Frankfurt/Main. . Erst ab einer Verspätung von drei Stunden steht den Reisenden eine Ausgleichzahlung von 250 bis 600 Euro zu. Darüber hinaus sollte beachtet werden, ob die Airline für die Verspätung verantwortlich ist oder ob es sich um “außergewöhnliche Umstände“ wie Gewitter, Schnee oder Streik handelt.

Im Jahr 2005 trat die Europäische Fluggastrechteverordnung in Kraft und beschäftigt seitdem immer wieder die Gerichte. Sie legt fest, welche Entschädigungs- und Unterstützungsleistungen eine Fluggesellschaft erbringen muss, wenn ein Flug nicht planmäßig stattfindet. Allerdings lässt die Verordnung in manchen Bereichen Interpretationsspielraum zu und besonders im Zusammenhang mit Verspätungen kam es bisher regelmäßig zu Streitigkeiten. Das soll sich nun ändern. Viele Fluggesellschaften vertraten entgegen der bisher gültigen Rechtsprechung die Ansicht, dass in solchen Fällen keine Ausgleichszahlungen zu leisten sind. Anders als bei Flugausfällen ist dieses in der Verordnung nicht explizit vorgesehen.

Flugausfall und Flugverspätung werden gleichgestellt

"Der Europäische Gerichtshof hat darin jedoch eine Ungleichbehandlung der Passagiere erkannt und jüngst den Anspruch auf Ausgleichszahlungen auch bei großen Verspätungen erneut und damit endgültig bestätigt", sagt der Frankfurter Rechtsanwalt Professor Ronald Schmid. Betroffenen Fluggästen steht damit je nach Länge der Reisestrecke ebenfalls die pauschale Ausgleichszahlung von 250, 400 oder 600 Euro zu (Az.: EuGH C-581/10). Allerdings gelte dies nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs erst ab einer verspäteten Ankunft von drei Stunden und mehr, betont Schmid.

Weitere Einschränkungen

Es gibt noch weitere Einschränkungen: Könne die Airline nachweisen, dass sie für die Verspätung nicht verantwortlich ist und alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des außergewöhnlichen Umstands und seiner Folgen ergriffen hat, bestehe für die Reisenden zwar ein Anspruch auf Unterstützungs- und Betreuungsleistungen, aber in der Regel kein Recht auf Ausgleichszahlungen, erläutert Schmid.

"Außergewöhnliche Umstände"

Das sei bei "außergewöhnlichen Umständen" der Fall, zu denen beispielsweise ein Gewittersturm oder starker Schneefall gehören können. Auch ein Streik falle darunter, könne jedoch nicht immer für die Ablehnung einer Ausgleichszahlung von der Airline herangezogen werden: "Wer nach dem Ende eines Streiks nicht auf dem gebuchten Flug befördert, sondern auf einen späteren Flug umgebucht wird, weil beispielsweise andere, während des Streik gestrandete Passagiere vorgezogen werden, muss das nach der geltenden Rechtsprechung nicht entschädigungslos hinnehmen", verdeutlicht der Reiserechtsexperte. Kam es aufgrund von technischen Probleme am eingesetzten Flugzeug zu der Verspätung, können sich Fluggesellschaften in der Regel nicht auf außergewöhnliche Umstände berufen - die Funktionsfähigkeit eines Flugzeugs gehört laut Schmid zum betrieblichen Risiko eines Luftfahrtunternehmens und fällt in seine Verantwortlichkeit.

Aus der Halle in die Luft

An der US-Westküste im amerikanischen Ort Renton bei Seattle...
An der US-Westküste im amerikanischen Ort Renton bei Seattle... © AFP
...steht das Heimatwerk von Boeing. Ein Blick auf die die Fertigungshallen von Boeing in Everett bei Seattle, USA. In der Fertigung der...
...steht das Heimatwerk von Boeing. Ein Blick auf die die Fertigungshallen von Boeing in Everett bei Seattle, USA. In der Fertigung der... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...Boeing 737 arbeiten insgesamt 7 000 Mitarbeiter an allen...
...Boeing 737 arbeiten insgesamt 7 000 Mitarbeiter an allen... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...Modellvarianten der 737. Der Bau eines kompletten....
...Modellvarianten der 737. Der Bau eines kompletten.... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...Flugzeuges dieser Serie dauert 48 Tage bis...
...Flugzeuges dieser Serie dauert 48 Tage bis... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...zur fertig lackierten Maschine mit voll ausgestatteter Kabine. In diesem Jahr,...
...zur fertig lackierten Maschine mit voll ausgestatteter Kabine. In diesem Jahr,... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...2011 produzierte Boing 42 Maschinen der Serie 737 pro Monat. Ein Blick in die Produktionshallen...
...2011 produzierte Boing 42 Maschinen der Serie 737 pro Monat. Ein Blick in die Produktionshallen... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...der Boeing 787
...der Boeing 787 "Dreamliner" (im Bild zwei Rumpfteile) in Everett bei Seattle, USA. In den Produktionshallen der Boeing Serien 747, 787 und 777 arbeiten... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...rund 30 000 Menschen inklusive der örtlichen Zulieferer. Die Größe...
...rund 30 000 Menschen inklusive der örtlichen Zulieferer. Die Größe... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...der Hallen beträgt gesamt 45 Fußballfelder, zusätzlich gibt es einen eigenen Flugplatz. Doch bevor...
...der Hallen beträgt gesamt 45 Fußballfelder, zusätzlich gibt es einen eigenen Flugplatz. Doch bevor... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...die Maschinen getestet werden, wird lange getüftelt. Jeder...
...die Maschinen getestet werden, wird lange getüftelt. Jeder... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...Handgriff sitzt. Und es wird nicht nur gebaut, sondern auch...
...Handgriff sitzt. Und es wird nicht nur gebaut, sondern auch... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...programmiert. Schließlich ist jede Menge High-Tech an Bord. Doch auch...
...programmiert. Schließlich ist jede Menge High-Tech an Bord. Doch auch... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...das Innenleben wartet, wie diese Sitzreihen,...
...das Innenleben wartet, wie diese Sitzreihen,... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...und Schalter und Knöpfe...
...und Schalter und Knöpfe... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...auf ihren Einbau in einer 787. Jede Airline hat ihre eigenen Anforderungen an...
...auf ihren Einbau in einer 787. Jede Airline hat ihre eigenen Anforderungen an... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...die Inneneinrichtung, die hier eingebaut wird. Nur bei der Technick...
...die Inneneinrichtung, die hier eingebaut wird. Nur bei der Technick... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
..wie dem Wetteradar im Bug der 787 sind sich alle Airlines einig. Im Prinzip...
..wie dem Wetteradar im Bug der 787 sind sich alle Airlines einig. Im Prinzip... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...geht es hier nicht anders zu als in einer Autowerkstatt...
...geht es hier nicht anders zu als in einer Autowerkstatt... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...nur eben im XXL-Format der Boeing 747-800. Doch der wichtigeste Teil...
...nur eben im XXL-Format der Boeing 747-800. Doch der wichtigeste Teil... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...einer endgültigen Auslieferung ist der Testflug. Das Flugzeug wird auf
...einer endgültigen Auslieferung ist der Testflug. Das Flugzeug wird auf "Herz" und Nieren getestet und mit... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...der Aufschrift
...der Aufschrift "Dreamliner" auf der Kabine steht eine 787 noch im Hangar. Dieser... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...weihnachtliche Vogel ist bereits in der Luft. In diesem Jahr präsentierte Airberlin erstmals eine Boeing 737-800 mit einer speziellen Weihnachtslackierung. Und dann..
...weihnachtliche Vogel ist bereits in der Luft. In diesem Jahr präsentierte Airberlin erstmals eine Boeing 737-800 mit einer speziellen Weihnachtslackierung. Und dann.. © obs/Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG
...ist es endlich soweit. Gemeinsam mit Air-Berlin-Pilot Tim Techt (links)...
...ist es endlich soweit. Gemeinsam mit Air-Berlin-Pilot Tim Techt (links)... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...und Flugkapitän Josef Hartel im...
...und Flugkapitän Josef Hartel im... © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
...Cockpit, geht es einer Boeing 737-800 hoch in die Luft und zurück in die Heimat.
...Cockpit, geht es einer Boeing 737-800 hoch in die Luft und zurück in die Heimat. © Joachim Kopatzki/WAZ FotoPool
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Sonderfall Anschlussflüge 

Nicht alle Ziele sind mit einem Direktflug zu erreichen, häufig müssen Passagiere mindestens einmal umsteigen. So mancher ist dabei schon gestrandet, weil der Zubringerflug Verspätung hatte. "Wird aufgrund der verspäteten Ankunft der Anschlussflug verpasst, kann ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung bestehen", sagt Schmid. Auch das habe der Europäische Gerichtshof entschieden (EuGH C-321-11), allerdings mit der Einschränkung, dass beide Flüge bei derselben Airline gebucht worden sein müssen. Es kommt übrigens nicht darauf an, wie lang die Verspätung des Zubringerflugs ist: Im verhandelten Fall waren es beispielsweise 85 Minuten, was selbst keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung begründet hätte.

Ansprüche rückwirkend anmelden

Die jüngsten Urteile des Europäischen Gerichtshofs betreffen nicht nur bereits angemeldete Ansprüche oder laufende Gerichtsverfahren: "Da in Deutschland eine dreijährige Verjährungsfrist gilt, können betroffene Fluggäste ihre Ansprüche auf eine Ausgleichszahlung auch rückwirkend verlangen", erläutert Schmid. Anders als im Pauschalreiserecht gebe es bei den Fluggastrechten keine Fristen für die Anmeldung von Ansprüchen. Wer also im Jahr 2009 eine Verspätung von mehr als drei Stunden, eine Nichtbeförderung oder eine Flugannullierung hinnehmen musste und bislang keine Ausgleichszahlung erhalten hat, kann diese noch bis Ende 2012 geltend machen.

(dapd)