Essen. Fliegen ist in etwa dreimal so klimaschädlich wie Autofahren. Schon allein aus Image-Gründen bemühen sich Fluggesellschaften daher zunehmend, auch auf die Umwelt zu achten. Tuifly-Umweltexperte Jörn Mahringer erklärt, was Fluggesellschaften schon tun und was das Problem an Billig-Airlines ist.

Klimaschutz spielt auch für Fluggesellschaften eine immer größere Rolle. „Treibstoffeffizienz“ ist das neue Zauberwort. Jörn Mahringer, Pilot und Umweltexperte bei Tuifly, erklärt, was Airlines heute dafür alles tun.

Herr Mahringer, Tuifly ist im Airline Index 2012 der Klimaschutzorganisation „atmosfair“ als klimaeffizienteste Charterairline ausgezeichnet worden. Ist Fliegen nicht generell unökologisch?

Jörn Mahringer: Jede Art von Reise verbraucht Treibstoff. Gerade bei längeren Strecken kann man dadurch, dass ein Flugzeug nicht an Straßen gebunden ist, direktere Verbindungen nehmen. Den Tuifly-Verbrauchswert von 2,63 Litern pro 100 Passagierkilometer erreichen Sie mit dem Auto nicht.

Der Weltklimarat IPCC schätzt, dass Fliegen etwa dreimal so schädlich ist wie Auto fahren, weil die freiwerdenden Emissionen in der Atmosphäre stärker zum Treibhauseffekt beitragen als am Boden.

Mahringer: Solche Aussagen sind umstritten, weil sich auch Wissenschaftler und Klimaschutzorganisationen darüber nicht einig sind.

Wie errechnen Sie den Pro-Kopf-Verbrauch pro 100 Kilometer?

Mahringer: Mithilfe einer international etablierten Formel, die Treibstoffverbrauch, Streckenlängen und Passagierzahlen berücksichtigt.

Tuifly-Flugzeuge verbrauchen im Vergleich zum Branchendurchschnitt von vier Litern etwa ein Drittel weniger Treibstoff. Was macht Tuifly besser als andere Airlines?

Mahringer: Zum einen setzen wir sehr moderne Flugzeuge mit einem Durchschnittsalter von sieben Jahren ein, die wir speziellen Wartungsprogrammen unterziehen. Zum Beispiel waschen wir regelmäßig die Triebwerke. Außerdem haben wir an den Flügelspitzen Winglets angebracht. Das sind Anbauten, die den Luftwiderstand an den Flügeln verringern. Zum anderen schulen wir unsere Piloten, wie sie treibstoffsparend fliegen. All diese Maßnahmen tragen dazu bei, weniger Kerosin zu verbrauchen.

Wie knapp kalkuliert Tuifly dabei aus Sparzwecken mit Kerosin?

Mahringer: Wir kalkulieren, was der Gesetzgeber vorschreibt. Außerdem haben alle unsere Piloten jederzeit die Freiheit, zu sagen, dass sie mehr möchten. Dafür müssen sie sich hinterher auch nicht rechtfertigen.

Aus der Halle in die Luft

An der US-Westküste im amerikanischen Ort Renton bei Seattle...
An der US-Westküste im amerikanischen Ort Renton bei Seattle... © AFP
...steht das Heimatwerk von Boeing. Ein Blick auf die die Fertigungshallen von Boeing in Everett bei Seattle, USA. In der Fertigung der...
...steht das Heimatwerk von Boeing. Ein Blick auf die die Fertigungshallen von Boeing in Everett bei Seattle, USA. In der Fertigung der... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...Boeing 737 arbeiten insgesamt 7 000 Mitarbeiter an allen...
...Boeing 737 arbeiten insgesamt 7 000 Mitarbeiter an allen... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...Modellvarianten der 737. Der Bau eines kompletten....
...Modellvarianten der 737. Der Bau eines kompletten.... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...Flugzeuges dieser Serie dauert 48 Tage bis...
...Flugzeuges dieser Serie dauert 48 Tage bis... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...zur fertig lackierten Maschine mit voll ausgestatteter Kabine. In diesem Jahr,...
...zur fertig lackierten Maschine mit voll ausgestatteter Kabine. In diesem Jahr,... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...2011 produzierte Boing 42 Maschinen der Serie 737 pro Monat. Ein Blick in die Produktionshallen...
...2011 produzierte Boing 42 Maschinen der Serie 737 pro Monat. Ein Blick in die Produktionshallen... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...der Boeing 787
...der Boeing 787 "Dreamliner" (im Bild zwei Rumpfteile) in Everett bei Seattle, USA. In den Produktionshallen der Boeing Serien 747, 787 und 777 arbeiten... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...rund 30 000 Menschen inklusive der örtlichen Zulieferer. Die Größe...
...rund 30 000 Menschen inklusive der örtlichen Zulieferer. Die Größe... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...der Hallen beträgt gesamt 45 Fußballfelder, zusätzlich gibt es einen eigenen Flugplatz. Doch bevor...
...der Hallen beträgt gesamt 45 Fußballfelder, zusätzlich gibt es einen eigenen Flugplatz. Doch bevor... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...die Maschinen getestet werden, wird lange getüftelt. Jeder...
...die Maschinen getestet werden, wird lange getüftelt. Jeder... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...Handgriff sitzt. Und es wird nicht nur gebaut, sondern auch...
...Handgriff sitzt. Und es wird nicht nur gebaut, sondern auch... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...programmiert. Schließlich ist jede Menge High-Tech an Bord. Doch auch...
...programmiert. Schließlich ist jede Menge High-Tech an Bord. Doch auch... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...das Innenleben wartet, wie diese Sitzreihen,...
...das Innenleben wartet, wie diese Sitzreihen,... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...und Schalter und Knöpfe...
...und Schalter und Knöpfe... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...auf ihren Einbau in einer 787. Jede Airline hat ihre eigenen Anforderungen an...
...auf ihren Einbau in einer 787. Jede Airline hat ihre eigenen Anforderungen an... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...die Inneneinrichtung, die hier eingebaut wird. Nur bei der Technick...
...die Inneneinrichtung, die hier eingebaut wird. Nur bei der Technick... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
..wie dem Wetteradar im Bug der 787 sind sich alle Airlines einig. Im Prinzip...
..wie dem Wetteradar im Bug der 787 sind sich alle Airlines einig. Im Prinzip... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...geht es hier nicht anders zu als in einer Autowerkstatt...
...geht es hier nicht anders zu als in einer Autowerkstatt... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...nur eben im XXL-Format der Boeing 747-800. Doch der wichtigeste Teil...
...nur eben im XXL-Format der Boeing 747-800. Doch der wichtigeste Teil... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...einer endgültigen Auslieferung ist der Testflug. Das Flugzeug wird auf
...einer endgültigen Auslieferung ist der Testflug. Das Flugzeug wird auf "Herz" und Nieren getestet und mit... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...der Aufschrift
...der Aufschrift "Dreamliner" auf der Kabine steht eine 787 noch im Hangar. Dieser... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...weihnachtliche Vogel ist bereits in der Luft. In diesem Jahr präsentierte Airberlin erstmals eine Boeing 737-800 mit einer speziellen Weihnachtslackierung. Und dann..
...weihnachtliche Vogel ist bereits in der Luft. In diesem Jahr präsentierte Airberlin erstmals eine Boeing 737-800 mit einer speziellen Weihnachtslackierung. Und dann.. © obs/Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG
...ist es endlich soweit. Gemeinsam mit Air-Berlin-Pilot Tim Techt (links)...
...ist es endlich soweit. Gemeinsam mit Air-Berlin-Pilot Tim Techt (links)... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...und Flugkapitän Josef Hartel im...
...und Flugkapitän Josef Hartel im... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...Cockpit, geht es einer Boeing 737-800 hoch in die Luft und zurück in die Heimat.
...Cockpit, geht es einer Boeing 737-800 hoch in die Luft und zurück in die Heimat. © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
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Über klimaschonendes Fliegen und die Zukunft von Billigflügen 

Michael O’Leary, Chef der Fluggesellschaft Ryanair, macht immer wieder mit neuen Ideen von sich reden. Um Gewicht und damit Kerosin zu sparen, forderte er etwa Stehplätze, schlankere Stewardessen oder eine Fettabgabe übergewichtiger Passagiere. Was halten Sie von solchen Vorschlägen?

Mahringer: Gar nichts. Das sind Marketing-Gags, um in die Presse zu kommen. Abgesehen davon, dass viele solcher Maßnahmen rechtlich gesehen wahrscheinlich nicht durchsetzbar wären, sind sie in meinen Augen auch moralisch verwerflich.

Die meisten Fluggesellschaften tun mittlerweile sehr viel dafür, so klimaschonend wie möglich zu fliegen und Emissionen zu reduzieren. Gleichzeitig nimmt der Luftverkehr weltweit zu. Ein Dilemma?

Mahringer: Nein, es gibt weltweit eine freiwillige Selbstverpflichtung der Fluggesellschaften, klimaneutral zu wachsen. Das kann man schaffen, wenn alle auf eine Mehr-Säulen-Strategie setzen. Dazu gehört, Flugzeuge durch technische Maßnahmen beim Treibstoffverbrauch noch effizienter zu machen. Außerdem muss die Luftraumstruktur vereinheitlicht werden. „Single European Sky“ ist das Stichwort. Auch heute muss man aus politischen Gründen in Europa noch unnötige Umwege fliegen. Eine weitere Säule ist die Erforschung CO2-neutraler Bio-Treibstoffe.

Wann werden nachwachsende Treibstoffe denn eingesetzt werden können?

Mahringer: Sobald wie möglich, denn wir werden noch mindestens 40 Jahre auf flüssigen Treibstoff angewiesen sein. Ein modernes Flugzeug hält etwa 30 Jahre, und die Flugzeuge, die in drei bis fünf Jahren auf den Markt kommen, setzen alle noch auf Kerosin beziehungsweise flüssigen Treibstoff. Wir erforschen deshalb, wie wir aus Sonnenenergie oder Algen Treibstoff herstellen können. In die Diskussion „Teller oder Tank“ wollen wir so gar nicht erst einsteigen.

Die eigene Verantwortung für die Umwelt ernst zu nehmen, das ist der eine Aspekt. Durch die Zusammenarbeit mit der Stiftung „myclimate“ appelliert Tuifly seit 2007 auch an die Verantwortung der Passagiere. Wie funktioniert das?

Mahringer: Wir bieten den Kunden an, den durch ihren Flug entstandenen CO2-Ausstoß auszugleichen. Während des Buchungsprozesses ermittelt ein CO2-Rechner einen Kompensierungsbeitrag für die geplante Flugstrecke. Den Betrag können die Kunden an „myclimate“ spenden und damit Projekte zur Verminderung von Treibhausgasen unterstützen.

Für viele Fluggäste ist aber vor allem ein günstiges Ticket wichtig. Wie lange wird es Billigflüge noch geben?

Mahringer: Das Umweltbewusstsein der Kunden wird zunehmen. Immer mehr entscheiden sich bewusst für eine Fluggesellschaft, die sich für die Umwelt engagiert und sind bereit, dafür etwas mehr zu zahlen als bei einem Low-Cost-Carrier, der auf Öko-Standards keinen Wert legt. Deshalb werden solche Fluggesellschaften auf lange Sicht nicht existieren können.