Traunstein. Wegen der milden Temperaturen macht im Herbst das Wandern richtig Spaß. Wer neben der Bewegung in der Natur auch Unterhaltung mag, dem sei der Chiemgauer Wanderherbst empfohlen. Mehr als 200 Veranstaltungen stehen bis Ende Oktober auf dem Programm - vom Jodelkurs bis hin zur Kneipp-Tour.
Im Herbst ist die große Hitze vorbei und die ersten kühlen Nächte erfrischen die Luft - da macht Wandern richtig Spaß. Wem Gipfelglück und Naturerlebnis allein nicht reichen, besucht zum Beispiel den Chiemgauer Wanderherbst: Da wird auf dem Gipfel gejodelt und gefeiert. Oder er geht auf Themenwegen auf den Spuren des Wasserdoktors Kneipp und der Heiligen Crescentia durchs Allgäu. Auf dem "Aussichtsberg" der Chiemgauer, dem Hochfelln, stellen sich die Teilnehmer in einem Halbkreis auf, ein paar Schritte neben den Wanderweg. Sie klopfen sich gegenseitig den Rücken ab, summen. Stimme lockern. Dann sprechen alle im Chor: "Holla-re-dü-rü-holla-ro-dü-rü-holla-re-dü-rü."
Der Jodelkurs ist nur eine von mehr als 200 Veranstaltungen, die bis Ende Oktober im Rahmen des 10. Chiemgauer Wanderherbstes auf dem Programm stehen. Neben Pferdeumritten, Almfesten oder der Tour "Frauen wandern anders", die Entschleunigung statt Gipfelsturm verspricht. Auf insgesamt 230 Routen geht es im Südosten Bayerns auf steile Pfade hinauf, aber auch im Flachland durch Moore, Auwälder und rund um den Chiemsee und den Waginger See.
Zu Fuß oder mit der Bergbahn
Zum Wanderherbst gehören auch Pferderitte, Konzerte und Kirchweihfeste. Dabei können Gäste regionale Köstlichkeiten der Chiemgauer Wirte probieren. Die Ruhpoldinger bieten eine Wanderung auf den Spuren der Holzknechte, in Reit im Winkl laden die "Gipfelwochen" täglich dazu ein, einen anderen Gipfel zu erklimmen. Zwei neue Premiumwanderwege - "Gletscherblick" und "Almgenuss" - können ausgetestet werden. Wer eher der Typ Genussmensch ist, kann auch entspannt mit der Bergbahn zum Gipfel kommen. Der Ausblick lohnt. Jetzt, wenn die Nächte im Chiemgau kühler werden, ist die Luft trocken und die Blicke ungetrübt. Dann lässt sich das Panorama hinüber zum Hochfelln mit seinem Gipfelhaus, zu Dürrnbach- und Sonntagshorn sowie zu den Loferer Steinbergen besonders gut studieren.
Der Wasserdoktor aus dem Allgäu
Im weiter westlich gelegenen Allgäu ist Sebastian Kneipp das Thema gleich mehrerer Wanderungen - das war der Allgäuer Pfarrer, der als junger Mann im Priesterseminar mehrmals wöchentlich in die eiskalte Donau sprang. Mit der "kalten" Kur wollte er seine Tuberkulose bekämpfen. In seiner Heimat, dem Westallgäu, lässt sich einiges über den "Wasserdoktor" erfahren.
Ein Rundweg in Bad Wörishofen führt zum Pfarrhof, zur Pfarrkirche St. Justina, zum Kloster, wo er 42 Jahre lang gewohnt, gewirtschaftet und seine ganzheitliche Fünf-Säulen-Lehre perfektioniert hat, zum Badehäuschen, wo er behandelt hat, zu drei Kurkliniken, die er gegründet hat, zum Denkmal und zum Mausoleum, wo der "Helfer der Menschheit" seine letzte Ruhe fand. Draußen vor der Stadt gibt es einen weiteren Kneipp-Weg: Ausgangspunkt ist der Parkplatz Schöneschacher Straße beim Trimmplatz.
25 Kneipp-Stationen auf rund zehn Kilometern
Auf knapp zehn Kilometern verteilen sind über 25 Stationen, auf denen der Wanderer viel über die Bedeutung der Natur für die Gesundheit, über Kneipp sowie die fünf Säulen seines Heilverfahrens. Beispielsweise kann jeder unterwegs am Dendrophon, einer Art Xylophon aus Ästen, seine Musikkenntnisse testen, Spuren suchen und seinen Body-Mass-Index berechnen.
Wem die Kurzstrecke nicht reicht und wer sich auspowern will: Der ganz große Kneippwanderweg nach Grönenbach ist 38 Kilometer lang und führt vorbei an der Benediktinerabtei und dem Ort Ottobeuren, wo Kneipp geboren ist, und der Katzbrui, der einzigen erhaltenen altdeutschen Getreidemühle Bayern aus dem 17. Jahrhundert. Heutzutage können Wanderer in der Mühle gut einkehren und dort "recht gmiatlich hocka". Wer den großen Weg einschlägt, bekommt herrliche Ausblicke auf die Alpenkette geschenkt. Für Kneipp wäre auch das Balsam für Geist und Seele.
Auf den Spuren der Heiligen Crescentia
Wer es lieber christlich-meditativ schätzt, kann im Allgäu auf den Spuren der Kaufbeurer Klosterfrau Maria Crescentia Höss wandern, die 2001 heiliggesprochen wurde. Der Pilgerweg verläuft von Kaufbeuren über Irsee und Mindelheim nach Ottobeuren und hat eine Gesamtlänge von 88 Kilometer. Die Allgäuer Landschaft, die der Wanderer auf der Route durchstreift, kommt ziemlich postkartenkitschig daher: mit Milchkühen, saftigen Wiesen und jeder Menge kleiner Kapellen und Kirchlein entlang des Weges. Wer mag, kann immer wieder innehalten und die innere Einkehr suchen - ganz nach dem Vorbild der Heiligen.
Der Pilgerweg folgt der Wegstrecke, auf der Crescentia von Kaufbeuren einst nach Ottobeuren und Mindelheim ging. An drei Wanderparkplätzen in Kaufbeuren, Mindelheim und Ottobeuren informieren Tafeln über die Tour. Wer nicht tagelang mit einem schweren Rucksack unterwegs sein will, kann die bequemere Variante wählen: Bei einer dreitägigen geführten Wanderung wird das Gepäck auch transportiert und am Abend zur nächsten Herberge gebracht. (dapd)