Essen. Demonstrationen, Straßenschlachten und Streiks - kurz vor Beginn der Sommerferien überschlagen sich die Ereignisse in Griechenland. Viele Urlauber sind verunsichert. Griechenlandexperte Klaus Bötig gibt Urlaubern wertvolle Tipps.
In Griechenland überschlagen sich kurz vor Beginn der Sommerferien die Ereignisse. Viel ist die Rede von Zahlungsunfähigkeit, Vertrauensverlust und Staatsbankrott. Über die Situation in dem beliebten Reiseland und eventuellen Unwägbarkeiten auf Reisen sprache Christian Leetz mit dem Reiseschriftsteller und Griechenlandexperten Klaus Bötig.
Herr Bötig, war’s das mit dem Sommerurlaub in Griechenland?
Klaus Bötig: Nein, durchaus nicht. Die Veranstalter verkünden zufriedenstellende Zahlen. Allerdings klagen viele Griechen auf den Inseln und an den Festlandstränden darüber, dass weniger Deutsche kommen als in den Vorjahren.
Aber es fehlt nicht mehr viel und wir sehen wieder Bilder von Straßenschlachten in Athen.
Bötig: Das sind natürlich medienwirksame Bilder. Aber auch in Athen können Sie während so einer Demo drei Straßenzüge weiter gemütlich in einem Kaffeehaus sitzen. Außerdem fahren die meisten Urlauber ja nicht nach Athen, sondern in die Badeorte oder auf die Inseln.
Aber gerade die werden doch zur Touristenfalle, wenn jetzt wieder die Streiks losgehen.
Bötig: Das ist eine echte Gefährdung des Tourismus. Und bisher haben sich die Fluglotsen auch an jedem Streik beteiligt. In dieser Woche wollen sie aber explizit nicht mitmachen. Das ist positiv. Trotzdem ist es höchst problematisch, wenn man als Urlauber nicht wissen kann, ob man nach seinen Ferien wieder pünktlich am Arbeitsplatz sein wird.
Aber es sind ja nicht nur die Lotsen, die streiken könnten, sondern alle Beamte, denen ab nächsten Monat vielleicht keine Gehälter mehr gezahlt werden können.
Bötig: Man muss damit rechnen, dass Busse und Fähren nicht fahren, dass Taxifahrer streiken und so weiter. Bei den Beamten sehe ich diese Gefahr nicht so groß. Ich gehe davon aus, dass neue Kredite fließen.
Und wenn nicht?
Bötig: Tja, wenn ganz Griechenland zusammenbricht, dann fahren keine Eisenbahnen mehr, es wird keine Polizei mehr geben, vielleicht fallen sogar die Ampeln aus. Kurzum: Es wäre das totale Chaos. Aber es ist unvorstellbar, dass die EU-Staaten es so weit kommen lassen.
Was raten Sie Urlaubern, die diesen Sommer Griechenland gebucht haben?
Bötig: Die Reise mit etwas Puffer zu planen. Nicht so, dass man erst am letzten Urlaubstag wieder nach Hause kommt. Aber im Fall der Fälle werden die Veranstalter alles tun, um ihre Gäste schnell wieder nach Deutschland zu bekommen.
Sofern man pauschal gebucht hat. Individualtouristen hätten mal wieder die Verliererkarte gezogen.
Bötig: Pauschaltouristen können sich darauf verlassen, dass es ihrem Veranstalter gelingen wird, sie bald heim zu holen. Wenn dagegen bei Individualreisenden der Linienflug gestrichen wird, dann ist er weg. Ohne Gewähr, dass man auf der nächsten Maschine einen Platz bekommt. Noch dazu muss man das neue Ticket vielleicht bezahlen.
Was würden Sie Griechenland wünschen?
Bötig: Dass sich die Griechen mehr zusammenschließen. Wenn zum Beispiel eine Gemeinde kein Geld mehr hat für die Strandreinigung, dann könnten es ja auch engagierte Bürger machen. Das wäre mal ein Zeichen. Das käme in Deutschland, wo viel Negatives berichtet wird – vielleicht auch muss – gut an. Ich wünsche Griechenland, dass es erkennen möge, dass in einer Demokratie die Bürger auch Verantwortung für ihre Regierung übernehmen müssen. Gerade in so schweren Zeiten sollte sich jeder überlegen, was er für sein Land und dessen Image machen kann – und sich nicht nur auf die Regierung verlassen.