew Fond, aus dem Veranstaltungen, Ausflüge oder Geschenke für die Crew finanziert werden.
Auch bei Phoenix und TransOcean liegen am Abend vor der Abreise Briefumschläge zum Füttern in den Kabinen. Einen ähnlichen Weg gehen die Trinkgelder bei Cunard: "Die Tips gehen in einen großen Topf und werden dann unter der Crew aufgeteilt, damit auch die "Unsichtbaren" etwas davon haben", sagt Sprecher Philipp Markhardt.
Getippt werden immer die Kabinenstewardess, der Steward und der Weinsteward, seltener der Oberkellner. Wer mag, kann aber auch die Spa-Mitarbeiterin bedenken oder die Rezeptionistin - wen man eben hilfreich für sich fand. Dieses Vorgehen hat vor allem auf der "Deutschland" der Peter Deilmann Reederei Tradition. "Alle Mitarbeiter, die direkt im Gästekontakt stehen, bekommen das Trinkgeld direkt", sagt Pressesprecherin Kornelia Kneissl. "Für alle fleißigen Hände hinter den Kulissen kann der Gast am Ende ein Kuvert hinterlassen oder einen Betrag von der Bordrechnung abbuchen lassen."
Trinkgeld geben kann man, wann man immer mag, üblich ist es eher am Ende einer Reise. "Auf dem Schiff hat man im Rahmen einer Reise ein paar feste Bezugspersonen unter der Besatzung, zu denen man eine doch sehr persönliche Beziehung aufbaut", so Gabi Haupt von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten. Daher werde auf einem Schiff auch nicht wie im Hotel ständig für Einzelleistungen getippt, sondern am Ende einer Reise. Manche Gäste legen auch am Anfang einer Reise einen Tip hin, oder dritteln - am Anfang, in der Mitte und am Ende. Das macht vor allem bei längeren Reisen Sinn.
Kapitäne kriegen kein Trinkgeld
Was zu viel und was zu wenig Trinkgeld ist, ist auch eine Frage der gesamten Reisekosten. Wer eine 5000-Euro-Tour auf einem Luxusliner bucht, sollte ein paar hundert Euro verteilen. Bei einer einwöchigen Reise für 1000 Euro reichen 50 bis 80 Euro Trinkgeld. Auf amerikanischen Schiffen sind pro Gast und Tag zwei oder drei Dollar für das Zimmermädchen üblich und fünf Dollar für den Kellner - als Untergrenze. Das geht hoch auf zwölf bis 15 Dollar.
"Wer sich eine teure Kreuzfahrt leisten kann, sollte nicht den Fehler machen, bei den relativ kleinen Beträgen für das Trinkgeld zu sparen", rät Kreuzfahrtexperte Neumeier. Ganz unmöglich sei vor allem, sich während der Reise ausführlich mit dem Kellner zu unterhalten und den Kabinensteward mit Extra-Leistungen zu beschäftigen - aber am Ende dann mit dem Trinkgeld zu sparen. Nur ein Crewmitglied sollte an Bord keiner tippen: den Kapitän. (dpa)