Paris. . Ein Flugzeug, das in 90 Minuten von Paris nach New York fliegt und dabei komplett ohne Emissionen auskommt? Was wie ein Marketing-Gag klingt, stellt Airbus grade auf einer Luftfahrtmesse vor. 2050 soll der Vogel fertig sein.
Die Revolution der zivilen Luftfahrt ist 80 Meter lang und donnert mit vierfacher Schallgeschwindigkeit um den Globus. Ein Jet wie ein Pistolenschuss: Die Atlantikstrecke Paris - New York legt der neue Wundervogel in derselben Zeit zurück, die sie unten auf der Erde für ein Fußballspielchen brauchen. Nach Tokio bringt er die Passagiere in atemberaubenden zweieinhalb Stunden statt heute elfeinhalb. Der größte Trumpf des Hyperschall-Flugzeugs: Trotz seiner 4800 Stundenkilometer soll er genauso sauber sein wie ein Fahrrad.
Der „Aérosalon Le Bourget“ bei Paris, alle zwei Jahre das Mekka der internationalen Luftfahrt, hat in diesem Jahr eine Attraktion. Sie trägt den sperrigen Namen „Zehst“, die Abkürzung für „Zero Emission Hyper Sonic Transportation“. Auf Deutsch: „Null-Emissions-Hyperschall-Transporter“. Mit akrobatischen Kabinettstückchen wie einer Loopingacht kann „Zehst“ in diesen Tagen freilich noch nicht aufwarten. Frühestens im Jahr 2050 soll er sich zum ersten kommerziellen Flug in die Stratosphäre erheben.
Ist der Wundervogel ein Nachfolger für die Concorde?
Neugierige Besucher müssen deshalb am Stand des Europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS mit einem Modell vorliebnehmen, das trotzdem die Phantasien beflügelt. Unterstellungen, dass es sich lediglich um eine werbewirksame Konzeptstudie handelt, die schon bald wieder im elektronischen Papierkorb verschwindet, tritt EADS-Technikchef Jean Botti vehement entgegen. „Wir arbeiten schon seit fünf Jahren an dem Projekt, genug Zeit also um sagen zu können, dass es machbar ist“, frohlockt der Vater des neuen Wundervogels gegenüber der Zeitung „Le Parisien“, die den Flieger bereits jubelnd als „Concorde-Nachfolger“ hochleben lässt.
Frankreich und die Concorde: Über 30 Jahre war der mythische Überschalljet mit der markant gekrümmten Nase und dem mächtigen Deltaflügel der Stolz der technikverliebten Nation. Als „Königin der Lüfte“ wurde sie gefeiert, als Inbegriff von kühner Ingenieurskunst und anmutigem Design. Doch schon vor der Katastrophe am 25. Juli 2000, als sie beim Start nahe Paris abstürzte und alle 109 Menschen an Bord in den Tod riss, hatte die Concorde immer wieder in der Kritik gestanden. Zu laut, zu dreckig, zu teuer - lautete der Vorwurf.
2050 soll die kommerzielle Nutzung möglich sein
Nun soll das neue „Hyperschallflugzeug“ endlich die klaffende Lücke schließen, die die ins Luftfahrtmuseum abgeschobene Concorde hinterlassen hat. Nicht nur die technologische und die wirtschaftliche Lücke im Überschallverkehr, sondern auch die psychologische einer ganzen Nation. In der spektakulären „Öko-Version“ soll der neue EADS-Jet die Überwindung von Raum und Zeit so definieren: als Abschied vom spritsaufenden Donnervogel und zugleich als neue Revolution der Luftfahrt.
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Die Technik: Zwei am Deltaflügel befestigte Flugzeugtriebwerke bringen den Jet nach dem Start zunächst auf 2000 Meter Flughöhe. Das Ökologische daran: Sie verbrennen kein herkömmliches Kerosin mehr, sondern aus Algen gewonnenes Bio-Kerosin. In Stufe II zünden sie den Raketenantrieb, der einer verkleinerten Ariane-Version entspricht, nur mit Wasser- und Sauerstoff angetrieben wird und lediglich Wasser ausstößt. Hat der Super-Jet die maximale Flughöhe von 32.000 Metern erreicht (heutiger Standard: 11.000, Concorde: 15.000 Meter), schießt er mit „Mach 4“ (fast 5000 Stundenkilometer) durch die Stratosphäre: eine Schicht jenseits der Atmosphäre, aber noch vor dem Weltraum. Ein Bereich, in dem Fliegen Abenteuer ist. Denn in über hundert Jahren Luftfahrt ist noch kein Passagierjet in diese Welt vorgedrungen. Trotz des vorgezeichneten Quantensprungs behält ein EADS-Sprecher Bodenhaftung und betont: „Wir erfinden das Fliegen nicht neu, weil wir schon heute über alle notwendigen Technologien verfügen.“
Der voraussichtliche Zeitplan vom Reißbrett bis zum ersten Start: 2020 entsteht ein erstes Demonstrations-Objekt, 2030 absolvieren sie den Jungfernflug (ohne Pilot), 2050: erste kommerzielle Nutzung. Ob spritsaufender Donnervogel von gestern oder saubere „Öko-Concorde“ von morgen: An der sozialen Herkunft der Passagiere wird sich wohl nichts ändern. Angesichts exorbitanter Ticketpreisen rekrutieren sich die maximal 100 Passagiere aus Top-Managern und Stars, aus Aristokraten und Geldadel. „Das neue Hyperschall-Flugzeug wird kein Touristenflieger sein“, schmunzelt der EADS-Sprecher.
Airbus A380 muss am Boden bleiben
Das derzeitige Flaggschiff der Airbus-Flotte konnte in Le Bourget nicht abheben. Nach einer Kollision mit einem Gebäude auf dem Rollfeld musste der Airbus A380 beim wichtigsten Schaufliegen der Flugzeugindustrie in Le Bourget am Boden bleiben. Es war nicht der erste peinliche Zwischenfall für den europäischen Flugzeughersteller in Le Bourget.
Der A380 wurde an der Spitze der Tragfläche beschädigt, als er bei geringer Geschwindigkeit gegen ein Gebäude am Flughafen Le Bourget stieß. Mit der Maschine seien Demonstrationsflüge geplant gewesen, diese seien nun abgesagt, erklärte EADS-Sprecher Alexander Reinhardt.
Ein Schauflug des militärischen Transportjets Airbus A400M musste ebenfalls abgesagt werden, laut Hersteller wegen eines kleineren Fehlers im Getriebe. Das Flugzeug sollte am Montag dennoch einen Überflug machen, wenn der französische Präsident Nicolas Sarkozy die Luftverkehrsmesse besucht. (mit ap)