Reno. . 1986 mit nur 20 Teilnehmern begonnen, begeistert das Burning Man Festival heute mehr als 50.000 Besucher. Tag und Nacht kurven die Teilnehmer in ihren fantasievoll umgebauten Fahrrädern und verrückten Autos durch die Wüste Nevadas. Am Ende wird alles niedergebrannt: Objekte, Skulpturen und Gebäude.
Am flachen Wüstenhorizont zieht ein gewaltiges Trojanisches Pferd vorüber. Um das Ungetüm herum tanzen Maschinen, die meterhohe Gasflammen in den dunklen Himmel speien. Für Sekunden ist die Playa, wie die Wüste Nevadas genannt wird, hell erleuchtet.
Seine wahren Ausmaße zeigt das Burning Man Festival erst am Tag: Hunderte skurril umgebaute Fahrzeuge drehen ihre Runden. Aus jeder Ecke schallt Musik, Djs und Livebands heizen der feiernden und tanzenden Besuchermasse ein, Aktionskünstler fesseln die Blicke. Hier gibt es keine Trennung zwischen Künstler und Zuschauer – das Partyvolk unterhält sich selbst.
Die Mitte des im Durchmesser acht Kilometer großen Festivalgeländes gleicht einer Mischung aus dem Film Mad Max und der ersten Mondlandung, vermischt mit Elementen des europäischen Surrealismus vom Anfang des vergangenen Jahrhunderts mit einer ordentlichen Prise Science-Fiction. Tag und Nacht kurven die Teilnehmer in ihren fantasievoll umgebauten Fahrrädern und verrückten Autos, die „Art Cars“ genannt werden, durch die Wüste. Wenn es dunkel wird, schweben die Fahrzeuge auf einer Wolke aus futuristischem Neonlicht. Verrückt geschmückt sind auch die Festivalbesucher. Die Verkleidungen sind eine bunte Mischung aus allen Kulturen, historischen Epochen, Ethnien und Herkunftsplaneten. Einige Teilnehmer verzichten ganz auf Kostüme – Nacktheit wird beim Burning Man allgemein akzeptiert.
Mehr als 50.000 Besucher
Ursprünglich bestand das Festival aus ein paar Dutzend Teilnehmern, den „Burnern“, die sich am Backer Beach im Norden San Franciscos versammelten. Heute begeistert die Kultveranstaltung mehr als 50 000 Menschen. Es ist nicht in erster Linie das ausgefallene Programm, das die Besucher immer wieder nach „Black Rock City“, wie der Ort offiziell während des Festivals heißt, zieht. Es ist vor allem die einmalige Erfahrung des Lebens in der Wüste, die Mischung aus radikaler Selbstverwirklichung, Gemeinschaftsgefühl und Abkoppelung von den Krücken der Zivilisation. Die Teilnehmer müssen nicht nur die extremen Temperaturschwankungen aushalten. Jede Sekunde können Sandstürme entstehen. Dagegen wappnen sich die Feiernden mit Sonnenbrillen und Masken.
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Schnell kann der Körper in dem heißen, salzigen Klima austrocknen, weswegen die Teilnehmer reichlich Wasser mitbringen müssen. Höhepunkt der systematischen Abnabelung von der Konsumgesellschaft ist der zerstörerische Akt, dem das Festival seinen Namen verdankt: Eine riesenhafte Menschenfigur aus Holz wird in der Mitte des Platzes verbrannt. Begleitet wird dies von einem Feuerwerk und einer spektakulären Show.
Eine der saubersten Veranstaltungen weltweit
Sogar die Künstler auf der Bühne haben ihre Eintrittskarten bezahlt, für ihren Auftritt bekommen sie keine Gage. Die Veranstalter des Burning Man Festivals sorgen nur für die Infrastruktur: provisorische Straßen, Toilettenhäuschen, Securitypersonal und Sanitäter sowie einen Infostand. Der örtliche Sheriff, Ärzteschaft und viele andere öffentliche Behörden unterstützen das Ganze – schließlich ist Black Rock City während seiner einwöchigen Existenz die viertgrößte Stadt im Bundesstaat Nevada.
Damit sie sich nicht selbst zerstört, achten die Teilnehmer darauf, keinen unnötigen Müll zu hinterlassen. Auf den Straßen darf man sich nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewegen. Andere Fahrzeuge sind nur erlaubt, um auf das Gelände oder wieder hinunter zu kommen.
Nur die bunten „Art Cars“ dürfen hier fahren. Wenn das Festival vorbei ist, müssen die „Burner“ all ihren Müll mitnehmen. Burning Man ist eine der saubersten Großveranstaltungen weltweit. Die Leute werfen nicht einmal Kippen auf den Boden.
Kann eine Gemeinschaft nur auf Respekt, Liebe und bedingungslosem Geben basieren? Sogar die Organisatoren des Burning Man Festivals geben zu, dass diese bargeldlose, auf dem Prinzip von Geben und Teilen aufbauende Wirtschaft nur gewisse Zeit lang funktioniert. Und so wird am Ende alles niedergebrannt: Objekte, Skulpturen, Gebäude. Vergänglichkeit ist eine der Grundideen des Burning Man.