Berlin/Brüssel/Athen. . Zwei FDP-Politiker aus Brüssel und Berlin wollen den Regen-gestraften Nordländern helfen, beim Urlaub in den Krisen-Ländern am Mittelmeer Sonne zu tanken. Das würde nicht nur Miesepetern und Depressiven helfen, sondern auch die Wirtschaft im Süden ankurbeln. Nicht nur ihr Parteichef findet die Idee gar nicht witzig.

Das Wetter in Deutschland ist schlecht, die Laune der Menschen sinkt. An den Stränden des Mittelmeers dagegen ginge es den regengeplagten Nordländern besser, finden der liberale Europaabgeordnete Jorgo Chatzimarkakis und der Vize-Vorsitzende der deutsch-griechischen Parlamentariergruppe im Bundestag, Erwin Lotter (FDP). Ihr Vorschlag: Berlin soll einen Urlaub in Griechenland mit einem staatlichen Zuschuss unterstützen.

In der eigenen Partei wurde der Vorstoß allerdings mit Kopfschütteln aufgenommen.

„Das schlechte Sommerwetter in Deutschland macht die Menschen zunehmend depressiv. Eine Art staatliche Prämie, die Deutsche kurzfristig dazu bewegt zum Beispiel nach Griechenland zu fahren, könnte der Anfang eines europäischen Konjunkturprogramms sein. Und die Sonne ist in Griechenland garantiert“, hatte der Deutsch-Grieche Chatzimarkakis der „Bild“-Zeitung gegenüber seinen Vorschlag begründet.

„Diese Länder brauchen dringend mehr Touristen“

Lotter assistierte: „Die Griechen sind sehr gastfreundlich! Es wäre sinnvoll, wenn eine Art Last-Minute-Prämie für Reisen nach Südeuropa zustande kommt. So wäre sowohl vielen Deutschen als auch Ländern wie Griechenland geholfen, die dringend mehr Touristen brauchen. Die Politik sollte da zusammen mit der Industrie Anreize schaffen.“

Die Idee erinnert an die Abwrack-Prämie, die die schwarz-rote Bundesregierung 2009 erfand. Damals hatte die internationale Finanzkrise Europas Automobilindustrie ins Schleudern gebracht. Die Politik reagierte, im Jahr 2009 gab es 2500 Euro Staatsgeld für alle, die ihr altes Auto in die Schrottpresse fuhren und sich dafür einen abgasarmen Neuwagen zulegten. Fünf Milliarden Euro flossen in diese Form der Konjunkturförderung.

Parteichef Rösler gegen Urlaubs-Sponsoring

Dass Urlauber mit ähnlich zugkräftigen Mitteln zur Reise nach Griechenland, Spanien oder Portugal motiviert werden, ist allerdings höchst unwahrscheinlich. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler reagierte energisch auf den unkonventionellen Vorstoß seiner liberalen Parteifreunde. Diese Idee sei „absurd“, sagte Rösler der Rostocker „Ostsee-Zeitung“. Es werde kein einziger Euro für ein Sponsoring von Auslandsurlauben ausgegeben.

Der stellvertretende Partei- und Fraktionschef der FDP in Sachsen, Tino Günther, kommentierte die Idee seiner Parteifreunde drastischer mit den Worten: „Zuviel griechischer Wein tut auch nicht gut.“ Zerknirscht fügte er hinzu: „Ich schäme mich für die beiden Kollegen aus Berlin und Brüssel.“

Dramatische Lage in Griechenland

Dabei ist die Situation für die Menschen in Griechenland unverändert dramatisch. Seit April 2010 versucht der Regierung, mit EU-Hilfsgeldern und -Garantien in Milliardenhöhe über die Runden zu kommen. Zugleich gelten seit 2010 strenge Sparauflagen für Griechenland. Sie dauerhaft einzuhalten, ist nach Einschätzungen des sozialistischen Parteichefs Evangelos Venizelos „fast unmöglich“. „Es ist sehr schwierig, es ist fast unmöglich, 2013 und 2014 durch Ausgabenkürzungen 11,5 Milliarden Euro einzusparen“, sagte der frühere Finanzminister im griechischen Rundfunk. Venizelos ist Chef der sozialistischen Pasok-Partei, einer der drei Regierungsparteien.

Prognose: Wirtschaft schrumpft um 6,7 Prozent

Von vornherein sei es schwierig gewesen, die Sparauflage der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds für den Haushalt 2013 und 2014 zu erfüllen, sagte Venizelos. Doch durch die Rezessionsaussichten verschärfe sich das Problem.

Der Regierung zufolge könnte das griechische Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr um 6,7 Prozent schrumpfen. In früheren Voraussagen war von 4,5 Prozent die Rede gewesen. Als Grund für den Rückgang werden unter anderem Kürzungen bei Löhnen und Gehältern, Einschnitte in anderen Bereichen sowie Massenentlassungen genannt. Außer der Pasok gehören der Regierung die konservative Nea Dimokratia und die gemäßigte Demokratische Linke (Dimar) an. mit afp/dapd