München. Wer im EU-Ausland geblitzt wird, muss später in Deutschland zahlen. Und das zu den Tarifen des Gastlandes, die oft höher sind als in Deutschland. Punkte in Flensburg sind allerdings bei Knöllchen aus dem Ausland nicht zu befürchten.
Im EU-Ausland rasen kann jetzt teuer werden. Konnten sich geblitzte Temposünder in der Vergangenheit immer darauf verlassen, dass die Ansprüche ihrer Gastländer an der Grenze enden, haben die EU-Mitgliedsstaaten Ende vergangenen Jahres Fakten geschaffen: Bußgeldbescheide sind demnach von nun an auch im EU-Ausland vollstreckbar. Im Klartext bedeutet das: Wer im Urlaub in die Blitzerfalle tappt, muss später in Deutschland zahlen. Und zwar zu den Tarifen des Gastlandes, die oft viel höher sind als in Deutschland. Allerdings gibt es Ausnahmeregelungen.
"Das Bußgeldniveau ist in vielen europäischen Ländern sehr unterschiedlich. Gerade Italien als beliebtes Reiseziel wird oft unterschätzt", erläutert Michael Nissen, Verkehrsjurist beim ADAC in München. So koste eine Geschwindigkeitsübertretung von 20 Stundenkilometern in dem Land mindestens 160 Euro - in Deutschland sind es 35 Euro. Immer noch 100 Euro muss man für ein entsprechend hohes Tempo in Spanien bezahlen, in Österreich fällt die Buße mit 20 Euro moderat aus. Allerdings können 50 Stundenkilometer zu viel hier bis zu 2.180 Euro kosten. Punkte in Flensburg muss man nicht befürchten: Sie werden auch künftig nur für in Deutschland begangene Verkehrsverstöße ins Verkehrszentralregister eingetragen.
"Section Control" ohne Blitz
Neben den klassischen Blitzern sollten sich Reisende dem Automobilclub zufolge vor sogenannte "Section Control"-Messungen vorsehen. "Das sind Messungen, auf denen die Durchschnittsgeschwindigkeit auf einem bestimmten Streckenabschnitt ermittelt wird", sagt Nissen. Das könne etwa dadurch geschehen, dass ein Auto an zwei Punkten auf der Autobahn fotografiert und die zwischen den Fotos liegende Zeit als Grundlage für die Geschwindigkeitsberechnung genommen werde - all das ohne Blitz, weshalb viele Fahrer sich hinterher über einen Bußgeldbescheid wunderten. Vor allem in Italien werde mittlerweile oft so gemessen, erläutert Nissen. "Vereinzelt gibt es das aber auch in den Niederlanden und in Österreich."
Wer beim Rasen erwischt wird, bekommt einige Wochen später von den Behörden des Reiselandes einen Bußgeldbescheid nach Deutschland geschickt, den er begleichen muss - mit wenigen Ausnahmen, die deutschem Recht widersprechen: "Es werden etwa keine Bußgelder vollstreckt, wenn sich der Betroffene auf fehlendes persönliches Verschulden berufen kann", erläutert ADAC-Jurist Michael Nissen.
In den Niederlanden haftet immer der Halter
Das könne etwa bei Bescheiden aus den Niederlanden wichtig werden, wo die Behörden grundsätzlich den Fahrzeughalter zu Kasse bitten - auch wenn dieser gar nicht der Raser war. "Außerdem muss der Angeschriebene in seiner Landessprache angehört werden." Wobei eine Anhörung durchaus in Schriftform geschehen könne, nämlich in Form eines auf Deutsch verfassten Briefes, der einen vermeintlichen Temposünder auf seine Rechte hinweise. Fehle allerdings die Ansprache auf Deutsch, sei der Bescheid nicht mit deutschem Recht konform.
Gegen widerrechtliche Bescheide können Verbraucher Nissen zufolge vorgehen, indem sie zunächst Widerspruch einlegen und dann abwarten: In den meisten Fällen weise die ausländische Behörde den Widerspruch zwar zurück, komme an das Bußgeld jedoch nur mit deutscher Hilfe - genau diese verweigere das Bundesamt für Justiz aber, da eine Bestrafung dem deutschen Rechtssystem widerspreche. Allerdings sollte man sich dieses Vorgehen gut überlegen: "Selbst wenn in Deutschland nicht vollstreckt wird: Im Reiseland bleibt eine Buße rechtskräftig. Wenn man häufig dort ist, bringt es daher oft mehr, zu bezahlen", sagt Nissen. Denn wer später erwischt werde, müsse oft kräftig nachzahlen. (dapd)