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Die Zahl der Toten des Schiffsunglücks vor der Toskana-Küste ist auf sechs gestiegen. Kurz vor Morgengrauen sei die Leiche eines weiteren Passagiers von Bord der "Costa Concordia" geborgen worden, berichtete das italienische Fernsehen am Montag. Damit werden noch neun Passagiere und fünf Besatzungsmitglieder vermisst. Unter den Vermissten ist auch ein Ehepaar aus Hessen. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Offenbach bestätigte am Montagmorgen, dass eine Frau ihre aus Mühlheim am Main stammenden Eltern als vermisst gemeldet hat. Das Ehepaar im Alter von 71 und 72 Jahren war als Teilnehmer der Kreuzfahrt der "Costa Concordia" registriert.
Bergungsmannschaften haben am Morgen vor der italienischen Küste die Suche nach den noch vermissten Passagieren und Besatzungsmitgliedern des Kreuzfahrtschiffs "Costa Concordia" fortgesetzt. Mehr als zwei Tage nach dem Kentern des Schiffes wurden immer noch 15 Menschen vermisst. Die Reederei warf unterdessen dem Kapitän schweres Fehlverhalten vor. Das Schiff sei viel zu nah an der Küste entlanggefahren, räumte die Reederei ein. Der Kapitän sitzt seit Samstag in Untersuchungshaft.
Reederei distanziert sich von Kapitän der "Costa Concordia"
Unterdessen wurde mit den Vorbereitungen für ein Leerpumpen der Öltanks der "Costa Concordia" begonnen. Die niederländische Bergungsfirma Smit sei vom Eigner und dem Versicherer des Kreuzfahrtschiffs mit den Pumparbeiten beauftragt worden, sagte ein Sprecher des Smit-Mutterkonzerns Boskalis Westminster am Sonntag.
Nach der Havarie des Kreuzfahrtschiffes "Costa Concordia" vor der toskanischen Küste verdichten sich Hinweise auf schwere Fehler des Kapitäns.Die Reederei Costa Crociere schloss menschliches Versagen als Unglücksursache nicht aus. "Die Route des Schiffes führte offenbar zu nahe an der Küste vorbei, wobei sich die Einschätzung des Kapitäns für einen Notfall nicht mit den von Costa vorgegebenen Standards deckte", erklärte die Reederei in der Nacht zum Montag. Die "Costa Concordia" mit rund 4200 Menschen an Bord - darunter hunderte Deutsche - war Freitagnacht auf Felsen gestoßen und gekentert. Der Käpitän sitzt seit Samstag in Untersuchungshaft. Costa ist ein Tochterunternehmen des Kreuzfahrtkonzerns Carnival Corporation & plc.
Kapitän soll Schiff weit vor den letzten Passagieren verlassen haben
Ein Vertreter der italienischen Küstenwache sagte, Kapitän Francesco Schettino sei bereits zu einem Zeitpunkt an Land gesehen worden, als die Evakuierungsaktion noch in vollem Gange gewesen sei. Die Küstenwache habe ihn aufgefordert, seiner Pflicht nachzukommen und zu dem sinkenden Schiff zurückzukehren, sagte Francesco Paolillo. Der Kapitän habe dies aber ignoriert.
In einem Interview hatte sich Schettino am Sonntag gegen Vorwürfe gewehrt, er habe das Schiff bereits verlassen, als sich noch Passagiere an Bord befunden hätten. "Wir waren die letzten, die das Schiff verlassen haben", sagte er. Passagiere hatten dem bereits widersprochen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Schettino wegen fahrlässiger Tötung, Verursachung eines Schiffbruchs und wegen des Verlassens des Schiffs vor anderen.
Die Betreibergesellschaft Costa Crociere mit Sitz in Genua räumte am Sonntagabend ein, es habe den Anschein, dass der Kapitän fehlerhafte Entscheidungen getroffen habe. Er sei anscheinend zu nahe an die Küste gefahren und von den vorgegebenen Evakuierungsprozeduren abgewichen, hieß es laut Medienberichten in einer Erklärung des Unternehmens. Costa äußerte "sein tiefstes Bedauern über diesen schrecklichen Unfall".
Bisher drei Menschen aus Schiffsrumpf der "Costa Concordia" lebend gerettet
Taucher der Küstenwache fanden am Sonntag in dem Kreuzfahrtschiff zwei weitere tote Passagiere. Damit stieg die Zahl der bestätigten Todesopfer am Sonntag auf fünf, nachdem kurz nach dem Unglück bereits drei Leichen geborgen worden waren. Bei der Havarie der "Costa Concordia" wurden zudem mehrere Deutsche verletzt. Das Auswärtige Amt sprach am Sonntag von zehn Verletzten, die in Krankenhäusern behandelt, mittlerweile aber schon wieder entlassen worden seien.
Außerdem gab es bis Sonntagabend zu einigen Deutschen keinen Kontakt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es noch deutsche Todesopfer geben könnte, hieß es. Unter den 4200 Passagieren und Besatzungsmitgliedern aus mehr als 60 Ländern waren 566 Deutsche. Die meisten von ihnen seien bereits mit Flugzeugen oder Bussen wieder nach Hause gebracht worden, sagte der Sprecher von Costa Kreuzfahrten, Werner Claasen, am Sonntag.
Die ARD-"Tagesthemen" berichteten, eine Frau aus Hessen habe sich gemeldet, weil sie bisher keinen Kontakt zu ihren Eltern gehabt habe. Außerdem habe ein Reiseleiter aus Baden-Württemberg noch nicht mit zwei Mitgliedern seiner Reisegruppe sprechen können.
Über die Nationalität der beiden am Sonntag gefundenen Toten wurde zunächst nichts bekannt. Die Behörden teilten lediglich mit, die Leichen von zwei in Rettungswesten gekleideten älteren Menschen seien an einem Treffpunkt für die Evakuierungsaktion nahe dem Schiffsrestaurant entdeckt worden. Drei Menschen wurden am Samstag und Sonntag lebend aus dem Wrack gerettet: ein frisch verheiratetes Ehepaar aus Südkorea und ein italienisches Besatzungsmitglied. (afp/rtr/dapd)
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